Sachsens bizarrster Prozess: Als Mann zugelangt - als Frau vor Gericht

Leipzig - Sie ist eine der skurrilsten Personen der rechten Szene: Nur wenige Wochen nach Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes war der Hallenser Sven Liebich (56) einer der Ersten in Deutschland, der standesamtlich sein Geschlecht wechselte. Als Marla-Svenja Liebich musste sich die bärtige Dame jetzt vor dem Leipziger Landgericht mit einer handfesten Episode aus ihrem Vorleben auseinandersetzen.

Mit großem Hut und knallroten Lippen gab Marla-Svenja Liebich (56) vor Gericht ganz die vornehme Dame.
Mit großem Hut und knallroten Lippen gab Marla-Svenja Liebich (56) vor Gericht ganz die vornehme Dame.  © Lucas Böhme

Als Mann schon ließ er keine Provokation aus, in Frauengestalt versucht Liebich den Ruf nun offenbar noch zu toppen.

Mit breitkrempigem Hut, Oberteil mit Leopardenbesatz, grellrot gefärbten Lippen und Fingernägeln, gestützt auf einen antiquierten Gehstock, präsentierte sich die Gewandelte vor Gericht.

Ob sich Liebich tatsächlich als Frau fühlt oder das Ganze nur ein Spiegel sein soll, um der Gesellschaft die Absurditäten vorzuführen, die das neue Gesetz zulässt, ist unklar.

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Vor dem Landgericht ging es zumindest um ein echtes Männerstück. Liebich wurde vorgeworfen, bei einer Corona-Demo am 7. November 2020 in Leipzig mit drei Bekannten einen Demo-Fotografen geschlagen zu haben.

Das Amtsgericht hatte ihn 2023 schuldig gesprochen und eine siebenmonatige Haft ohne Bewährung verhängt.

Doch kein Frauenknast ...

Bei einem Prozess 2022 in Chemnitz hatte es die Justiz noch mit dem maskulinen Sven zu tun.
Bei einem Prozess 2022 in Chemnitz hatte es die Justiz noch mit dem maskulinen Sven zu tun.  © privat

Im Berufungsprozess stellte das Landgericht das Verfahren am Freitag allerdings ein. Das Geschehen sei unübersichtlich und dynamisch gewesen, begründete Richter Berthold Pfuhl.

Auf zuvor gesichteten Videoaufnahmen war zu sehen, dass der Fotograf ebenfalls zuschlug. Das Ermittlungsverfahren gegen den Journalisten war bereits eingestellt worden.

Mit der Verfahrenseinstellung erspart sich Sachsens Justiz zumindest eine brisante Entscheidung.

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Denn es war bislang strittig, ob man die bärtige Hut-Lady, die noch immer über die männlichen Geschlechtsmerkmale verfügt, tatsächlich in einen Frauenknast stecken kann.

Titelfoto: Bildmontage: Lucas Böhme; privat

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