Eine Hassliebe feiert Jubiläum: Vor 55 Jahren trafen die ersten Tatras in Leipzig ein

Von Lutz Brose

Leipzig - Sie wurden nur widerwillig gekauft, erwiesen sich als Stromfresser und sorgten sogar dafür, dass manche Tram-Strecke aufgegeben werden musste. Zum Jahreswechsel 1968/69 trafen die ersten Tatra-Bahnen in Leipzig ein. 55 Jahre später haben sich die Straßenbahnen zum Kult entwickelt.

Vor 55 Jahren trafen die ersten Tatras in Leipzig ein. Die Straßenbahnen erwiesen sich als deutlicher Schritt zurück im Vergleich zu den Bahnen, die zuvor in der Messestadt eingesetzt wurden.
Vor 55 Jahren trafen die ersten Tatras in Leipzig ein. Die Straßenbahnen erwiesen sich als deutlicher Schritt zurück im Vergleich zu den Bahnen, die zuvor in der Messestadt eingesetzt wurden.  © Lutz Brose

Die Weichen für die Tatras stellte ein schon lange vor ihrer Ankunft gefasster Beschluss des damaligen Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe. Demnach sollten alle Straßenbahnen für den Ostblock nur noch in den ČKD Tatra-Werken in Prag konstruiert und gebaut werden. Bis 1986 wurden von dort insgesamt 600 Triebwagen und 273 Beiwagen nach Leipzig ausgeliefert, die größte jemals an einen deutschen Verkehrsbetrieb ausgelieferte Straßenbahnserie!

Wie der Städtische Nahverkehr Leipzig (l-nv.info) auf seiner Internetseite dazu weiter informiert, haben die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) die neuen Bahnen dem Vernehmen nach nur widerwillig gekauft. Kein Wunder, denn mit den Tatras mussten die Messestadt und ihre Bürger gleich mehrere Einbußen hinnehmen.

Die damals neuen Bahnen weisen die höchste Einstiegshöhe aller jemals in Leipzig eingesetzten Straßenbahnen auf. Menschen mit Behinderung und ältere Personen schaffen es manchmal nur mithilfe anderer Fahrgäste, in die Tschechen-Bimmel einzusteigen.

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Bahnen bleiben Leipzig erhalten

Inzwischen haben sich die blau-gelben Bimmeln jedoch zum Kult entwickelt, sind für Touristen eines der beliebtesten Fotomotive innerhalb der Messestadt.
Inzwischen haben sich die blau-gelben Bimmeln jedoch zum Kult entwickelt, sind für Touristen eines der beliebtesten Fotomotive innerhalb der Messestadt.  © Lutz Brose

Anfangs fuhren die Tatras als Solowagen. Dadurch hatte sich das Fassungsvermögen gegenüber der "Dreiwagenzüge" aus Gotha mehr als halbiert. Erst später entstand der Großzug mit zwei Trieb- und einem Beiwagen.

Zudem erwiesen sich die "neuen Bahnen" vom Typ T4D als Stromfresser. An allen Strecken mussten die Stromnetze mittels Unterwerken verstärkt werden. Die Tram-Strecken nach Engelsdorf und Lieberwolkwitz wurden wegen der hohen Investitionen ganz aufgegeben und bis heute durch Busse ersetzt.

Heute sind noch 30 Tatrazüge in Leipzig im Einsatz, die alle aufwendig modernisiert wurden. Nach einjähriger Pause wurde im Herbst sogar wieder damit begonnen, Personal auf den Tatras auszubilden. So bleiben die alten Bimmeln Leipzig noch eine ganze Weile erhalten.

Nachdem die Bahnen aufwendig erneuert wurden, können sie Leipzig noch lange Zeit erhalten bleiben.
Nachdem die Bahnen aufwendig erneuert wurden, können sie Leipzig noch lange Zeit erhalten bleiben.  © Lutz Brose

Für Touristen haben sie sich längst zum Kult entwickelt. Inzwischen gehören sie zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt.

Titelfoto: Lutz Brose

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