Wien (Österreich) - Weil man in der Annahme einer anderen Blutgruppe war, hat ein österreichischer Frauenmörder zwischen 1988 und 1990 mutmaßlich weiter getötet. Erst ein Zufall konnte ihn stoppen.
Im Oktober 1988 verlässt Alexandra S. (†20) gegen 2.30 Uhr die Disco "Azzurro", soll von ihrem Freund abgeholt werden, läuft ihm entgegen. Wenige Minuten später kommt er am Treffpunkt an. Von der Modeverkäuferin fehlt jede Spur. Am nächsten Morgen wird sie erdrosselt gefunden - komplett entkleidet und sitzend angebunden an einem Baum.
"Das besonders Auffällige war das Zurschaustellen dieser nackten Leiche: sitzende Stellung, die Beine offen und angebunden mit ihrem Pullover am Baumstamm", sagt der frühere Leiter der Wiener Kripo, Ernst Geiger, in einer neuen Folge der ZDF-Reihe "Wahre Verbrechen".
Die forensische Psychiaterin Dr. Sigrun Roßmanith, die mit schweren Sexualstraftätern arbeitet, weiß: "Manche Täter verstümmeln jemanden, nehmen Trophäen mit oder man legt sie obszön und demütigend ab, um zu zeigen, das ist ein Dreckstück. Das ist Rache, Wut, irgendeine Kränkung, aber nicht unbedingt vom Opfer, sondern aus irgendeiner vorangegangenen Beziehung."
An der Leiche findet sich damals Sperma. Allerdings ist eine DNA-Analyse Ende der 80er-Jahre noch nicht möglich. Immerhin die Blutgruppe kann aber bestimmt werden. Dabei geschieht allerdings ein fataler Fehler.
Wahre Verbrechen (ZDF): Unsaubere Sperma-Abschabung führt zu falscher Annahme
"Beim Abschaben des Spermas sind auch Hautschuppen vom Opfer mitgegangen", so Geiger.
So wurde die Täter-Blutgruppe 0 von der Opfer-Blutgruppe A überlagert. Fälschlicherweise ging man also davon aus, der Täter müsse A haben.
In der ersten Welle der Überprüfungen sei der später verurteilte Täter Herbert P. sogar der Hauptverdächtige gewesen, da er an dem Abend auffällig geworden war und zeitgleich mit Alexandra die Disco verlassen hatte.
Allerdings hat er Blutgruppe 0. Und die wird ermittlerseitig ausgeschlossen. Geiger: "Wir waren überzeugt, dass er es nicht sein konnte."
Zwei weitere Morde - Herbert P. kann keiner nachgewiesen werden
Vier Monate später wird in der Per-Albin-Hansson-Siedlung im 10. Bezirk "Favoriten" die zehnjährige Christina B. (†10) ermordet. Die halbnackte Schülerin wird am Morgen nach ihrem Verschwinden in der obersten Etage des Treppenhauses vom eigenen Vater gefunden - sexuell missbraucht, erdrosselt und am Geländer festgebunden.
Beide Fälle bleiben jahrelang ungeklärt. 2000 folgt der Durchbruch. Nach einer Kneipenschlägerei wird Herbert P. erkennungsdienstlich behandelt. Und seine DNA stimmt mit der an Alexandras Auffindeort überein.
Der Mord an Christina kann P. wegen fehlender DNA-Spuren hingegen nicht nachgewiesen werden. Dennoch wird er zu 15 Jahren Haft und Einweisung in eine Klinik verurteilt.
Die im September 1990 tot in einem Park gefundene Nicole S. (†8) geht hingegen nicht auf P.s Konto. Vielmehr wurde sie vom Freund ihrer Tante, Michael P., zunächst über einen längeren Zeitraum missbraucht und als Verdeckungstat letztlich getötet. Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt.
TV- und Streamingtipp: Immer montags bis freitags laufen neue Folgen "Wahre Verbrechen - Suche nach Gerechtigkeit" bei "hallo deutschland" (ZDF) ab 17.10 Uhr. In der Mediathek gibt's alle auf Abruf.