Dresden - Am Dienstag beginnt der wohl größte Prozess des Jahres: Jian G. (44) soll als China-Spitzel jahrelang System-Kritiker und das EU-Parlament ausspioniert haben. Sein damaliger Chef: Maximilian Krah (48, AfD). Welche Rolle spielt der Dresdner in diesem Echtzeit-Krimi?
24. April 2024: Ermittler stürmen Raum 05F159 am Ende eines grauen, fensterlosen Flures im größten Parlamentsbau Brüssels. Es ist das Büro eines mutmaßlichen Spions. Es ist das Hinterzimmer des Abgeordneten Krah.
Nach fünf Jahren engster Zusammenarbeit mit dem damaligen Europaabgeordneten fliegt der Dresdner "Unternehmer" auf: Jian arbeitet für den chinesischen Geheimdienst, das Ministerium für Staatssicherheit. So lautet zumindest die Anklage, die am nächsten Dienstag beim ersten sächsischen Staatsschutzprozess verlesen werden wird.
Seit 2002 soll er für die China-Stasi arbeiten, das EU-Parlament ausgehorcht, teils vertrauliche Dokumente nach Peking durchgestochen haben. Seine Komplizin Jaqi X. (39) habe für ihn den Leipziger Flughafen abgeschöpft, von wo aus deutsche Waffen in die Welt gingen. Beide sitzen die nächsten Monate auf der Anklagebank.
Doch inmitten dieses Agenten-Thrillers taucht immer wieder ein Name auf: Maximilian Krah. Sitzt der größere Vaterlandsverräter noch im Bundestag?
Vorermittlungen gegen Krah: Es geht um 50.000 Euro
Die Generalstaatsanwaltschaft führt bereits Vorermittlungen gegen Krah und hat die Aufhebung seiner Immunität beantragt.
Die Dresdner Behörde wirft ihm Geldwäsche und Bestechlichkeit vor. Krah soll Zahlungen aus China als Anwaltsrechnungen über Jians Firmen getarnt haben. Es geht um mehr als 50.000 Euro.
Dass "Schampus-Max", wie ihn Freunde und Feinde gern nennen, nichts gegen China-Gelder hat, zeigen unzählige Berichte. "t-online" etwa schreibt, dass sich Krah schon 2019 einen Trip nach China vom staatlich gelenkten "Huawei"-Konzern, der staatlichen National Petroleum Corporation und von mehreren China-Stadtverwaltungen bezahlen lassen hat.
Im Anschluss berichtete der "Spiegel" von einem Schreiben Krahs an AfDler in Berlin, die "Huawei"-Technik sei der Konkurrenz "überlegen", Sicherheitsbedenken würden nur auf einem "allgemeinen Misstrauen China gegenüber" basieren.
2024 schmiss das Innenministerium Huawei-Komponenten aus dem deutschen 5G-Netz. Begründung: Spionageverdacht.
So fanden Maximilian Krah und Jian G. zueinander
China-Jian kam 2002 nach Dresden, um an der TU hier Germanistik zu studieren. Krah hing da bereits über den Rechtswissenschaften. Jian legte 2009 seinen Magister ab, Krah promovierte zwei Jahre später und schob ein Management-Studium hinterher.
In dieser Zeit übernahm Jian die Firma seiner "Tante" Liu M. Der Germanist leitete plötzlich ein Geschäft für Markisen, LEDs, Import-Export. 2014 nimmt er sich einen neuen Anwalt: Dr. Maximilian Krah. Fünf Jahre später ziehen sie gemeinsam ins EU-Parlament ein.
Die Bilanz von Krahs Abgeordnetenbüro dort zeichnet ein eindeutiges Bild: drei Anklagen wegen Spionage für Russland oder China, eine wegen russischer Bestechung und wenigstens drei Ermittlungen wegen Bestechung aus Russland oder China. Krah bestritt fast alle Vorwürfe als "politisch motiviert".
Über seine politische Motivation hat er ein ganzes Buch geschrieben. In "Politik von rechts" (2024) beschreibt er seine Haltung dazu genau.
Der "Kampf" dürfe sich nicht gegen autoritäre Länder wie Russland oder China richten. Die größte Gefahr "unserer Existenz" sei schließlich die "Wokeness". Die beiden Staaten würden sich nur gegen den Machtanspruch des Westens wehren. Somit seien Russland und China Verbündete im "Kulturkampf um die ganze Welt".
Darauf angesprochen, sagte Krah im April ’24 (zwei Wochen vor Jians Festnahme) zur "Zeit": "Wer will schon Luke Skywalker sein, wenn er Darth Vader sein kann?" Ja, wer will schon die Galaxie von einem faschistischen Imperium befreien, wenn man stattdessen sein blutrünstiger Schlächter sein kann?
Dabei hat Darth Krah wohl vergessen, dass Luke am Ende der originalen "Star Wars"-Filme gewinnt.