Das gerettete Dorf: Bewohner atmen nach Entscheidung auf

Leipzig - Keine knallenden Sektkorken, keine Freudentänze auf dem Dorfplatz: Das große Hurra in Pödelwitz blieb aus. Grund zum Feiern hätten die 37 Bewohner allemal. Das Bergbauunternehmen Mibrag verzichtet auf die Abbaggerung des Dorfes (TAG24 berichtete). Ein Stimmungsbild nach der Entscheidung.

Eine runde Sache: Pödelwitz im Leipziger Südraum wird nicht abgebaggert. Die Mibrag als Betreiber des Tagebaus "Vereinigtes Schleenhain" (im Hintergrund) verzichtet auf die Kohle unter dem Dorf.
Eine runde Sache: Pödelwitz im Leipziger Südraum wird nicht abgebaggert. Die Mibrag als Betreiber des Tagebaus "Vereinigtes Schleenhain" (im Hintergrund) verzichtet auf die Kohle unter dem Dorf.  © dpa/Jan Woitas

Viel Sachsen kommt hier nicht mehr, zumindest wenn man nach Westen blickt. Viel los ist auch nicht.

Pödelwitz im Leipziger Südraum ist leer. Der kanariengelbe Kleinwagen eines Pflegedienstes fährt vorbei, ein Schulbus. Das war's ...

Im Bürgerhaus sitzt Jens Hausner (55). Er wirkt müde. "Ich habe die Nacht kaum ein Auge zu gekriegt", sagt er hinter seiner Maske. Der Vortag habe ihn ganz schön mitgenommen.

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Zwölf Jahre hat Hausner für den Erhalt des Dorfes gekämpft, zuerst unorganisiert, ab 2013 mit der Gründung der Bürgerinitiative "Pro Pödelwitz".

Klar, sei die Entscheidung ein Erfolg. Grund zum Feiern gäbe es aber erst, wenn alle Dörfer, die in Deutschland von Abbaggerung bedroht sind, gerettet seien. "Dann wird richtig gefeiert."

Noch voller Adrenalin: Jens Hausner (55), Sprecher der Bürgerinitiative "Pro Pödelwitz".
Noch voller Adrenalin: Jens Hausner (55), Sprecher der Bürgerinitiative "Pro Pödelwitz".  © Holm Helis

"Wir wollen mitbestimmen, was jetzt aus unserem Dorf wird"

Verlassen: 80 Prozent der ursprünglich 140 Pödelwitzer sind bereits umgesiedelt. Die leeren Gehöfte gehören der Mibrag.
Verlassen: 80 Prozent der ursprünglich 140 Pödelwitzer sind bereits umgesiedelt. Die leeren Gehöfte gehören der Mibrag.  © Holm Helis

Auf dem Weg zurück zu Hausners Gehöft fährt Thilo Kraneis (54) im Blaumann vorbei. Sein Metallbaubetrieb liegt gleich nebenan.

Ein krachledernes Statement vom Handwerker?

Er habe Freude und Dankbarkeit empfunden, als er die gute Nachricht hörte, sagt Kraneis nur. Und, dass er sich freue. Auf die Zukunft.

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"Wir wollen mitbestimmen, was jetzt aus unserem Dorf wird." Grundsätzlich und auch im Hinblick auf die verlassenen und leerstehenden Häuser und Höfe.

Rund 100 Pödelwitzer von ursprünglich 140 haben bereits die Flucht nach vorn angetreten und sind im Rahmen des Umsiedlungsvertrags von 2012 umgezogen.

Rein rechtlich sind Pödelwitzer Anwesen Eigentum der Mibrag

Maik Kunze (54, CDU), Bürgermeister von Groitzsch: "Endlich Klarheit!"
Maik Kunze (54, CDU), Bürgermeister von Groitzsch: "Endlich Klarheit!"  © Holm Helis

Vielleicht 60 von ihnen wohnen im nahen Groitzsch, schätzt der Bürgermeister der 8000 Einwohner zählenden Stadt, Maik Kunze (54, CDU).

Rein rechtlich seien die Pödelwitzer Anwesen Eigentum der Mibrag, sagt er.

Telefonschalte mit Mibrag-Geschäftsführer Armin Eichholz (56). Eine kurzfristige Entscheidung zum Verkauf der Grundstücke werde es nicht geben. Wegen der jetzt nötigen Neuordnung der Tagebaufolgelandschaft, so Eichholz.

Der Himmel über dem Dorf ist grau. Eigentlich müsste er himmelblau sein. Die Zukunft ist gesichert.

Doch wenn die Pödelwitzer mitbestimmen wollen, was in ihrem Dorf passiert, müssen sie weiter kämpfen. Sonst bleibt der Himmel vielleicht weiter grau.

Titelfoto: Holm Helis

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