Rekord bei Sommerfest für Obdachlose, doch es fehlt an Spenden
Hamburg - Ein untypisches Bild an einem Sonntag: Vor dem Rewe Center in Hamburg-Altona bildete sich bereits gegen Mittag eine lange Schlange vom Eingang bis hin zur Straße. Ein neuer Rekord, wie Sven Flohr gegenüber TAG24 betonte. Als Vorstand des "Friends Cup Fördervereins" organisiert er zusammen mit zahlreichen ehrenamtlichen Helfern seit vielen Jahren die große Obdachlosen-Weihachtsfeier "Mehr als eine warme Mahlzeit" in der Fischauktionshalle – und seit vier Jahren auch ein "Sommer Barbecue" für die Bedürftigen der Hansestadt.
Alles in Kürze
- Rekord bei Sommerfest für Obdachlose in Hamburg
- 400 Bedürftige besuchen das Event im Rewe Center
- Finanzierung des Events wird immer schwieriger
- Spenden und ehrenamtliche Helfer werden gesucht
- Events bieten Obdachlosen Hoffnung und Gemeinschaft

"Die Weihnachtsfeier war uns nicht genug, denn Hilfe wird nicht nur im Winter gebraucht. Und da haben wir uns überlegt: Wir machen ein Sommerfest für die Bedürftigen", so Flohr.
"Und man sieht jetzt – nach vier Jahren – wie gut es angenommen wird. Die Leute müssen erst mal Vertrauen zu uns aufbauen. Unser Ziel ist es, Menschen zu helfen, denen es nicht gut geht, die am Rand der Gesellschaft stehen und die oft vergessen werden."
Doch um diese zwei Events weiter erhalten zu können, ist der Friends Cup mehr denn je auf weitere Spenden und ehrenamtliche Helfende angewiesen:
"Die Finanzierung wird von Jahr zu Jahr schwieriger, aber dieses Jahr ist es besonders hart", betonte Flohr.
"Viele Partner und Sponsoren sind abgesprungen, weil sie nur noch national agieren dürfen. Das macht es für uns natürlich schwer. Wir sind das ganze Jahr über auf der Suche nach neuen Partnern, um diese Lücken zu füllen. Und leider ist das Thema Spenden sehr anonym geworden. Viele denken: 'Ach, irgendwer wird schon spenden'. Nein – jeder Einzelne zählt. Wenn es nur ein Euro ist – wir brauchen jeden Cent."
"Für uns ist es nur ein Haarschnitt – aber für die Betroffenen ist es viel mehr"

Durch das Center ging es am Sonntag für die rund 400 Bedürftigen dann hoch auf das erste Parkdeck, wo sie bereits Grillgeruch, Kaffee und Musik erwartete.
Neben Speisen und Getränken bot der Verein "Barber Angels" auch kostenlose Haarschnitte an.
"Viele unserer Gäste kommen gebeugt und mit dem geringen Selbstvertrauen, das das Leben auf der Straße hinterlässt. Aber wenn sich jemand um sie kümmert, ihnen zuhört, sie berührt und ihnen die Haare schneidet – dann verändert das etwas. Sie gehen mit erhobenem Kopf und einem spürbaren Glow. Dieses Lächeln ist unser Lohn", so Alexander Müller im TAG24-Gespräch.
Der Chef der Hamburger "Barber Angels" und gelernter Frisör hatte schon einige Schicksalsschläge vor sich sitzen. "Das sind Geschichten, da bekomme ich selbst nach Jahren noch Gänsehaut. Für uns ist es nur ein Haarschnitt – aber für die Betroffenen ist es viel mehr", betonte Müller.
"Wir wollen auch zeigen können, wie viel so etwas bewirken kann – es müssen nicht immer Geldspenden sein. Es geht auch um Nähe." Mit ihrer Arbeit wollen die "Barber Angels" auch ein Vorbild für andere Berufsgruppen sein. "Jedes Handwerk kann aktiv werden: Ob Kochen, Bauen oder Organisieren – jeder kann etwas beitragen, um die Gesellschaft mitzugestalten."
"Sie fragen, ob sie eine zweite Suppe haben dürfen, weil sie zwei Tage nichts gegessen haben"

Eingeladen werden die Bedürftigen vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und von der Straßenzeitung "Hinz und Kunzt".
"Solche Events sind dringend notwendig, damit die Menschen mal einen schönen Nachmittag haben, damit sie aus ihrem grauen Alltag herausgerissen werden und etwas haben, worauf sie sich freuen können", betonte Monika "Moni" Kelting vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) gegenüber TAG24.
Die 78-Jährige arbeitet seit 16 Jahren ehrenamtlich in der Obdachlosenhilfe und erlebt die Zustände heute genauso schlimm wie damals.
"Die Menschen standen hungrig vor unserem Obdachlosenbus. Dann gab es etwa zehn Jahre, da war es relativ normal. Da war niemand ausgehungert, niemand sah aus wie ein klassischer Obdachloser, aber heute ist es wieder wie damals: Sie kommen und fragen, ob sie eine zweite Suppe haben dürfen, weil sie zwei Tage nichts gegessen haben."
Ein Grund dafür sei die zunehmende finanzielle Not der immer mehr werdenden Bedürftigen in Deutschland. Einer von ihnen ist Jens Wulf, der seit rund zwei Jahren obdachlos ist. "Ich bin auf der Straße gelandet, weil meine Familie verstorben ist. Ich konnte die große Wohnung nicht mehr halten und habe nur eine kleine Rente. Ich bin jetzt fast 70 Jahre alt."
Die letzten Jahre seien "sehr schwer" gewesen, aber die Events des Friends Cup geben Wulf Hoffnung: "Sie vermitteln ein Gefühl von Gemeinschaft und mir, dass ich nicht aufgeben werde".
Titelfoto: Montage: TAG24/Madita Eggers (3)