Hochstapler in Weiß: Falscher Arzt beschäftigt Sachsens Ermittler
Leipzig - Er praktizierte in Leipzig als Allgemeinarzt, machte für einen Bereitschaftsdienst Hausbesuche und versuchte sich später als Telemediziner: "Dr." Sascha Robert (33). Seit mehr als zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Fake-Mediziner - ein Ende ist nicht in Sicht. Offenbar hat der Hochstapler mehr Schaden angerichtet, als bislang bekannt ist.

Die öffentliche Warnung der Sächsischen Landesärztekammer (SLÄK) vor dem falschen Arzt Sascha Robert ist noch immer scharf.
Was daran liegt, dass es belastbare Hinweise gibt, dass der Hochstapler auch nach seiner Enttarnung Ende 2020 seine Doktorspiele fortführte - als Telemediziner von seiner Heimatstadt Berlin aus.
Die Internetseite der von ihm erfundenen "Teleklinik" ist inzwischen down, auch vom Portal eines Hausbesuchsdienstes für Selbstzahler ist er verschwunden.
Bis zur Razzia im Dezember 2020 hatte Robert als vermeintlicher Facharzt für Allgemein- und Notfallmedizin mehrere Monate lang im Stadtteil Großzschocher eine Privatpraxis betrieben.
Dutzende Patienten haben sich nach der Enttarnung des einstigen Krankenpflegers durch die Ärztekammer bei den Behörden gemeldet.

"Es handelt sich um eine Vielzahl von aufzuklärenden Taten"

Die Ermittlungen, die durch das für besonders schwere Betrugsdelikte zuständige Fachkommissariat der Polizei geführt werden, seien noch längst nicht abgeschlossen, erklärte Staatsanwältin Christine Schumann am Mittwoch auf Anfrage. "Es handelt sich um eine Vielzahl von aufzuklärenden Taten, was die Ermittlungen sehr komplex gestaltet."
Zu möglichen Gesundheitsschäden, die durch die Behandlung des Kurpfuschers entstanden sein könnten, will sich die Behörde vorerst nicht äußern.
Der wirtschaftliche Schaden soll im hohen fünfstelligen Bereich liegen. So soll Robert nahezu seine komplette Praxisausstattung von der Möblierung über medizinische Instrumente und Gerätschaften bis hin zu den Verbrauchsmaterialien bei Lieferanten nicht bezahlt haben.
Ermittelt wird gegen den inzwischen aus Sachsen abgetauchten Berliner wegen Betruges, gefährlicher Körperverletzung, Fälschung von Urkunden und Gesundheitszeugnissen sowie Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen.


Der Fall "Dr." Postel

Er war der bekannteste Hochstapler, der je im weißen Kittel in Sachsen praktizierte: Fast zwei Jahre lang mimte der Bremer Postbote Gert Postel (63) ohne medizinische Ausbildung in der psychiatrischen Klinik Zschadraß bei Leipzig den Oberarzt.
Gefälschte Dokumente und geballte Inkompetenz im Dresdner Sozialministerium ermöglichten ihm die hoch dotierte Anstellung.
Und das, obwohl er bereits mehrfach wegen seiner Hochstapelei verurteilt worden war - unter anderem hatte er sich in den 1980er-Jahren als "Dr. Dr. Clemens Bartholdy" eine Stelle als Amtsarzt in Flensburg erschwindelt.
Im Juli 1997 flog "Doktor Postel" auch in Sachsen auf. Eine (echte) Ärztin aus Norddeutschland hatte den wahren Postel erkannt.
Im Januar 1999 wurde er vom Landgericht Leipzig zu vier Jahren Haft verurteilt.
Seit seiner Entlassung betätigt sich der Hochstapler als Buchautor und Selbstvermarkter.
Titelfoto: Montage: Alexander Bischoff, Repro Alexander Bischoff