Flüchtiger Sexualstraftäter aus Coburg von Polizei gefasst

Coburg - Der aus dem Landgericht Coburg geflüchtete Angeklagte ist von der Polizei gefasst worden. Eine Streife nahm den Mann am Dienstag in Grub am Forst (Landkreis Coburg) widerstandslos fest, wie ein Sprecher der Polizei mitteilte. Eine Überprüfung der Identität des Mannes habe ergeben, dass es sich bei ihm zweifelsfrei um den Gesuchten handle. Ein Zeuge habe den Mann in Grub am Forst gesehen und die Polizei per Notruf verständigt.

Das Justizgebäude I in Coburg. Die Polizei leitete umgehend eine Großfahndung ein - bislang jedoch erfolglos.
Das Justizgebäude I in Coburg. Die Polizei leitete umgehend eine Großfahndung ein - bislang jedoch erfolglos.  © Pia Bayer/dpa

Das zweite Mal innerhalb weniger Wochen war ein Angeklagter aus einem Gericht in Bayern entkommen. Diesmal konnte ein 47-Jähriger aus dem Landgericht in Coburg fliehen. In seiner Abwesenheit ist der irakische Staatsbürger noch am Montag verurteilt worden. Der siebenfache Vater war wegen sexuellen Missbrauchs und versuchter Vergewaltigung an seinen Töchtern angeklagt.

Der entflohene Mann ist am Tag seiner Flucht zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in etwa 100 Fällen verurteilt worden.

Erst im Januar war ein verurteilter Mörder aus dem Amtsgericht in Regensburg geflohen. In beiden Fällen entkamen die Straftäter durch nicht ausreichend gesichertes Fenster im Erdgeschoss der Justizgebäude.

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Der Mann im Coburger Fall flüchtete Polizeiangaben zufolge um kurz nach 10.30 Uhr am Montag während einer Verhandlungspause. Demnach rannte der Mann plötzlich aus dem Obergeschoss nach unten, brach ein Fenster eines Aufenthaltsraums für Zeugen auf und flüchtete in unbekannte Richtung.

Für die Dauer der Verhandlung hatte das Gericht angeordnet, ihm die Fußfesseln abzunehmen. Eine Erlaubnis, die Fesseln auch während der Sitzungsunterbrechung nicht anzulegen, habe es laut einem Gerichtssprecher nicht gegeben. Dennoch seien die Fußfesseln nicht wieder befestigt worden.

Sofort wurde eine Großfahndung nach dem 47-Jährigen eingeleitet. Ein Polizeihubschrauber und Suchhunde waren neben zahlreichen Streifen im Einsatz - bislang fehlt von dem verurteilten Sexualstraftäter jedoch weiterhin jede Spur.

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Aus einem der beiden Erdgeschoss-Fenster im Vordergrund entkam der Mann am Montag.
Aus einem der beiden Erdgeschoss-Fenster im Vordergrund entkam der Mann am Montag.  © Pia Bayer/dpa

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (66, CSU) kündigte umgehend Konsequenzen an. "Das ist völlig indiskutabel, wenn einem Häftling die Flucht gelingt. Ich erwarte vom Polizeipräsidium Oberfranken eine umfassende Aufklärung zu den Hintergründen der Flucht", sagte Herrmann.

Justizminister Georg Eisenreich (52, CSU) betonte, er habe angeordnet, dass jedes bayerische Gericht seinem Ministerium über das Sicherheitskonzept berichten müsse. "Es ist nicht hinnehmbar, wenn Gefangenen die Flucht aus bayerischen Gerichten gelingt", sagte der Minister. "Sicherheitslücken sind nicht akzeptabel."

Gegen den Geflüchteten war am dritten Tag der Hauptverhandlung vor zwei Wochen ein Haftbefehl erlassen worden. Begründung: Fluchtgefahr.

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Seitdem saß der Mann in der Justizvollzugsanstalt in Kronach ein. Von dort war er am Montagmorgen von einer Polizeistreife ins Gericht nach Coburg gebracht worden. Die beiden Polizeibeamten seien auch den Tag über für seine Betreuung zuständig gewesen, sagte ein Polizeisprecher.

Hinweise darauf, dass der Mann die Flucht geplant oder Hilfe dabei gehabt habe, gebe es bisher nicht.

Originalmeldung 21. Februar, 10.15 Uhr; aktualisiert um 13.07 Uhr

Titelfoto: Pia Bayer/dpa

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