Kommentar zum Brücken-Dilemma: Mit großen Worten ins Desaster

Leipzig - Am Montag informierte das Sächsische Infrastrukturministerium über den offenbar dramatischen Zustand der Agra-Brücke und die deshalb erforderlichen Not-Maßnahmen. Für den Leipziger Südraum bedeutet dies massive Verkehrseinschränkungen, drohendes Umleitungschaos und das Aus aller Tunnel-Träume. Es waren wieder einmal schwere Versäumnisse der Landespolitik, die sehenden Auges ins Desaster führten, kommentiert TAG24-Redakteur Alexander Bischoff das Brücken-Fiasko.

Verbale Luftschlösser statt pragmatischer Lösungen: TAG24-Redakteur Alexander Bischoff kritisiert die "Lahmarschigkeit" sächsischer Politik.
Verbale Luftschlösser statt pragmatischer Lösungen: TAG24-Redakteur Alexander Bischoff kritisiert die "Lahmarschigkeit" sächsischer Politik.  © Eric Münch

Auch das noch. Nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke, dem Abriss der Bahnbrücke in Großenhain und der zeitweisen Sperrung der Elbquerung Bad Schandau steht die nächste mit Hennigsdorfer Spannstahl zusammengehaltene DDR-Brücke vor dem Aus. Die Agra-Brücke Markkleeberg!

Das ist nicht irgendeine Brücke, sondern die als B2 geführte Verlängerung der neuen Autobahn A72 vom Süden in die Messestadt Leipzig, die täglich von 30.000 Autos und Lastwagen befahren wird. Um den befürchteten Einsturz herauszuzögern, gilt ab dieser Woche ein striktes Verbot von Schwerlastverkehr über 3,5 Tonnen, Tempolimit und Einspurigkeit.

In Windeseile wies Infrastrukturministerin Regina Kraushaar (61, CDU) ihr Landesamt für Straßenbau zudem an, sofort mit einer Ersatzplanung zu beginnen.

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Die aktuelle Situation ist nicht nur auf den offenbar qualitativ minderwertigen Hennigsdorfer Spannstahl zurückzuführen. Es ist auch die "Lahmarschigkeit" sächsischer Politik, die den Leipziger Südraum in diese missliche Situation geführt hat.

"Wir schaffen das ..." nicht!

Knapp 400 Meter lang und offenbar äußerst marode - die Agra-Brücke ist ein Nadelöhr auf einer der wichtigsten Einfallstraßen in die Messestadt.
Knapp 400 Meter lang und offenbar äußerst marode - die Agra-Brücke ist ein Nadelöhr auf einer der wichtigsten Einfallstraßen in die Messestadt.  © Silvio Bürger

Spätestens seit dem Jahr 2020 wissen Regenten und Infrastrukturplaner in Dresden, dass die Agra-Brücke dringend Ersatz braucht, die Restlaufzeit da schon mit nur noch 15 Jahren angegeben wurde. Statt schnellen Ersatz zu planen, wurden zunächst einmal Luftschlösser gebaut.

Etwa im September 2021, als der scheidende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (51, CSU) und Ministerpräsident Michael Kretschmer (50, CDU) eine gemeinsame Absichtserklärung zum Tunnelbau abgaben. Knapp zwei Jahre später versicherte der Sachsen-Regent in bester "Mutti-wir-schaffen-das-Manier" den auf die ungeteilte Schönheit ihres Agra-Parks hoffenden Markkleebergern auf einer Bürgerversammlung noch, dass man die Tunnellösung hinbekommen werde.

Allein, geschehen ist nichts. Keine Tunnel-Planung, keine Brücken-Planung, kein Finanzierungskonzept, nichts. Wie so oft in der sächsischen Landespolitik folgten großen Worten keine Taten!

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Mithin kann Kretschmer sogar froh sein, dass ihm seine Infrastrukturministerin mit ihrem heute verkündeten Aus aller Tunnel-Träume den Hintern gerettet hat. Denn angesichts des desolaten Landeshaushalts hätte der Landesfürst irgendwann einräumen müssen, dass er - mal wieder - den Mund zu voll genommen hat.

Titelfoto: Bildmontage/Eric Münch/Silvio Bürger

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