Haushaltskrise bringt OB Jung unter Druck: "Dann müssen Sie Konsequenzen ziehen"
Leipzig - Erst musste Leipzig monatelang um die Genehmigung seines Doppelhaushalts 2025/26 bangen, nun steht die Haushaltssperre kurz bevor. Bei der Ratsversammlung am Mittwoch stimmte Oberbürgermeister Burkhard Jung (67, SPD) die Stadträte auf schwere Zeiten ein. Die wiederum forderten Transparenz und klare Führung seitens der Stadtspitze. Noch deutlicher formulierte es die CDU.

Deren Fraktionschef Michael Weikert sprach von einem Vertrauensdefizit, das mittlerweile zwischen Stadträten und Verwaltungsspitze herrsche. Der Christdemokrat forderte von OB Jung einen Plan, um die Stadt aus der finanziellen Schieflage zu führen. "Wir brauchen Mut zu schwierigen Entscheidungen. [...] Was wir nicht brauchen, ist eine monatelange Hängepartie. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, dann müssen Sie die Konsequenzen ziehen."
Zuvor hatten OB Jung und Finanzbürgermeister Torsten Bonew noch einmal den Ernst der Lage dargestellt und aufgezeigt, wie sie die Stadt aus dieser wieder herausführen wollen. "Die Finanzsituation ist in der Tat dramatisch", erklärte das Stadtoberhaupt. "Wir stecken den Kopf nicht in den Sand. Nein, wir wollen gegensteuern."
Jung betonte, dass kein Investitionsvorhaben, bei dem es um "Sicherheit, Verkehrssicherheit, Schulsicherheit, Infrastruktursicherheit" geht, auf Eis gelegt werde.
Der Oberbürgermeister kündigte an, nach Beratung mit seinen Beigeordneten in die Absprache mit den Fraktionen zu kommen, "um sehr transparent zu verhandeln, wie wir im weiteren Verfahren uns aufstellen."
"Leipzig hatte bisher ein Ausgaben-Problem, jetzt kommt noch ein Einnahmen-Problem hinzu"

Finanzbürgermeister Bonew hatte zuvor erklärt, Leipzig würden nach aktuellen Schätzungen bis Ende 2025 rund 188 Millionen Euro fehlen. "Leipzig hatte bisher ein Ausgaben-Problem, jetzt kommt noch ein Einnahmen-Problem hinzu."
In keinem Monat des laufenden Jahres habe die Messestadt schwarze Zahlen geschrieben. "Wir zahlen jeden Monat mehr aus, als wir reinbekommen. Wir müssen extrem gegensteuern, um unsere Handlungsfähigkeit nicht zu verlieren."
Bereits am Dienstag hatte die Stadtverwaltung bekannt gegeben, wegen der prekären Finanzlage eine Haushaltssperre verhängen zu müssen. Bonew plane nun, diese am 6. Oktober zu verkünden. Hinzu kommt ein Investitionsmoratorium, mit dem zahlreiche geplante Projekte vorerst gesperrt würden.
Welche Maßnahmen genau darunter fallen, dazu herrschte am Mittwoch noch Uneinigkeit. Fest steht jedoch, dass diese künftig zunächst eine Freigabe benötigen.
BSW will Leipzigs Olympia-Bewerbung auf den Prüfstand stellen

Neben Weikert nahmen auch die Fraktionsführenden von AfD, SPD, den Linken und den Grünen die Stadtspitze in die Kritik. SPD-Stadträtin Anja Feichtinger kritisierte, das Moratorium sei beschlossen worden, ohne die Fraktionen umfassend einzubinden. "Ist das die neue Form des Umgangs mit demokratisch gewählten Vertretern? Das wollen wir uns nicht gefallen lassen."
Auch Franziska Riekewald (Linke) und Tobias Peter (Grüne) forderten Besserungen in der Zusammenarbeit.
BSW-Stadtrat Eric Recke sprach sich dafür aus, mit dem drastischen Sparkurs auch Leipzigs Olympia-Bewerbung auf den Prüfstand zu stellen.
Sven Morlok von der Freien Fraktion bat darum, auch Straßenbauprojekte aus der Sperrung auszunehmen. "Keine Komplexmaßnahme mit der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft wird auf Eis gelegt", bestätigte Jung daraufhin. "Was wir jetzt nicht auf den Weg bringen, wird nächstes Jahr auch nicht gebaut."
Vor dem Neuen Rathaus protestierten derweil etwa 1000 Menschen gegen Kürzungen bei Kitas, Horten und Co. angesichts des neuen Sparkurses der Messestadt.
Titelfoto: Elisa Schu/dpa