Hürde für Frauen, die vor ihren Männern fliehen: "Was, wenn der Täter kommt und die Tür einschlägt?"

Leipzig - Häusliche Gewalt passiert leise, hinter verschlossenen Türen und meistens sind Frauen davon betroffen. Wenn die eigene Wohnung keine Sicherheit mehr bietet und die Flucht in ein Frauenhaus die letzte Option ist, braucht es Projekte, wie "SieWo - Sie wohnt gewaltfrei", um Frauen Unterstützung und vor allem eine Perspektive abseits des Ex-Partners zu geben.

Alla Lysenko arbeitet zusammen mit ihrer Kollegin als Projektmitarbeiterin für Fallarbeit.
Alla Lysenko arbeitet zusammen mit ihrer Kollegin als Projektmitarbeiterin für Fallarbeit.  © Lutz Brose

Frauenhäuser sind lediglich eine Zwischenstation auf dem Weg in ein neues gewaltfreies Zuhause. Doch das muss in Leipzig erstmal gefunden werden.

Bei einem so ausgeschöpften Wohnungsmarkt ist das generell schon nicht einfach. Gewaltbetroffene, häufig traumatisierte Frauen haben es noch schwerer.

Vermieter ringen oft mit Vorurteilen. Getreu nach dem Motto: "Was ist, wenn der Täter kommt und die Tür einschlägt?", erzählt Alla Lysenko im Gespräch mit TAG24. Sie arbeitet zusammen mit ihrer Kollegin Ursula Baur an den Fällen.

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Beide helfen mit "SieWo" Betroffenen, den Schritt aus Frauenhäusern hinaus in eine neue Wohnung zu meistern - unterstützen bei der Suche, den Besichtigungen und sind auch im Nachhinein ein sicherer Anker bei Problemen und Fragen.

Denn von Gewalt betroffene haben in Bezug auf die eigene Selbstständigkeit ganz verschiedene Ausgangslagen. Nicht jede Frau spricht Deutsch, manche können nicht lesen, andere sind gehörlos oder blind. Auch das verkompliziert die Suche für Betroffene.

Im Januar 2025 wurde das Projekt gestartet und konnte trotz seiner bisher überschaubaren Laufzeit bereits einige Erfolge generieren. Insgesamt konnten acht Wohnungen in Leipzig vermittelt werden, durch die 19 Personen (Frauen mit ihren Kindern) ein neues, sicheres Zuhause gefunden haben.

Die Beratungsstelle in der Leipziger Georg-Schwarz-Str. 19.
Die Beratungsstelle in der Leipziger Georg-Schwarz-Str. 19.  © Lutz Brose

Über 50 gewaltbetroffene Menschen suchen mit "SieWo" ein neues Zuhause

Wenn Daniel Bergelt (r.) und Alla einen Wunsch freihätten, wäre es das Fortbestehen des Projektes.
Wenn Daniel Bergelt (r.) und Alla einen Wunsch freihätten, wäre es das Fortbestehen des Projektes.  © Lutz Brose

Aktuell begleitet "SieWo" über 50 Klienten, kooperiert dabei mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), die dem Projekt Wohnungen zusichert.

Das größte kommunale Wohnungsunternehmen Sachsens als Partner zu gewinnen war eine "harte Nuss", erklärt Daniel Bergelt TAG24. Er ist in der Geschäftsstelle des Vereins Zusammen e.V. tätig, der hinter "SieWo" steht.

Ein weiterer großer Erfolg ist der erst kürzlich verliehene SINN Innovationspreis und damit verbunden 3000 Euro Preisgeld.

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"Das ist für uns eine ganz wichtige Sache", so Daniel. Denn das Projekt muss zu einem kleinen Teil aus Eigenmitteln bezahlt werden.

Wenn sie einen Weihnachtswunsch freihätten - da sind sich Alla und Daniel einig - wäre es, dass das Projekt auch nach Förder-Ende im Juni 2026 weitergehen kann. Doch dafür ist eine Anschlussförderung dringend nötig, denn "das Geld selber haben wir nicht", erklärt Daniel.

Wohnraum gesucht

Der SINN-Jurypreis ist nicht nur eine große Ehre, das Preisgeld ist für das Projekt auch sehr wichtig.
Der SINN-Jurypreis ist nicht nur eine große Ehre, das Preisgeld ist für das Projekt auch sehr wichtig.  © Lutz Brose

Am Ende ist es jede Unterstützung, die zählt und die kann ganz unterschiedlich aussehen.

Im besten Fall finden sich weitere Vermieter oder Personen, die Nachmieter suchen und "SieWo" eine Wohnung zur Verfügung stellen können.

Doch auch Spenden sind wichtig. Denn Zusammen e.V. übernimmt Überbrückungsweise auch Kautionen zum Beispiel für Menschen, die vom Amt Hilfe bekommen, bei denen die Zahlung allerdings noch aussteht.

Wer den Verein unterstützen möchte, kann mit dem Verwendungszweck "Kaution" Spenden an die IBAN DE66 4306 0967 1117 4567 02 schicken. Alle Informationen zu dem Projekt findet Ihr auch gebündelt auf der Webseite.

Titelfoto: Montage: Lutz Brose

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