Nach Fund eines toten Babys in Wurzen: Angeklagte Mutter (33) bestreitet Tötung

Leipzig/Wurzen - Neun Monate nach dem Fund eines toten Säuglings in Wurzen hat die wegen Mordes angeklagte Mutter (33) des Jungen zum Prozessauftakt die Tat bestritten.

Angéla B. (33) wird vorgeworfen, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Sie bestreitet die Tat, angeblich habe ihr jemand das Baby weggenommen.
Angéla B. (33) wird vorgeworfen, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Sie bestreitet die Tat, angeblich habe ihr jemand das Baby weggenommen.  © Hendrik Schmidt/dpa

Nach der Geburt auf der Toilette einer Gemeinschaftsunterkunft habe ihr jemand das Baby entrissen, sagte die Angéla B. am Freitag vor dem Landgericht Leipzig. Danach habe sie das Kind nicht mehr gesehen.

Die Leiche des Jungen war am 10. November in einer Gefriertruhe der Unterkunft für Arbeiter in Wurzen entdeckt worden – eingewickelt in eine Plastiktüte. An dem Leichnam waren stumpfe Gewalt sowie Stich- und Schnittverletzungen am Hals festgestellt worden. Letztendlich starb das Neugeborene an einer Lungenembolie.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Ungarin Mord aus niedrigen Beweggründen vor. Demnach soll die Mutter den Säugling getötet haben, weil sie ihn als Störfaktor für ihre Lebensplanung betrachtet habe. Die Angeklagte war erst einige Monate zuvor nach Deutschland gekommen, um zu arbeiten.

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Die 33-Jährige gab an, dass sie von der Schwangerschaft nichts gewusst habe. Ende Oktober habe sie starke Krämpfe und Durchfall bekommen. "Am nächsten Morgen saß ich auf der Toilette und dann kam plötzlich das Baby. Ich habe es nicht verstanden und war in einem Schockzustand", erklärte die sechsfache Mutter unter Tränen.

Mann mit Tattoo soll Angeklagter das Baby weggenommen haben

In dieser Unterkunft für osteuropäische Saisonarbeiter wurde der tote Säugling gefunden.
In dieser Unterkunft für osteuropäische Saisonarbeiter wurde der tote Säugling gefunden.  © Sören Müller

Sie habe das Baby aus der Toilette genommen und mit einem Messer die Nabelschnur durchtrennt. Dann sei sie mit dem Baby gestürzt, und es sei schwarz um sie herum geworden. Ein Mann mit Handschuhen und einer Tätowierung am Unterarm habe ihr das Kind entrissen, und sie sei wieder bewusstlos geworden.

Am nächsten Morgen habe sie an einen Traum geglaubt und nicht gedacht, dass diese Dinge passiert seien.

Der Vorsitzende Richter betonte, dass die Schilderung der Angeklagten kaum glaubhaft sei. "Es liegen Hinweise vor, dass Sie von der Schwangerschaft gewusst, diese aber vor Ihrem Umfeld verheimlicht haben."

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Auch der 24 Jahre alte Lebensgefährte der Angeklagten und Vater des Jungen war zunächst in U-Haft. Die Ermittlungen hatten den Tatverdacht gegen ihn aber nicht erhärtet, und er kam auf freien Fuß.

Das Gericht hat weitere acht Termine bis Mitte November angesetzt.

Originaltext vom 19. August 6.29 Uhr, aktualisiert um 12.45 Uhr

Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa

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