Er ist Sachsens gefährlichster Jugendhäftling: Bekommt die Justiz diese "Zeitbombe" entschärft?
Leipzig - Ein Finale wie mit dem Weichzeichner geglättet: Im Prozess gegen Sachsens gefährlichsten Jugendhäftling haben sich die Grenzen zwischen Anklage und Verteidigung in Harmonie aufgelöst. Es ist wohl die allerletzte Chance eines Dauerdelinquenten, der bereits seit seinem zweiten Lebensjahr die Behörden beschäftigt.
Alles in Kürze
- Pierre B. gilt als Sachsens gefährlichster Jugendhäftling.
- Er hat seit seinem zweiten Lebensjahr Behörden beschäftigt.
- Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft für Pierre B.
- Verteidigung stimmt Anklageforderung zu.
- Urteil soll am 11. August gesprochen werden.

Am Ende hatten sich die Wachleute der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen nur noch mit Helm und Schutzausrüstung in die Nähe von Pierre B. (20) getraut.
Seine Attacke mit einer Schere auf einen der Beamten klagte die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord an.
Mittwoch war davon keine Rede mehr. Oberstaatsanwalt Ulrich Jakob wertete die Attacke in seinem Plädoyer nur noch als versuchte gefährliche Körperverletzung.
Zuvor hatte der mehrfach vorbestrafte Gewalttäter ein Geständnis abgelegt, darin die Mordabsicht bestritten und Reue gezeigt.
Für insgesamt sechs Jahre will die Staatsanwaltschaft Pierre B. hinter Gitter sehen - seine letzte Verurteilung wegen schweren Raubes zu vier Jahren und vier Monaten soll darin einfließen.
Pierre B. überrascht Gericht: "Ich gebe Herrn Staatsanwalt recht"

Die Überraschung folgte im Plädoyer der Verteidigung: Pierre B. und sein Anwalt schlossen sich der Anklageforderung an.
"Ich gebe Herrn Staatsanwalt recht, dass ich eine gewisse Zeit brauche", erklärte der einstige Wüterich, der die Verhandlung in fast meditativer Ruhe verfolgte.
Im Prozess war auch bekannt geworden, dass der gebürtige Sachsen-Anhalter wegen seines impulsiv-aggressiven Verhaltens schon seit seinem zweiten Lebensjahr die Behörden beschäftigt.
Bis zur Volljährigkeit ordneten Ämter und Gerichte bereits 19 Maßnahmen an - von der Familienhilfe über Inobhutnahmen bis hin zu Heim- und Klinikaufenthalten. Alles ohne Erfolg.
Am 11. August will das Landgericht ein Urteil sprechen. Es ist wohl das letzte Mal, dass Pierre B. auf die Milde des Jugendstrafrechts hoffen kann - und Sicherungsverwahrung noch kein Thema ist.
Titelfoto: Montage: Silvio Bürger; Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa