Naunhof - Alle Jahre wieder leuchtet zu Weihnachten auf dem Dresdner Striezelmarkt der Tannenbaum. Pyramiden drehen sich und der Duft von Glühwein schwängert die Luft. Doch nicht alle Sachsen können das Fest der Liebe zu Hause gemeinsam mit ihren Liebsten feiern.
Für Sarah Eichelbaum (30) aus Naunhof (bei Leipzig) ist das Weihnachtsfest eher ein Großkampftag als besinnliche Zeit zum Abschalten.
Zu Weihnachten zupft jeder aus ihrer weit verflochtenen Patchworkfamilie an ihr, um ein paar Stunden der besinnlichen Tage mit ihr gemeinsam ergattern zu können.
"Dann besuche ich nicht nur meine Eltern, die Großeltern und meine drei Geschwister, sondern auch Urgroßopi Dieter, der gerade 90 Jahre alt geworden ist. Bei Oma Martina kommt traditionell Gans mit Rotkraut und ihren selbstgemachten leckeren Klößen auf den Tisch."
Familienfreude pur, doch manchmal mehr Hetze als Herzlichkeit. Besinnlich und geruhsam sieht anders aus.
Sarah schippert auf Kreuzfahrtschiffen um die Welt
Statt Verwandtschafts-Hopping steht dieses Jahr Insel-Hopping auf Sarahs Festprogramm. Sie hat getauscht - heimatlichen Glühweinduft gegen Seeluft.
Denn Sarah arbeitet über Weihnachten auf der "Mein Schiff 7" - einem schwimmenden Arbeitsplatz: 316 Meter lang, 36 Meter breit und an Heiligabend etwa 3500 Kilometer Luftlinie von Sachsen entfernt.
Während ihre Großfamilie in Leipzig diesmal ohne Sarah unterm Tannenbaum Geschenke auspackt, schippert sie zwischen Lanzarote (Kanaren) und Agadir (Marokko) bei einem Seetag über den Atlantik. Anschließend geht das Schiff auf mehreren kanarischen Inseln vor Anker.
Als Vize-Chefin für die Organisation von Landausflügen (offizielle Offiziers-Dienststellung: Assistant Shore Excursion Manager) ist Sarah auf dem Schiff für ein 18-köpfiges Team von Tour- und Fahrrad-Guides verantwortlich.
Die teilt sie als Tourenführer für exotische Exkursionen zu Land und Leuten sowie auf Radtouren in fernen Gefilden ein und organisiert Busse in Zusammenarbeit mit den örtlichen Ausflugsagenturen, Restaurantbesuche und ordert Eintrittstickets für Kreuzfahrtgäste.
Auch an Bord wird gefeiert
Doch bevor es am 25. Dezember wieder auf Landgang in Marokko geht, wird an Heiligabend im Atlantik-Restaurant der typische Weihnachtsbraten mit Kartoffeln und Rotkraut kredenzt.
"Zur Feier des Tages begleiten wir Offiziere in Uniform und eleganten Jacketts die ebenfalls festlich gekleideten Gäste zu ihren Tischen, geben ein Gläschen Sekt aus."
Der gesamte Ozeanriese hat sich längst in ein Weihnachtsschiff verwandelt. "An Bord ist alles festlich geschmückt. An der Rezeption auf Deck 3 steht ein großer Weihnachtsbaum und auf dem Pooldeck eine große Lichtinstallation in Form einer riesigen Christbaumkugel", erzählt Sarah.
"Oh, es riecht gut - oh, es riecht fein" wird bei der Weihnachtsshow im Schiffstheater nicht nur gesungen, sondern ist das Motto während der gesamten Weihnachtstour.
Ein bisschen Heimat gibt es auch auf dem Schiff
Sarah: "In der Küche werden Plätzchen gebacken, es gibt Pfefferkuchen und selbstgemachten Stollen."
Auf dem Sonnendeck wird allwöchentlich sogar ein kleiner "Striezelmarkt" aufgebaut mit Weihnachtsknabbereien aus Sarahs Heimat: Kräppelchen (für alle Nicht-Sachsen als "Schmalzgebäck" angepriesen), Pfefferkuchen und natürlich Glühwein. Einziger Unterschied zum Dresdner Original: Der Weihnachtsmann trägt hier bei 25 Grad Badehose.
Sarahs eigenes Weihnachtsmenü kommt später in der Crew-Messe oder bei der kleinen Teamfeier im Büro auf den Tisch. Die Crew wichtelt auch. "Weil ich Schildkröten liebe und sammele, bekomme ich meist Stifte, Radiergummis oder Brillenetuis mit Schildkröten geschenkt."
Einziger Weihnachtskontakt mit der Familie in Leipzig: Videoanrufe und Handyfotos mit Festtagsgrüßen. "Im Februar bin ich dann wieder zu Hause, dann wird Weihnachten nachgefeiert", verspricht Sarah.
Einige Weihnachtstraditionen übernimmt sie auch an Bord
Die Geschenke für die Familie hat sie schon bei ihrer jüngeren Schwester Sophie (24) in Auftrag gegeben. Sarah selbst wünscht sich diesmal neben netten Stunden bei den Liebsten daheim etwas finanzielle Unterstützung, "damit ich Ende 2026 mit einer Freundin vom Schiff in einen Australien-Urlaub starten kann".
Noch öffnet sie in ihrer Crewkabine Tag für den Tag den Adventskalender und zählt die Tage bis Heiligabend. Vor ihrer Kabinentür wartet das schwimmende Weihnachtsland. Nur eines fehlt: Spekulatius.
"Deshalb habe ich mir die Plätzchen von zu Hause mitgebracht", verrät Sarah und lässt sich bis zur Bescherung die leckeren Weihnachtssouvenirs aus der Heimat schmecken.