Boberger Dünen: Umweltbehörde streicht 70 Tiere, Schäferin widerspricht der Begründung

Hamburg - Seit dieser Woche muss Schäferin Nadine Quinn (45) das 100 Hektar große Naturschutzgebiet "Boberger Niederung" im Osten Hamburgs, besser bekannt als das beliebte Ausflugsziel "Boberger Dünen", mit deutlich weniger Tieren beweiden. Die Reduzierung der Herdengröße wurde von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) veranlasst, die zuerst von finanziellen, dann aber von fachlichen Gründen sprach.

Auch Katharina Fegebank (48, Grüne), Zweite Bürgermeisterin von Hamburg, äußerte sich zu den Sparmaßnahmen der Umweltbehörde.
Auch Katharina Fegebank (48, Grüne), Zweite Bürgermeisterin von Hamburg, äußerte sich zu den Sparmaßnahmen der Umweltbehörde.  © Sebastian Gollnow/dpa

"Die Witterung dieses Jahres war bisher sehr trocken, sodass eine höhere Tierzahl nicht länger als fachlich notwendig erachtet wird", sagte eine Sprecherin des BUKEA auf TAG24-Nachfrage.

Leiterin der Umweltbehörde Katharina Fegebank (48, Grüne) sagte gegenüber dem NDR: "Der Wuchs ist einfach nicht so stark wie er in der Vergangenheit in regenreichen Zeiten gewesen ist und deshalb hat man jetzt dort auch im Sinne der Natur die Tiere wieder herausgenommen."

Ein Eindruck, den Nadine Quinn nicht teilt: "Ich bin jeden Tag acht Stunden im Gebiet und wenn ich das Gefühl hätte, dass meine Schafe da nichts zu fressen mehr finden, dann wäre ich der Erste, der bei der Behörde anruft."

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Das sei aber nicht der Fall, eher das Gegenteil: "Wenn man da in die Fläche guckt, dann sieht man, dass uns das Futter bis zur Hüfte steht."

Die Trockenheit der ersten Jahreshälfte habe für die Heideflächen nicht die Folgen wie von der Behörde beschrieben. "Wenn wir die nicht beweiden, dann wächst die uns über den Kopf." Schon mit den 210 Tieren vor der Reduzierung habe sie "untermotorisiert" beweidet.

Schäferin lädt Katharina Fegebank in die "Boberger Dünen" ein

Nadine Quinns Herde April 2025 zum Saisonbeginn der Beweidung in den "Boberger Dünen". Kurz zuvor hatte die Umweltbehörde noch die Aufstockung der Herde auf 210 Tiere genehmigt, ein paar Wochen später kam dann die Aufforderung, die Herde um ein Drittel zu reduzieren.
Nadine Quinns Herde April 2025 zum Saisonbeginn der Beweidung in den "Boberger Dünen". Kurz zuvor hatte die Umweltbehörde noch die Aufstockung der Herde auf 210 Tiere genehmigt, ein paar Wochen später kam dann die Aufforderung, die Herde um ein Drittel zu reduzieren.  © Citynewstv

Mit jetzt "nur" noch den ursprünglich vertraglich festgehaltenen 135 Tieren könnte es passieren, dass die Beweidungsziele nicht mehr erreicht werden, was "frustrierend" sei, so Quinn, die vor einer "drohenden Verbuschung" des Naturschutzgebietes mahnt.

"Die Boberger Niederung ist botanisch gesehen das artenreichste Naturschutzgebiet in Hamburg und deswegen natürlich auch besonders schützenswert."

Ihre Schafe und Ziegen dienen dabei nicht nur als tierische Rasenmäher, sondern auch als "Taxi" von zum Beispiel Samen, wodurch "Flächen vernetzt werden".

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"Ich kann schon nachvollziehen, dass Frau Fegebank größere Sorgen als 70 Schafe hat und ihre Prioritäten anders gesetzt sind – aber für uns ist das unsere Arbeitsrealität gerade", so Quinn.

Die Schäferin hofft, in naher Zukunft einmal gemeinsam mit der Zweiten Bürgermeisterin das Naturschutzgebiet zu begehen. Vor Ort sei nämlich noch keiner von der Umweltbehörde gewesen. "Vielleicht sieht sie es dann aus einer ganz anderen Perspektive", so die 45-Jährige.

Von Geldmangel zur Trockenheit

Neben ihrer Arbeit als Schäferin lädt Nadine Quinn (45, hier mit einem Lamm auf dem Arm) einmal im Monat Besucher und Besucherinnen in die "Boberger Niederung" ein, die etwas über den Naturschutz lernen möchten: "Denn ich kann nur schützen, was ich kenne".
Neben ihrer Arbeit als Schäferin lädt Nadine Quinn (45, hier mit einem Lamm auf dem Arm) einmal im Monat Besucher und Besucherinnen in die "Boberger Niederung" ein, die etwas über den Naturschutz lernen möchten: "Denn ich kann nur schützen, was ich kenne".  © Citynewstv

Zunächst hatte die Umweltbehörde gegenüber Nadine Quinn von fehlenden finanziellen Mitteln als Begründung gesprochen, später jedoch verwies die Behörde gegenüber TAG24 auf die bereits genannten "fachlichen Gründe".

"Wenn man sagt, pass auf, das Geld ist einfach nicht da, dann ist das eben so und man hätte ja trotzdem die Möglichkeit offengelassen, zu überlegen, wie man das anders finanzieren könnte", so die Schäferin, die bereits über eine Bürgerinitiative oder Tierpatenschaften nachgedacht hatte.

"Mit der neuen Begründung mit der Trockenheit hat man da im Prinzip jetzt einen Deckel draufgehauen."

Die 70 Tiere, die die Herde verlassen mussten, darunter auch Schafe mit Lämmern, werden zunächst im niedersächsischen Schneverdingen untergebracht.

Dort dürfen sie erst mal Grünflächen der Stadt beweiden – allerdings unentgeltlich.

Die Umweltbehörde betonte gegenüber TAG24, dass keine weiteren Kürzungen geplant sind. Zudem bestehe die Möglichkeit, die Herde bei sich ändernden Witterungsbedingungen wieder aufzustocken.

Titelfoto: Citynewstv

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