Solingen-Anschlag: Jetzt zieht die Opposition vor das Verfassungsgericht

Von Frank Christiansen

Düsseldorf - Für die Aufklärung der Umstände des Terroranschlags von Solingen zieht die Opposition vor den Verfassungsgerichtshof in Münster. Statt der versprochenen Transparenz erlebe man im Untersuchungsausschuss eine Blockadehaltung der Regierungsfraktionen CDU und Grüne, sagte SPD-Obfrau Lisa Kapteinat (36).

Übt deutliche Kritik an der Aufklärung der Umstände des Terroranschlags von Solingen: SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Lisa-Kristin Kapteinat (36).
Übt deutliche Kritik an der Aufklärung der Umstände des Terroranschlags von Solingen: SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Lisa-Kristin Kapteinat (36).  © Rolf Vennenbernd/dpa

So habe die Ausschussmehrheit aus beiden Fraktionen Beweisanträge abgelehnt, die Chat-Kommunikation von vier wichtigen Mitarbeitern des Fluchtministeriums von Ministerin Josefine Paul (43, Grüne) zur Verfügung zu stellen. Diese seien eng in die Kommunikation der Landesregierung am Anschlagswochenende eingebunden gewesen.

"Es handelt sich um Schlüsselfiguren dieses Wochenendes", sagte Kapteinat. Die Vertreter von SPD und FDP sind überzeugt, dass die Ablehnung der Beweisanträge verfassungswidrig ist, entsprechend werde die Klage beim Verfassungsgericht von beiden Fraktionen getragen. Die Begründung, es handele sich um Anträge "ins Blaue hinein", sei nicht nachvollziehbar.

"Uns wurde von Ministerpräsident Hendrik Wüst persönlich maximale Transparenz versprochen, was wir seitdem erleben, gleicht eher einer maximalen Blockade", sagte Kapteinat. Die Ablehnung der Beweisanträge der Opposition sei klar unzulässig.

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Die Opposition will Telekommunikations-Verbindungsdaten und Chat-Kommunikation insbesondere vom Anschlagswochenende sichten. Dabei stehe auch die Frage im Raum, ob Ministerin Paul die Wahrheit gesagt hat.

Bereits erste Verfassungsklage anhängig

NRW-Familien- und Gleichstellungsministerin Josefine Paul (43, Grüne) steht im Zentrum der Kritik.
NRW-Familien- und Gleichstellungsministerin Josefine Paul (43, Grüne) steht im Zentrum der Kritik.  © Rolf Vennenbernd/dpa

Der Europäische Gerichtshof habe längst entschieden, dass Chat-Kommunikation in solchen Fällen zu den Akten gehört. Im Ausschuss habe man aber eine monatelange Verzögerungstaktik erlebt, die schließlich in der Ablehnung der Beweisanträge gegipfelt sei.

So sei bereits ein verdächtiges selektives Löschen dieser SMS-Kommunikation zu beobachten gewesen, was nur die Kommunikation mit Ministerin Paul betraf, berichtete Kapteinat. Daher könne sich die Landesregierung nicht mehr auf Cyber-Sicherheit als Grund der Löschaktionen berufen.

SPD und FDP hoffen, über die Mitarbeiter zumindest einen Teil der Kommunikation von und mit Ministerin Paul rekonstruieren zu können. Es gehe auch darum zu klären, ob gegen das Lösch-Verbot verstoßen wurde. "Die Antragsschrift wird heute eingereicht", sagte Kapteinat.

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Die Opposition wirft Paul vor, nach dem Terroranschlag tagelang abgetaucht gewesen zu sein und die Unwahrheit gesagt zu haben zur Frage, wann ihr Haus über wesentliche Dinge informiert wurde. Paul war auf einer Dienstreise in Frankreich.

Die Opposition im Untersuchungsausschuss war bereits wegen der Kommunikation zwischen Landtagsverwaltung und Landesregierung in der Sache vor den Verfassungsgerichtshof gezogen, nachdem ihr im Sitzungsprotokoll nachträgliche Änderungen aufgefallen waren.

Titelfoto: Rolf Vennenbernd/dpa

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