Leipziger Ex-Stadtrat Jürgen Kasek äußert sich zu Zulassungs-Vorwürfen: "Alles nur noch wie im Tunnel"
Leipzig - Der Prozess gegen Jürgen Kasek (44) ist am Freitag vor dem Amtsgericht Leipzig fortgesetzt worden. Der Vorwurf: Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen. Der Ex-Grünen-Stadtrat gab eine Erklärung ab - und zeichnete das Bild eines Menschen am Limit.
Laut Anklage soll der bekannte Leipziger Aktivist trotz des Entzugs seiner Zulassung am 19. Juli 2022 in 42 Fällen weiter als Rechtsanwalt aufgetreten sein.
Nun äußerte sich Kasek in dem Verfahren erstmals zu den Vorwürfen. Die Erklärung wurde von seiner Verteidigerin Rita Belter verlesen. So sei der alleinerziehende Vater neben der Tätigkeit in seiner Kanzlei ab 2019 zusätzlich Stadtrat gewesen und habe sich auch darüber hinaus politisch engagiert. 15 Jahre lang habe er keinen Urlaub gemacht, teilweise 20 Stunden am Tag gearbeitet - "ich habe mich da auch selbst überschätzt." Im Jahr 2021 seien dann gesundheitliche Probleme dazugekommen.
Um den Lebensunterhalt sichern zu können, habe er schließlich eine feste Anstellung angenommen, die Kanzlei nur noch nebenbei betreiben wollen. Doch es seien weiter Anfragen gekommen: "Ich konnte nicht nein sagen." Schließlich habe er die Übersicht verloren.
Ein Mitarbeiter (33) habe dann keinen Zugang mehr zum besonderen elektronische Anwaltspostfach (beA) gehabt und so von der entzogenen Zulassung erfahren. Kasek sei es damals wichtig gewesen, dass seine Mandanten keine Nachteile erfahren: "Mir ging es vor allem darum, die Leute nicht hängenzulassen." Das sei aus heutiger Sicht falsch gewesen, er hätte die Kanzlei einfach zuschließen sollen.
Ehemaliger Mitarbeiter sagt als Zeuge aus
Kasek habe "niemandem Schaden zufügen wollen", die Kanzlei nicht für den Lebensunterhalt weiter betrieben, sondern für seine Mandanten. Er habe hohe Schulden gehabt, gedacht eine Lösung finden zu können, die Vorstellung gehabt, es noch irgendwie zu schaffen. "Das war alles nur noch wie im Tunnel", räumte der 44-Jährige während der Verhandlung weiter ein.
Sein ehemaliger Mitarbeiter, ein Rechtsanwaltsfachangestellter, sagte zudem als Zeuge aus. Als er vom Entzug der Zulassung erfahren habe, sei ihm gesagt worden, dass er sich keine Sorgen machen solle, das Problem in zwei bis drei Monaten geklärt sei.
Doch das Verhältnis zwischen den beiden habe sich angespannt, Gehälter seien verspätet gezahlt worden, ein dreistelliger Betrag sei nach wie vor offen. Dennoch sagte der 33-Jährige auch aus, das große Engagement Kaseks sei heldenhaft, aber viel zu viel gewesen. Er habe den Eindruck gehabt, dass Kasek stets habe helfen wollen und "nicht aus Boshaftigkeit" gehandelt habe.
Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.
Titelfoto: Montage: Christian Grube

