Millionen-Betrug! Landarzt zu Haftstrafe verurteilt
Leipzig - Nach mehr als zwei Jahren ist in Leipzig ein Prozess um Millionen-Betrügereien eines Landarztes zu Ende gegangen. Mit einem milden Urteil - und der Aussicht auf Fortsetzung vor dem Bundesgerichtshof.

Seit Anfang März 2023 verhandelte die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht gegen Dr. Andreas S. (56), der in Böhlen (Kreis Leipzig) eine große Praxis für Schmerztherapie betreibt.
Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, zwischen Januar 2014 und März 2018 medizinische Leistungen im Gesamtwert von 2,17 Millionen Euro bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) abgerechnet zu haben, obwohl diese weder von ihm selbst noch von den in den Abrechnungen angegebenen Ärzten erbracht wurden.
Stattdessen sollen nichtärztliche Angestellte und Weiterbildungs-Assistenten die Behandlungen vorgenommen haben. Für die Abrechnung soll er Arztnummern (LANR) von Kollegen angegeben haben, die in den genannten Zeiträumen gar nicht für seine Praxen tätig, längerfristig krank oder nur zum Schein angestellt waren.
Nach 64 Verhandlungstagen und der Vernehmung Dutzender Zeugen waren sich die Richter sicher, dass der Großteil der Vorwürfe zutrifft. Die Kammer verurteilte Dr. Andreas S. am Mittwoch wegen gewerbsmäßigen Betruges in 17 Fällen zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin bezieht sich die Zahl der Fälle auf die Anzahl der Abrechnungsquartale.
Millionenvermögen des Mediziners eingefroren

Lediglich vom ebenfalls angeklagten Vorwurf der Urkundenfälschung wurde der Landarzt freigesprochen. Zudem taxierte das Gericht die Schadenshöhe auf rund 1,98 Millionen Euro.
In dieser Höhe wurden Vermögenswerte des wohlhabenden Mediziners eingefroren. Bedeutet: Bei Rechtskraft des Urteils wird der Staat die Summe einziehen. Mit ihrem Urteil blieb die Strafkammer deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verlangt hatte.
Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Da die medizinischen Leistungen ja erbracht wurden, habe kein Betrug vorgelegen, argumentierten die Anwälte.
Der Arzt selbst hatte während des gesamten Prozesses zu den Vorwürfen geschwiegen. Die Verteidigung kündigte bereits Revision an, sodass sich nun der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen muss. Der bereits außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wurde vom Gericht aufgehoben. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens muss der Mediziner die Haft nicht antreten.
Titelfoto: Ralf Seegers