Präzedenzfall? Verbraucherzentrale bringt Mogelpackung-Hersteller vor Gericht

Hamburg - Die Hamburger Verbraucherzentrale hat Anfang des Jahres die "Mogelpackung des Jahres" gekürt. Trauriger Sieger: Rama. Ungeschoren soll Produzent "Upfield" nun nicht davonkommen.

"Rama" erhält den wenig rühmlichen Titel "Mogelpackung des Jahres" 2022.
"Rama" erhält den wenig rühmlichen Titel "Mogelpackung des Jahres" 2022.  © Verbraucherzentrale Hamburg, Unsplash und Canva.com

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat vor dem Landgericht der Hansestadt Klage gegen "Upfield" eingereicht. Der Vorwurf: Irreführung!

Vor Gericht landet allerdings nicht die Mogelpackung des Jahres "Rama", sondern die Margarine "Sanella" desselben Produzenten, weil es im Kern der gleiche Fall sei, nur noch eine Nuance dreister, hieß es im Januar dazu. Ohne Hinweis werde die Margarine mit 100 Gramm weniger Produktinhalt verkauft.

"In diesem Fall liegt aus unserer Sicht vor allem die Täuschung darin, dass über Jahre Sanella im gleichen Becher mit 500 Gramm angeboten wurde. Gerade Stammkund*innen werden nicht auf die Idee kommen, bei dieser 'erlernten' Größe von einer Reduzierung auszugehen. Dazu hat Upfield bei Sanella nichts an der Verpackung verändert, alles blieb gleich. Nur der Inhalt wurde reduziert", heißt es jetzt unter anderem in der Anklage.

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Für die Verbraucherzentrale ein Präzedenzfall, wie Sprecher Armin Valet im Gespräch mit TAG24 erklärte. Für August sei eine mündliche Verhandlung vor Gericht anberaumt. "Jetzt müssen wir mal gucken, was die Richter da sagen werden."

Ein neues Verfahren. Gerichtsurteile gibt es demnach kaum. "Aber für uns war es wichtig, dass wir hier einmal einen Pflock reinhauen." Egal, wie die Verhandlung ausgeht, es sei ein klares Signal an die Politik, dass etwas verändert werden muss.

Laut Eichgesetz § 43 darf nicht mehr Inhalt vorgetäuscht werden, als eigentlich drin ist. Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist aber genau das geschehen.

Viele Firmen reagierten auf den Druck

"Wenn wir gewinnen, dann hätten wir auch Chancen, in ähnlichen Fällen dagegen vorzugehen", erklärte Valet am Dienstagmorgen weiter. Nachdem der öffentliche Druck gestiegen sei, würden viele Firmen jetzt schon handeln. "Für uns nicht vollkommen ausreichend."

Bliebe die Klage erfolglos, werde die Verbraucherzentrale den Druck erhöhen. Die Forderungen:

  • Packungen müssen prinzipiell voll befüllt sein und nur in Ausnahmefällen ist ein technisch notwendiger Luftraum erlaubt.
  • Bei reduzierten Füllmengen müssen auch die Packungen entsprechend kleiner werden.
  • Auf Produkten mit geringerem Inhalt müssen die alte und die neue Füllmenge sowie die Reduktion in Prozent angegeben werden.

Dies werde der Politik immer wieder vorgelegt. Bislang mit wenig Erfolg. Kürzlich hat die CDU/CSU den Antrag "Versteckte Preiserhöhungen verhindern - Für mehr Klarheit und Transparenz beim Einkauf von Bedarfsgütern sorgen" im Bundestag vorgelegt.

"Nach der Debatte wurde der Antrag an den federführenden Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zur weiteren Beratung überwiesen", heißt es dazu auf der Website des Deutschen Bundestages.

"Da hoffe ich, dass das in Bewegung bleibt und wir auch einen Erfolg erzielen werden", so Valet.

"Unser Ziel ist es, dass diese Packung keine Zukunft hat"

Armin Valet: "Für uns ein ganz wichtiger Fall, weil wir hier die Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen wollen. Die Politik macht da deutlich zu wenig." (Symbolbild)
Armin Valet: "Für uns ein ganz wichtiger Fall, weil wir hier die Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen wollen. Die Politik macht da deutlich zu wenig." (Symbolbild)  © Markus Scholz/dpa

2022 seien 2000 bis 3000 Mogelpackung-Meldungen bei der Verbraucherzentrale eingegangen. So viele wie noch nie, weiß Valet. "Ich kann sagen, es geht 2023 munter weiter."

Bei den derzeitigen Preisanstiegen besonders ärgerlich.

Sollte die Klage erfolgreich sein, müsste aus Sicht der Hamburger Verbraucherzentrale die Margarine in einer anderen Verpackung abgefüllt werden. Eine, die den Verbraucher nicht täuscht.

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"Unser Ziel ist es, dass diese Packung keine Zukunft hat und das auch andere Hersteller wissen sollen, dass es eine Täuschung, eine Irreführung ist, und dass es nicht so einfach geht, einfach im gleichen Becher in der gleichen Aufmachung plötzlich so eine Menge von 20 Prozent weniger reinzumachen." Die Preiserhöhung läge entsprechend bei 25 Prozent.

Derzeit sei es nicht verboten, weniger Produkt abzufüllen. "Was aber verboten ist, ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu täuschen."

Und weiter: "Für uns ein ganz wichtiger Fall, weil wir hier die Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen wollen. Die Politik macht da deutlich zu wenig."

Titelfoto: Verbraucherzentrale Hamburg, Unsplash und Canva.com

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