Mit neuer Identität: Leipziger Stückelmörder nach nicht einmal 13 Jahren freigelassen
Leipzig - Im November 2011 wurden im Leipziger Elsterbecken Teile einer zerstückelten Leiche gefunden. Was sich in den darauffolgenden Ermittlungen offenbarte, war eines der abartigsten Verbrechen der sächsischen Kriminalgeschichte. Knapp 14 Jahre später ist der Stückelmörder, der laut gerichtlicher Feststellung aus reiner Mordlust tötete, wieder auf freiem Fuß. Die Justiz glaubt, dass der einst von Tötungsfantasien getriebene Killer keine Gefahr mehr für seine Mitmenschen ist.

Er hatte sich den Mord zu seinem 23. Geburtstag "geschenkt": Am 12. Oktober 2011 lockte Benjamin H. seinen Bekannten Jonathan (23) in seine Wohnung in Leipzig-Lindenau.
Der Manga-Fan war völlig arglos, wähnte sich auf einer Geburtstagsparty. Doch kaum hatte er die Wohnung betreten, fand er sich in einem Horrorfilm wieder, der ihm einen qualvollen Tod bringen sollte.
Nach gerichtlicher Feststellung schlug er seinen Kumpel zunächst mit einer Hantelstange nieder. Anschließend stach er ihn mit einem Dolch in den Hals und 22 Mal in den Rücken.
Den sterbenden Jonathan schleppte er anschließend in die Badewanne und schnitt ihm dort Penis und Hoden ab. Laut rechtsmedizinischem Gutachten war das Opfer bei der Kastration noch am Leben.
Nach Eintritt des Todes zersägte der Killer die Leiche, stopfte die einzelnen Körperteile zunächst in seinen Kühlschrank. Danach ging er auf eine Party. Nach der Rückkehr brachte er mehrere Leichenteile in einem Rucksack zum Elsterbecken und warf sie in den Fluss.

Weitere Mordpläne auf Festplatte entdeckt

Auf einer Festplatte und einem Diktiergerät, die Polizisten später bei Benjamin H. sicherstellten, fand sich eine Art Drehbuch des Mordes.
Darin auch Hinweise auf die Vergewaltigung des Opfers, auf Schändung des Kopfes und Kannibalismus mit Fleisch aus der Wade - eine mögliche Erklärung, warum der Kopf des Opfers und die Unterschenkel bis heute nicht gefunden wurden. Auch detaillierte Pläne für mindestens fünf weitere Morde fanden sich auf der Festplatte.
"Ob Sie jemals wieder in Freiheit gelangen, ist ungewiss - es wird zumindest ein sehr langer Weg", sagte der Vorsitzende Richter Hans Jagenlauf zum Angeklagten, als der am 13. Dezember 2012 zu 14 Jahren Haft und vorheriger Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie verurteilt wurde.
Im Urteil hielt das Schwurgericht fest, dass er aus reiner Mordlust tötete. Seine vom Gerichtspsychiater attestierte schizoide Persönlichkeitsstörung, die ihn unentwegt wilde Tötungsfantasien entwickeln ließ, bewahrte Benjamin H. aber als "vermindert schuldfähig" vor Verurteilung zu lebenslanger Haft.
Mit neuem Namen auf Bewährung frei

Dieser von Jagenlauf prophezeite "lange Weg" endete nun schon nach nicht einmal 13 Jahren.
Wie TAG24 vom Landgericht erfuhr, ließ eine andere, für die Strafvollstreckung zuständige Strafkammer den Stückelmörder bereits am 17. Januar dieses Jahres frei.
Begründung: Laut einem neuen Sachverständigengutachten habe Benjamin H. seine schizoide Persönlichkeitsstörung dank erfolgreicher Verhaltenstherapie im Griff, sodass von ihm keine Gefahr mehr ausgehe. Die restliche Haftzeit wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Die Staatsanwaltschaft sah dies anders und legte beim Oberlandesgericht (OLG) in Dresden Beschwerde gegen die Entlassung ein, wie Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz TAG24 bestätigte. Doch das OLG schmetterte diese im März als unbegründet ab.
Der heute 36-Jährige hat inzwischen einen anderen Namen und lebt mit neuer Identität in Mitteldeutschland. Für fünf Jahre steht er unter Führungsaufsicht und muss sich einmal monatlich mit seinem Therapeuten zum Einzelgespräch treffen - so sehen es die Bewährungsauflagen vor.
Einen Wechsel seiner Identität hatte der Mann, der damals noch Benjamin H. hieß, schon einmal geplant. Seinem sichergestellten digitalen Tagebuch zufolge wollte er damals die Identität eines seiner Mordopfer annehmen.
Titelfoto: Bildmontage: Ralf Seegers; privat