Prozess um grausamen Tod von Tim (†2): Staatsanwalt platzt der Kragen

Halle (Saale) - Wenige Tage nach seinem zweiten Geburtstag ist Tim tot. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den Ex-Lebensgefährten der Mutter und gegen sie selbst wiegen schwer. Zeugen sprechen von Veränderungen im Leben der beiden Angeklagten. Und Drogenkonsum.

Der Prozess um den Tod eines Zweijährigen aus Querfurt wurde am Dienstag vor dem Landgericht Halle fortgesetzt.
Der Prozess um den Tod eines Zweijährigen aus Querfurt wurde am Dienstag vor dem Landgericht Halle fortgesetzt.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Tim sei ein fröhliches, lebendiges Kind gewesen. "Wir haben es nicht verstanden, wie das passieren konnte", sagte die Schwester der angeklagten Mutter des Jungen am Dienstag vor dem Landgericht in Halle. Die Familie sei geschockt gewesen, als sie am 11. Juli dieses Jahres vom Tod des Zweijährigen erfahren habe.

Ihre Zwillingsschwester habe sich gut um Tim und dessen ältere Schwester gekümmert, sagte die Zeugin. Auch andere Menschen aus dem privaten Umfeld der Mutter von Tim berichteten, dass sie sich im Laufe der Zeit verändert habe. Ebenso der damalige Lebensgefährte der Alleinerziehenden.

Von regelmäßigem Drogenkonsum, Alkohol, Streit, "Schmarotzertum", Gewalt, Notrufen bei der Polizei und Kontrollen des Jugendamtes ist in den Zeugenaussagen die Rede.

Tim konnte kaum sprechen

Die Wohnung der Angeklagten soll wie eine Müllhalde ausgesehen haben.
Die Wohnung der Angeklagten soll wie eine Müllhalde ausgesehen haben.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Zugleich wird das Bild einer liebevollen Mutter und einem empathischen Freund gezeichnet.

Dem Staatsanwalt Hendrik Weber platzte indes der Kragen. Tim habe mit zwei Jahren kaum sprechen können, lediglich einige Worte.

"Seit seinem fünften Monat ist er nicht ärztlich betreut worden", sagte der Staatsanwalt. Das Kind sei nicht geimpft worden.

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"Immer wenn das Jugendamt da war, war alles toll. Hingegen wenn die Polizei kam, hat die Wohnung ausgesehen wie eine Müllhalde, dreckige Windeln lagen umher", sagte Weber.

Auch die Schwester von Tim habe Defizite in ihrer kindlichen Entwicklung erfahren.

Zweijähriger war mit Drogen vollgepumpt

Der grausame Tod des kleinen Tim hatte bundesweit für Entsetzten gesorgt.
Der grausame Tod des kleinen Tim hatte bundesweit für Entsetzten gesorgt.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Der Tod des Zweijährigen aus Querfurt (Saalekreis) hatte im Sommer dieses Jahres bundesweit für Entsetzen gesorgt. In der Kleinstadt der ländlichen Region im Süden Sachsen-Anhalts gab es Gedenkveranstaltungen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem damaligen Lebensgefährten der Mutter von Tim vor, den Zweijährigen mehrfach aus einer sadistischen Grundeinstellung heraus gequält, grausam sexuell missbraucht, erniedrigt und misshandelt zu haben.

Mit äußerster Brutalität habe der 30-Jährige auf den Jungen eingeschlagen und -getreten. Um die Straftaten, die er auch gefilmt habe, zu verdecken, habe er Tim getötet. Und sich danach schlafen gelegt.

Der 30-Jährige ist wegen Mordes angeklagt. Laut Obduktion starb der zwei Jahre alte Junge an massiven Verletzungen und war mit Drogen vollgepumpt.

Mutter soll von Grausamkeiten gewusst haben

Die 36 Jahre alte Mutter des getöteten Zweijährigen muss sich wegen Misshandlung und fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.
Die 36 Jahre alte Mutter des getöteten Zweijährigen muss sich wegen Misshandlung und fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Am 8. Juli hatte das Kind seinen zweiten Geburtstag. Am 11. Juli wurde es in der Wohnung der Mutter in Querfurt tot aufgefunden.

Die 36-Jährige muss sich wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und fahrlässiger Tötung verantworten. Sie soll von den Grausamkeiten, die ihrem Jungen angetan wurden, gewusst und ihn nicht davor beschützt haben, so die Staatsanwaltschaft.

Die beiden angeklagten Deutschen haben bisher zu den Vorwürfen geschwiegen. Im Gerichtssaal würdigten sie sich auch am zweiten Verhandlungstag keines Blickes.

Der Prozess wird am 11. Januar fortgesetzt. Das Landgericht hat bis Anfang Februar Verhandlungstage anberaumt. Die Angeklagten befinden sich in Untersuchungshaft.

Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

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