Tödlicher Stich mit Gemüsemesser: Was hat sich wirklich im Leipziger Süden abgespielt?

Leipzig - Es war ein sonniger Tag im Jahr 2023, als sich im Leipziger Süden tragische Szenen abspielten: Ein Mann verlor durch einen Messerstich sein Leben, ein anderer Mann wurde verhaftet. Am heutigen Freitag hat der Prozess gegen Michael O. (60) begonnen - er muss sich wegen Totschlags vor dem Landgericht Leipzig verantworten.

Michael O. (60, r.) muss sich seit Freitag wegen Totschlags vor dem Landgericht Leipzig verantworten.
Michael O. (60, r.) muss sich seit Freitag wegen Totschlags vor dem Landgericht Leipzig verantworten.  © Christian Grube

Laut Anklage soll Michael O. am Nachmittag des 8. Septembers bei einem Streit im Hof eines Mehrfamilienhauses an der Richard-Lehmann-Straße mit der acht bis zehn Zentimeter langen Klinge eines Gemüsemessers in Brustkorbhöhe des Opfers gestochen haben - der Mann erlag seinen Verletzungen.

Die Verteidigung verlas eine Erklärung: Der Angeklagte habe das Messer zur Abwehr gegen einen körperlichen Angriff genutzt - es sei also eine notwendige Verteidigung gewesen.

Michael O. selbst sagte aus: "Ich bestreite, dass ich die Absicht hatte, ihn zu verletzten oder gar zu töten." Er sei nach einem Einkauf bei Aldi in die Straßenbahn gestiegen und zu seiner Lebensgefährtin in das Haus an der Richard-Lehmann-Straße gefahren.

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Schon vor der Tür habe ihn das Opfer bedroht; Schlüssel, Geld und Medikamente gefordert - "wie üblich", erklärte der 60-Jährige. Er beschrieb den Alltag als von Angriffen geprägt: "Die Streitereien gingen darum, dass ich ihn hereinlasse." Er habe einen Schlüssel zur Wohnung seiner Partnerin gehabt, das Opfer nicht.

Zum Verhältnis zwischen der Frau und dem Verstorbenen sagte er: "Ich gehe davon aus, dass die beiden mal kurzfristig sexuellen Kontakt hatten." Eine Paarbeziehung hingegen nicht.

In der linken Hand ein Apfelstrudel, in der rechten Hand ein Messer

Am 8. September 2023 kam es im Leipziger Süden zu einem tödlichen Messerstich. (Archivbild)
Am 8. September 2023 kam es im Leipziger Süden zu einem tödlichen Messerstich. (Archivbild)  © Silvio Bürger

Am Tattag habe er an der Tür seinen Schlüssel aus der Tasche holen wollen - doch wegen einer Verletzung am Finger (die ihm das Opfer in der Vergangenheit zugefügt habe) könne er keine Gürtel benutzen - die Hose sei heruntergerutscht, dabei sei das Messer herausgefallen.

Da er keine Zähne habe, trage er das bunte Messer aus einem Vierer-Pack für 2,99 Euro zum Schneiden von Lebensmitteln bei sich.

Beim Aufschließen der Tür habe er über die Schulter geblickt und gesehen, wie der Mann auf ihn zugerannt sei. Mit dem Messer in drei Fingern der rechten Hand und einem gefrorenen Apfelstrudel in der linken Hand, habe er versucht, seinen Gegner abzuwehren. Doch dann sei es zum tödlichen Stich gekommen: Das Opfer habe sich "ruckartig nach vorne gedreht und gleich wieder zurück".

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Daraufhin sei der 60-Jährige zu seiner Lebensgefährtin gelaufen, habe ihr von dem verletzten Opfer erzählt und gesagt, dass er die Polizei rufen wolle.

Zurück am Tatort habe er den Mann am Boden liegen sehen - da er nicht gewusst habe, ob der Verletzte simuliere und Michael O. dem Opfer körperlich unterlegen sei, habe er von der Straßenbahnhaltestelle HTWK aus einen Rettungswagen gerufen. Als die Polizei kam, habe er gesagt, wer er ist und wo sich das Messer befindet.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

Titelfoto: Christian Grube

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