Erfolgsgeschichte aus Leipzig: Spreadshirt macht jeden Kunden zum Designer
Leipzig - Sie sind bei Junggesellenabschieden dabei, spielen bei Fußballturnieren mit und kuscheln manchmal sogar beim Sex im Bett: Die Firma Spreadshirt druckt Logos, Grafiken oder freche Sprüche mit Technologie made in Saxony auf T-Shirts, Vereinstrikots oder Schlafanzüge. Ihre Textilien, die an die Haut gehen und bis ins Bett mitkommen, sind waschechte Leipziger. Wir stellen die Textilgrafiker und -produzenten vor.

Spreadshirt entstand wie Facebook - als studentisches Start-up. Der damalige Wirtschaftsinformatik-Student Lukasz Gadowski (heute 47) beriet im Rahmen eines Studienprojekts eine kleine Textildruckerei in Kassel.
Die hatte ein großes Problem mit kleinen Stückzahlen: Das Bedrucken von T-Shirts mit individuellen Designs war langwierig und vor allem teuer - für eine Handvoll bedruckter Textilteile für Kleinkunden kaum lohnenswert.
Da hatte Gadowski, der unter anderem an der Georgia Tech in Atlanta und der Handelshochschule Leipzig studierte, eine druckreife Idee.
Er ersann und entwickelte eine Online-Plattform, über die man nicht nur eigene individuelle Designs auf Textilien gestalten, sondern die bedruckten T-Shirts auch gleich produzieren lassen konnte.
Spreadshirt sollte jedem das Bedrucken von Shirts ermöglichen

Nachdem die Idee geboren war, ging's fix. Gadowski bastelte eine erste Webseite zusammen und gründete 2002 gemeinsam mit Kompagnon Matthias Spieß in Leipzig die Spreadshirt GbR - zu Deutsch etwa: "Hemden ausbreiten".
Die Vision der beiden: Spreadshirt sollte allen passen. Die Entwickler wollten das Bedrucken von T-Shirts in allen Größen für jedermann ermöglichen, ohne dass man ein Grafikexperte oder Textilfachmann sein musste.
Plötzlich ließen sich mit ein paar Klicks nicht nur einfarbige Shirts mit bunten Motiven oder Logos verzieren.
Auch auf Pullovern, Taschen und Schürzen prangten Aufdrucke von Spreadshirt. Wer nicht selbst kreativ werden will, kann vorgefertigte Motive nutzen und mit Schriftzügen ergänzen.
Neben T-Shirts können auch andere Produkte bedruckt werden

"Wir bieten auf unserem Marktplatz inzwischen über 10 Millionen Motive an, die sich mit über 200 Produkten kombinieren lassen", sagt der heutige Vorstandsvorsitzende Dr. Julian de Grahl (52).
Längst lassen sich nicht nur T-Shirts und Taschen bedrucken oder auch besticken, sondern zum Beispiel auch Jacken und Westen, Hosen und Shorts sowie Basecaps und Mützen.
Aber auch Badeschuhe, Socken, Schals, Regenschirme, Schlafanzüge und Arbeitsbekleidung werden via Spreadshirt geordert.
Firmen können zudem mit einem T-Shirt-Shop auf ihrer Webseite eigene Werbeartikel verkaufen.
Neuerdings heißt es, kleb dir einen, denn es lassen sich auch Sticker entwerfen - wahlweise auf matter, glänzend weißer oder transparenter Oberfläche.
Spreadshirt hat Online-Shops in über 18 Sprachen

Zu den prominenten Kunden und Partnern zählen die Pittsburgh Steelers (NFL), die Festivals "Rock am Ring" sowie "Rock im Park", aber auch namhafte Influencer, YouTuber, Künstler und Bands.
"Eine besonders charmante Geschichte stammt von einer Kundin aus Dänemark, die über längere Zeit hinweg ausschließlich Produkte mit Gorilla-Motiven bestellte", erinnert sich der Geschäftsführer.
"Sie sprach am liebsten mit einem unserer dänischsprachigen Mitarbeiter, weil sie sich mit ihm über ihre große Leidenschaft für Gorillas austauschen konnte. Im Gespräch erzählte sie, dass ihr Zuhause ganz im Zeichen der Tiere steht - inklusive eines eigenen Gorilla-Schreins, mit dem sie ihre Faszination würdigt."
Inzwischen hat sich die Spread Group mit Hauptsitz in Leipzig getreu ihrem Namen in Europa und Nordamerika sowie Australien "ausgebreitet" und ist mit Online-Shops in über 18 Sprachen vertreten.
Gründer ist heute Risikokapitalgeber

Den Jahresumsatz von rund 170 Millionen Euro erwirtschaften weltweit 1000 Mitarbeiter.
"Produziert wird in Leipzig, Legnica (Polen), Krupka (Tschechien) und Las Vegas (USA)", sagt de Grahl. "Am beliebtesten sind dabei unsere Produkte aus Bio-Baumwolle und der Digitaldruck, weil er sich besonders gut für Einzelstücke eignet."
Die Konfektionsgrößen reichen dabei von XS bis 5XL, doch auch für Kinder sind Produkte im Spreadshirt-Sortiment.
Und was wurde eigentlich aus dem Gründer?
Der Deutsch-Pole Lukasz Gadowski ist heute Risikokapitalgeber, investierte in den Solaranlagen-Vermieter Enpal und hält Anteile am Carsharinganbieter Miles Mobility.
Probleme gibt's bisweilen auch

Die große Freiheit, dass jeder eigene Designs und Motive entwerfen kann, hat auch ihre Kehrseite. Denn dabei wird manchmal frech kopiert.
So klagte vergangenes Jahr eine Bremer Boutique-Betreiberin, weil Nachahmungen ihrer Designs über die Kreativplattform verkauft wurden. 2020 erstattete der Staatsschutz Anzeige, weil auf der Website ein T-Shirt mit einem gelben "Judenstern" und dem Schriftzug "nicht geimpft" angeboten worden war.
Jetzt hat der US-Musiker und Modedesigner Pharrell Williams (52) die Leipziger T-Shirt-Plattform auf 14 Millionen US-Dollar (rund 12 Millionen Euro) Schadenersatz verklagt. Als Grund nannte der Anwalt der US-Onlineplattform AllHipHop den Verkauf gefälschter Produkte von Pharrells Modemarke "Billionaire Boys Club" (BBC) über die Plattform.
Spreadshirt will sich nicht zu einem laufenden Verfahren äußern. Eine Sprecherin der Spread Group versichert aber, "dass das Unternehmen geistige Eigentumsrechte sehr ernst nimmt".
Titelfoto: Bildmontage: Spreadshirt/PR; imago/Sebastian Willnow