Erfundener Missbrauch von Mädchen in Kita: Morddrohungen gegen Erzieher

Koblenz - Eine laut Staatsanwaltschaft erfundene Vergewaltigung eines muslimischen Mädchens in einer katholischen Kita in Koblenz hat vor etwa einem halben Jahr hohe Wellen geschlagen.

Die Kita musste zeitweise wegen der massiven Anfeindungen geschlossen werden (Symbolfoto).
Die Kita musste zeitweise wegen der massiven Anfeindungen geschlossen werden (Symbolfoto).  © Thomas Frey/dpa

Wegen der folgenden Anfeindungen sind 137 Ermittlungsverfahren eingeleitet und bereits einige Geldstrafen verhängt worden, wie der Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer der Deutschen Presse-Agentur mitteilt.

Der fälschlich angefeindete Erzieher ist unterdessen nach eigenen Angaben berufsunfähig geworden und mit einer Depression in einer psychiatrischen Tagesklinik gelandet.

Im Herbst 2020 hat eine Mutter im Internet den Vorwurf erhoben, ihre damals vierjährige Tochter sei in der Katholischen Kita St. Martin auf der Pfaffendorfer Höhe vergewaltigt worden. Zehntausende klicken das Video an.

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Für die Ermittler steht unter anderem nach gynäkologischen Untersuchungen des Kindes noch am vermeintlichen Tattag und weiteren Analysen rasch fest: Die Vorwürfe sind nicht haltbar.

Dennoch bricht über die Kita, ihren damals einzigen männlichen Erzieher und die Ermittler selbst ein internationaler Shitstorm herein.

Nach Morddrohungen bekommt der Erzieher vorübergehend Polizeischutz. Der Kindergarten macht zwei Wochen lang zu. Die Mutter hat in dem Video in arabischer Sprache mit deutschen Untertiteln von einer Vergewaltigung ihrer Tochter durch mehrere Männer, gefilmtem Gruppensex und Schlägen gegen Kinder gesprochen.

Erzieher sei geraten worden Namen zu ändern

Die Polizei klärte unter anderem mit einem Schreiben auf (Symbolfoto).
Die Polizei klärte unter anderem mit einem Schreiben auf (Symbolfoto).  © Thomas Frey/dpa

Gegen die Eltern des Mädchens sind laut Brauer keine Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat eingeleitet worden. "Es muss derzeit davon ausgegangen werden, dass die Eltern davon überzeugt sind, dass es zu einem Missbrauch ihres Kindes gekommen ist", erläutert der Generalstaatsanwalt. "Die Eltern haben Koblenz verlassen. Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt."

Dem Erzieher ist nach eigener Auskunft von der Polizei zuerst geraten worden, seinen Namen zu ändern und ins Ausland zu ziehen. Später habe er einen Herzinfarkt erlitten, sagt der Erzieher der dpa. Von Eltern seien drei weitere Strafanzeigen mit falschen Vorwürfen gegen ihn gestellt worden.

"Zum Beispiel soll ich mit einem Wohnmobil Kinder eingesammelt und mit ihnen Pornos gedreht haben", sagt der 44-Jährige, der zur Sicherheit seinen Namen nicht nennen will.

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Die Betreibergesellschaft des Kindergartens, die Katholische KiTa GmbH Koblenz, teilt mit: "Die Mitarbeitenden sind aufgrund der Drohungen und der vorübergehenden Kita-Schließung wachsamer und sensibler geworden." Immerhin entwickele sich für sie nach und nach "ein Arbeitsalltag, der mit der Zeit vor den belastenden Ereignissen vergleichbar ist". Sie würden weiter professionell begleitet.

Wegen Corona gebe es in der Kita gegenwärtig ohnehin "auch Zutrittsbeschränkungen für erwachsene Personen".

Staatsanwaltschaft geht gegen Anfeindungen, Verleumdungen und Mordaufforderungen vor

Generalstaatsanwalt Brauer erklärt zu den 137 Verfahren wegen Anfeindungen vor allem im Internet von Verleumdungen bis hin zu öffentlichen Aufforderungen zu Mord: "In 30 Verfahren haben wir einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt, 10 Verfahren davon sind rechtskräftig abgeschlossen. Es wurden überwiegend Geldstrafen bis zu 100 Tagessätzen verhängt/beantragt."

In einem weiteren Fall wurde Anklage erhoben, sieben Verfahren wanderten zu anderen deutschen Staatsanwaltschaften und eines zu Behörden in Österreich. 37 Ermittlungsverfahren wurden laut Brauer eingestellt. 15 sind noch anhängig. In 46 Fällen konnte kein Täter ermittelt werden. "Ob und wenn ja welche Täter aus dem islamistischen Umfeld stammen, lässt sich nicht tragfähig einschätzen", ergänzt der Generalstaatsanwalt.

Titelfoto: Thomas Frey/dpa

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