Berufung nach TAG24-Bericht zurückgenommen: Todesraser "King Bilal" will keinen neuen Prozess

Leipzig - Überraschende Wendung bei der juristischen Aufarbeitung des Horrorunfalls mit vier Toten im März 2023 in Eilenburg: Drei Tage vor dem Berufungsprozess am Landgericht Leipzig zog Todesraser Bilal A. (20) seine Berufung zurück. "King Bilal", wie sich der syrische Nachwuchskriminelle selbst nennt, muss nun für dreieinhalb Jahre in Jugendhaft.

Zog seine Berufung zurück und muss nun für dreieinhalb Jahre in den Jugendknast: Bilal A. (20), der sich selbst "King Bilal" nennt.
Zog seine Berufung zurück und muss nun für dreieinhalb Jahre in den Jugendknast: Bilal A. (20), der sich selbst "King Bilal" nennt.  © Hassan Nazari

Sachsens Justiz hatte den Fall zur Geheimsache gemacht. Im Februar verhandelte das Amtsgericht Leipzig ohne öffentlichen Terminaushang und hinter verschlossenen Türen gegen Bilal A., der am 9. März 2023 auf der B87 in Eilenburg mit 120 km/h in den Gegenverkehr gerast war.

Bei dem Unfall starben vier Menschen (67, 68, 71, 72), zwei wurden schwer verletzt.

Der damals 18-jährige Spross eines durch Drogenkriminalität polizeibekannten syrischen Clans hatte keinen Führerschein, der schwere Mercedes war jedoch auf ihn zugelassen.

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Nur 16 Tage nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Jugendhaft und vier Jahren Fahrerlaubnis-Sperre demonstrierte der von der Justiz vorläufig in Freiheit belassene Todesraser, welche Lehren er aus dem Geschehen gezogen hatte.

In großen Lettern sprühte er mit Farbspray vor laufender Überwachungskamera "King Bilal" an die Wand einer Tankstellen-Waschanlage.

Bilal A. beging nach Horrorunfall immer neue Straftaten

Bei diesem Unfall am 9. März 2023 auf der B87 in Eilenburg starben drei Personen noch an Ort und Stelle.
Bei diesem Unfall am 9. März 2023 auf der B87 in Eilenburg starben drei Personen noch an Ort und Stelle.  © Jan Woitas/dpa

Seit dem Unfall hat der selbsternannte "König", der die Schule nach der siebten Klasse abbrach und auch sonst keine (legale) Ausbildung hat, seine Strafakte ordentlich aufgefüllt. Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Sachbeschädigung, Bedrohung und Drogenhandels finden sich darin.

Erst im September stand er erneut vorm Amtsgericht, wurde wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt - zu Arbeitsstunden.

Im Juli machte TAG24 in einem großen Bericht über Bilal A. erstmals dessen Entwicklung zum Intensivtäter und den fragwürdigen Umgang der sächsischen Justiz mit "King Bilal" öffentlich. Andere Medien zogen nach.

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Dass sein Verteidiger nun kurz vor dem Prozess die Berufung zurückzog, sein Mandant mithin die dreieinhalb Jahre Jugendhaft akzeptiert, könnte auch an dem so öffentlich gewordenen Nachtatverhalten des Todesrasers liegen, das eine Strafmilderung unwahrscheinlich erschienen ließ.

Eine telefonische Anfrage von TAG24 an die Hamburger Anwaltskanzlei mit Rückruf-Bitte blieb bis Dienstag unbeantwortet.

Ein weiterer Mann erlag wenige Tage später seinen schweren Verletzungen.
Ein weiterer Mann erlag wenige Tage später seinen schweren Verletzungen.  © Jan Woitas/dpa

Hinterbliebenen bleibt neues Verfahren erspart

Wann "King Bilal" seine Haftstrafe antreten muss, entscheidet demnächst ein Jugendrichter am Amtsgericht. Immerhin: Den Hinterbliebenen der Unfallopfer bleibt nun ein neuer Prozess erspart.

"Das nun rechtskräftige Urteil wird die Eltern meiner Mandanten nicht wieder lebendig machen, aber sie empfinden es als ein gerechtes Urteil", sagte Nebenklage-Anwalt Jan Siebenhüner (42) TAG24.

Titelfoto: Bildmontage: Hassan Nazari, Jan Woitas/dpa

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