Schockierender Prüfbericht: "Die Uhr dieser Brücke läuft dramatisch schnell herunter"

Leipzig - Der Zustand der maroden Agra-Brücke ist noch weitaus schlimmer als befürchtet. Nachdem in der vergangenen Woche von einem auf den anderen Tag bereits die beidseitige Reduzierung auf einen Fahrstreifen veranlasst worden war, informierte das Sächsische Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL) am Montag über die Ergebnisse der durchgeführten Sonderprüfung.

Die in der vergangenen Woche entnommenen Spannstahl-Proben von der Oberseite des Bauwerkes, die bereits bei Inaugenscheinnahme ein erhebliches Schadensbild gezeigt haben, werden nun genauer im Labor ausgewertet. Ergebnisse sollen Ende November vorliegen.
Die in der vergangenen Woche entnommenen Spannstahl-Proben von der Oberseite des Bauwerkes, die bereits bei Inaugenscheinnahme ein erhebliches Schadensbild gezeigt haben, werden nun genauer im Labor ausgewertet. Ergebnisse sollen Ende November vorliegen.  © Silvio Bürger

"Die Uhr dieser Brücke läuft dramatisch schneller herunter, als wir alle gedacht haben", sagte Staatsministerin Regina Kraushaar (CDU, 61). "Die ursprünglich noch angenommene Lebensdauer von zehn Jahren ist nicht mehr ansatzweise haltbar."

Die jüngsten Ergebnisse der technischen Untersuchungen des Bauwerks zeigten ein "außerordentlich kritisches Schadensbild" und gäben dadurch einen Anlass für sofortiges Handeln.

Laut dem beauftragten Gutachter Prof. Dr. Thomas Bösche haben sich die Befürchtungen über den Zustand der wichtigen Nord-Süd-Achse bei der Öffnung der Brückenoberseite bestätigt: "In zwei von fünf Spanngliedern sind bereits einzelne Drähte gerissen, zudem ist eine Vielzahl weiterer Anrisse festzustellen."

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Da die Korrosionsschäden "lokal konzentriert und unsystematisch" auftreten würden, könne zur Gewährleistung der Standsicherheit kurzfristig nur eine "deutliche Reduzierung des Beanspruchungsniveaus" beitragen, so Bösche, weshalb also weniger Autos fahren.

Der Verkehr über 3,5 Tonnen wird voraussichtlich über den Leipziger Ring der Autobahnen A 38 und A 14 umgeleitet. Die entsprechende Beschilderung soll in der ersten Dezemberwoche aufgestellt werden. Bereits seit dem 14. November darf nur noch ein Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn befahren werden.
Der Verkehr über 3,5 Tonnen wird voraussichtlich über den Leipziger Ring der Autobahnen A 38 und A 14 umgeleitet. Die entsprechende Beschilderung soll in der ersten Dezemberwoche aufgestellt werden. Bereits seit dem 14. November darf nur noch ein Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn befahren werden.  © Silvio Bürger

Berufspendler brauchen starke Nerven

Zwar gilt auf der Brücke schon jetzt lediglich Tempo 60, eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung ist laut Ministerium jedoch ebenfalls geplant.
Zwar gilt auf der Brücke schon jetzt lediglich Tempo 60, eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung ist laut Ministerium jedoch ebenfalls geplant.  © Silvio Bürger

Die Instandsetzung der Brücke ist aufgrund dieser Ergebnisse ausgeschlossen, ein Neubau muss schnellstmöglich her. Die seit Längerem diskutierte und von den Anwohnern präferierte Tunnel-Lösung ist damit jedoch wegen der langen Vorlaufzeit endgültig vom Tisch.

"Wir haben das Landesamt für Straßenbau und Verkehr deshalb beauftragt, sofort mit den Planungen für den Ersatzneubau zu beginnen", erklärte Staatsministerin Kraushaar.

Wie bereits angekündigt, wird das Leipziger Schwesterbauwerk der Dresdner Carolabrücke ab kommendem Donnerstag (20. November) für Fahrzeuge mit einem Gewicht oberhalb von 3,5 Tonnen gesperrt. Seit Freitag ist der Verkehr bereits beidseitig auf einen Fahrstreifen reduziert.

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Zwar gilt auf der Brücke schon jetzt lediglich Tempo 60, eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung ist laut Ministerium jedoch ebenfalls geplant.

Für Berufspendler sind das alles andere als gute Nachrichten. Hatten sich Autofahrer erst Anfang des Monats darüber freuen können, dass die B2-Brücke Wundstraße nach 13 Monaten Sanierung wieder freigegeben wurde, steht mit den langfristigen Einschränkungen rund um die Agra-Brücke nun der nächste zähe Dauerstresstest für die bereits geschundenen Nerven vieler Leipziger bevor.

Titelfoto: Silvio Bürger

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