Diese bedeutenden Prozesse beschäftigen 2024 Bayerns Gerichte

Nürnberg - Mord am Schloss Neuschwanstein, Klage wegen Missbrauchs gegen die katholische Kirche, Aufarbeitung des Wirecard-Skandals und Prozess um den Tod einer Zehnjährigen: An den Gerichten im Freistaat stehen 2024 bedeutende Verfahren an. Eine Übersicht.

An einer Mauer vor dem Kinder- und Jugendhilfezentrum, in dem eine Zehnjährige tot aufgefunden wurde, liegen Blumen, Kuscheltiere und Kerzen.
An einer Mauer vor dem Kinder- und Jugendhilfezentrum, in dem eine Zehnjährige tot aufgefunden wurde, liegen Blumen, Kuscheltiere und Kerzen.  © Daniel Vogl/dpa

Der Fall eines getöteten Mädchens in einem Kinderheim im oberfränkischen Wunsiedel sorgte 2023 weit über die Region hinaus für Entsetzen. Ab dem 1. Februar 2024 beginnt nun der Gerichtsprozess gegen einen 25-Jährigen wegen Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und weiterer Vorwürfe vor dem Landgericht Hof.

Ein Elfjähriger, der für den Tod des Mädchens verantwortlich sein soll, wird aufgrund seines Alters nicht strafrechtlich verfolgt. Er ist als Zeuge geladen.

Dem Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft vor, in der Nacht auf den 4. April 2023 zunächst in das Kinderheim eingebrochen zu sein, um Wertgegenstände zu stehlen. Dabei sei er auf den Elfjährigen getroffen und habe sich vor diesem selbst befriedigt.

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Das zehn Jahre alte Mädchen soll der Mann später vergewaltigt und das Kinderheim dann wieder verlassen haben. Der Junge soll das Mädchen in derselben Nacht bei einem Streit stranguliert haben. Für den Prozess sind neun Termine bis Anfang März 2024 geplant.

Mord bei Schloss Neuschwanstein

Ein Mann stieß zwei Touristinnen in der Nähe von Schloss Neuschwanstein in eine Schlucht. Eine der beiden Frauen starb an ihren Verletzungen.
Ein Mann stieß zwei Touristinnen in der Nähe von Schloss Neuschwanstein in eine Schlucht. Eine der beiden Frauen starb an ihren Verletzungen.  © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

In Kempten wird voraussichtlich 2024 ein Fall verhandelt, der weltweit für Aufsehen sorgte. Im Juni 2023 waren in der Nähe des Schlosses Neuschwanstein im Allgäu zwei US-amerikanische Touristinnen angegriffen und eine Schlucht hinabgeworfen worden.

Die Polizei nahm einen Landsmann der beiden Opfer fest, gegen den 31-Jährigen war im Herbst Anklage wegen Mordes, versuchten Mordes und weiterer Straftaten erhoben worden.

Die Ermittler werfen dem Mann vor, dass er eine 21-Jährige überwältigte, vergewaltigte und strangulierte. Dann soll er die Frau einen 50 Meter tiefen Abhang hinuntergestürzt haben, sie überlebte nicht. Ihre 22 Jahre alte Freundin, die eingreifen wollte, soll von dem Angeklagten ebenfalls in die Tiefe gestoßen worden sein, sie überlebte verletzt.

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Das Kemptener Landgericht hat noch keine Termine für den Prozess festgelegt, wie ein Sprecher berichtete. Da noch Anhörungsfristen für Verfahrensbeteiligte laufen, habe die Strafkammer noch nicht über die Zulassung der Anklage entschieden.

Missbrauch im Erzbistum München und Freising

Das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu Fällen von sexuellem Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising hatte 2022 für viel Aufsehen gesorgt.
Das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu Fällen von sexuellem Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising hatte 2022 für viel Aufsehen gesorgt.  © Sven Hoppe/dpa Pool/dpa

Anfang Januar soll am Landgericht Traunstein der Prozess gegen das Erzbistum München und Freising um Schmerzensgeld und Schadenersatz für einen Missbrauchsbetroffenen fortgesetzt werden.

Ein zweiter Verhandlungstag wurde für den 10. Januar 2024 terminiert. An dem Tag soll der Kläger, ein früherer Ministrant, selbst gehört werden. Die Fortsetzung des Prozesses war zuvor mehrfach verschoben worden.

Der Mann gibt an, Mitte der 1990er Jahre von einem Priester in Garching an der Alz einmal sexuell missbraucht worden zu sein. Er fordert in dem Zivilprozess mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum.

Das Erzbistum hatte über seinen Anwalt zu Prozessbeginn generell akzeptiert, dass der Kläger einen Anspruch auf Entschädigung hat, sich aber nicht auf eine konkrete Summe festgelegt.

Das Verfahren hatte vor allem deswegen bundesweit Schlagzeilen gemacht, weil unter den Beklagten ursprünglich auch der inzwischen gestorbene Papst Benedikt XVI. war. Das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt.

Nach seinem Tod ist weiter unklar, wer die Rechtsnachfolge antritt und damit gewissermaßen auch das Verfahren erbt.

Tödliche Schüsse in Nürnberg

Umringt von Mobiltelefonen und Fernsehkameras sitzt der wegen der tödlichen Schüsse auf einer belebten Nürnberger Straße 29-jährige Angeklagte im Landgericht Nürnberg-Fürth.
Umringt von Mobiltelefonen und Fernsehkameras sitzt der wegen der tödlichen Schüsse auf einer belebten Nürnberger Straße 29-jährige Angeklagte im Landgericht Nürnberg-Fürth.  © Daniel Löb/dpa

Der Prozess um die tödlichen Schüsse in der Nürnberger Südstadt wird das Landgericht in den ersten Monaten 2024 viel beschäftigen. Die Kammer geht von einer umfangreichen Beweisaufnahme aus. Bis in den März sind zahlreiche Verhandlungstermine angesetzt.

Angeklagt ist ein 29-jähriger Türke wegen Mordes und versuchten Mordes. Er soll im Oktober 2022 auf einer belebten Straße auf zwei Freunde geschossen haben.

Im Januar will die Kammer zunächst Polizeikräfte und Zeugen der Tat befragen. Danach sind die Witwe des getöteten 30-Jährigen und ein 35 Jahre altes Opfer geladen, das den Angriff schwer verletzt überlebt hatte. Weitere Familienangehörige und Freunde der Männer will die Kammer ebenfalls befragen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es vor der Tat einen Streit zwischen dem Angeklagten und den beiden Opfern gab. Die genauen Gründe dafür sind nicht bekannt. Diese will die Kammer nun im Laufe des Prozesses herausfinden.

Impfschaden: Frau klagt gegen Astrazeneca

Die Frau, die den Impfstoffhersteller Astrazeneca auf Schadenersatz verklagt, sitzt vor Beginn einer Berufungsverhandlung im Oberlandesgericht (OLG) Bamberg neben ihrem Verteidiger Volker Loeschner, Fachanwalt für Medizinrecht.
Die Frau, die den Impfstoffhersteller Astrazeneca auf Schadenersatz verklagt, sitzt vor Beginn einer Berufungsverhandlung im Oberlandesgericht (OLG) Bamberg neben ihrem Verteidiger Volker Loeschner, Fachanwalt für Medizinrecht.  © Daniel Karmann/dpa

Es ist einer der ersten Zivilprozesse gegen einen Corona-Impfstoffhersteller in Deutschland: Das Oberlandesgericht (OLG) in Bamberg beschäftigt sich ab dem 19. Februar 2024 weiter mit der Klage einer 33-Jährigen aus Oberfranken gegen den Hersteller Astrazeneca.

Die Frau beklagt einen Impfschaden und möchte mindestens 250.000 Euro Schmerzensgeld sowie 17.200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600.000 Euro für künftige Beeinträchtigungen. Die Anwälte von Astrazeneca schlossen einen Vergleich mit der Klägerin bislang aus.

Die Frau war im März 2021 mit dem Covid-19-Vakzin Vaxzevria des britisch-schwedischen Unternehmens geimpft worden und hatte danach eine sogenannte Darmvenenthrombose erlitten. Sie kam in ein Koma und letztlich musste ihr ein Teil des Darms entfernt werden.

Das Landgericht Hof hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Das OLG kam zwischenzeitlich zur Auffassung, dass die Klägerin nicht mit dem Impfstoff von Astrazeneca geimpft worden wäre, wenn das Risiko einer Darmvenenthrombose in der Fachinformation des Herstellers dargestellt gewesen wäre.

Ein Gutachten soll nun Klarheit bringen. Die Parteien konnten dazu Stellung nehmen. Um über die Stellungnahmen zu sprechen, wird die Verhandlung im Februar fortgesetzt.

Studentin nach Clubbesuch mutmaßlich getötet

Medienvertreter filmen im Landgericht Traunstein den Angeklagten, der 2022 eine 23-Jährige auf dem Heimweg von der Diskothek "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau getötet haben soll.
Medienvertreter filmen im Landgericht Traunstein den Angeklagten, der 2022 eine 23-Jährige auf dem Heimweg von der Diskothek "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau getötet haben soll.  © Uwe Lein/dpa

Das Landgericht Traunstein beschäftigt sich weiter mit dem mutmaßlichen Mord an einer 23-jährigen Studentin in Aschau im Chiemgau. Da sich die Beweisaufnahme hinzog, hat das Gericht zuletzt weitere Termine bis in den März angesetzt.

Die junge Frau war in der Nacht zum 3. Oktober 2022 in einem Club in Aschau im Chiemgau und hatte sich von dort am frühen Morgen auf den Heimweg gemacht - doch zu Hause kam sie nie an.

Ein Passant entdeckte die Leiche der Frau am Nachmittag im Fluss Prien, etwa zwölf Kilometer flussabwärts.

Ein 22-Jähriger wurde sechs Wochen nach der Tat festgenommen und anschließend des Mordes angeklagt. Der junge Mann bestreitet die Tat.

Bislang blieb unklar, ob die junge Frau womöglich ohne fremdes Zutun in den Fluss fiel und ertrank. Aufklärung erhofft sich das Gericht mit Hilfe eines Gutachtens.

Titelfoto: Daniel Vogl/dpa

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