Opfer sagen im MDMA-Champagner-Fall aus: "Wie Zombies"

Von Ute Wessels

Weiden - Wahnvorstellungen, Muskelzittern, Übelkeit, Krämpfe, Bewusstlosigkeit: Im sogenannten Champagner-Fall haben mehrere Opfer vor dem Landgericht Weiden von den gravierenden Folgen berichtet.

Der Angeklagte (r.) sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts neben seinem Verteidiger Philip Müller.
Der Angeklagte (r.) sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts neben seinem Verteidiger Philip Müller.  © Armin Weigel/dpa

Sie hatten im Februar 2022 in einem Lokal Champagner bestellt, stattdessen aber die flüssige Droge MDMA ausgeschenkt bekommen. Ein Mann starb. Sieben weitere Gäste, die tranken, wurden teils lebensgefährlich verletzt. Bis heute kämpfen sie mit gesundheitlichen Problemen.

Von "Horror" spricht ein Zeuge, wenn er an jene Nacht zurückdenkt. Sichtlich aufgewühlt erzählt er, wie sich die Ereignisse überschlugen, wie rundherum Panik ausbrach, Betroffene sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten, wie er versuchte, sich zu übergeben, Halluzinationen bekam und um sein Leben fürchtete.

"Ich wusste nicht, ob ich das überlebe." Als er noch auf einen Sanitäter wartete, sei ein Bekannter auf einer Trage vorbeigetragen worden. Später habe er erfahren, dass der es nicht geschafft hatte.

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Dass mit dem Getränk etwas nicht stimmte, sei ihnen zuvor nicht aufgefallen, sagten die Zeugen. Nebenbei sei der Fernsehapparat gelaufen, sie hätten auf den Auftritt ihres Freundes gewartet und parallel dazu angestoßen. Die Schampus-Flasche wie auch die Gläser seien nicht transparent, sondern blickdicht gewesen.

Champagner-Fall von Weiden: Halluzinationen und Muskelkrämpfe

Nicole Bock ist eines der Opfer. Sie und ihre Freunde bestellten in einem Lokal Champagner, doch in der Flasche war flüssiges Ecstasy.
Nicole Bock ist eines der Opfer. Sie und ihre Freunde bestellten in einem Lokal Champagner, doch in der Flasche war flüssiges Ecstasy.  © Armin Weigel/dpa

Auch Nicole Bock ist eine aus der Clique. Sie ist an dem Prozess als Nebenklägerin beteiligt. Wie "Zombies" sollen sie ausgesehen und sich sehr verrenkt haben, sagte sie. Das hätten ihr später Zeugen erzählt, die den Vorfall in dem Lokal miterlebten. Sie und andere Betroffene hätten damals starke Krämpfe und Muskelzittern erlitten.

Als sie den ersten Schluck im Mund hatte, sei ihr sofort klar gewesen, dass etwas nicht stimmt. Sie berichtet von einem modrigen, sauren Geschmack. Beim Blick in das Glas sei ihr dann die bräunlich-lila Farbe des Getränkes aufgefallen.

Sie habe Herzrasen verspürt und sei auf die Toilette gerannt, um sich zu übergeben. Sie habe sich am Fenstergriff festgehalten, gezittert, viele Lichter gesehen und Stimmen gehört, sei kollabiert. Erst auf der Intensivstation sei sie aufgewacht. Auch im Krankenhaus habe sie Halluzinationen gehabt.

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Ein Arzt habe ihr gesagt, sie hätten nicht gedacht, dass sie das überleben würde. Sie könne ihren zweiten Geburtstag feiern. Bis heute kämpfe sie mit den Folgen, habe Muskelschmerzen, Sehstörungen, Panikattacken und sei sowohl in Physio- wie in Psychotherapie. Ihren früheren Beruf als Kommunikationscoach habe sie aufgeben müssen.

Ermittler: Champagnerflasche zur Drogentarnung

Ein Abend mit verheerendem Ende: In einem Lokal befindet sich statt Champagner die Droge MDMA in einer Flasche.
Ein Abend mit verheerendem Ende: In einem Lokal befindet sich statt Champagner die Droge MDMA in einer Flasche.  © Armin Weigel/dpa

Angeklagt ist ein 46 Jahre alter Niederländer. Die Staatsanwaltschaft legt ihm fahrlässige Tötung und bandenmäßigen Drogenhandel zur Last. Die Verteidiger hatten zu Prozessbeginn die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurückgewiesen. Der Anklage nach soll er Mitglied einer Gruppe sein, die in großen Mengen MDMA - bekannt als Wirkstoff der Droge Ecstasy - produziert haben soll, um es im In- und Ausland zu verkaufen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Champagnerflaschen von Drogenhändlern zur Tarnung verwendet und in einem Lager aufbewahrt wurden. Der Angeklagte soll die Rolle des Logistikers gehabt haben. Mehrere Flaschen seien jedoch aus dem Lager gestohlen worden und über Umwege in den Handel und eine in das Restaurant in Weiden geraten.

Titelfoto: Armin Weigel/dpa

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