Sie gründete die "Omas for Future": Leipzigerin (62) zieht in den Klimakampf

Leipzig - Vor eineinhalb Jahren gründete die Leipzigerin Cordula Weimann (62) die "Omas for Future". Ihr Anliegen, ähnlich wie bei Greta Thunbergs "Fridays for Future": der Klimaschutz. Nur der Ansatz ist etwas anders. Cordula Weimann: "Ich möchte die Generation 50plus mit ins Boot holen." Denn die trage - oft unbewusst - besonders stark zur Erderwärmung bei. Mit Überzeugungsarbeit, praktischen Tipps und "über die Liebe zu Kindern und Enkeln" will sie gerade bei Älteren das Bewusstsein fürs Klima schärfen. Mittlerweile gibt es mehr als 40 Regionalgruppen der "Omas for Future", sogar in Ungarn und Österreich. Tendenz steigend.

Cordula Weimann (62) mit dem Zeichen ihrer Bewegung - die Erde als Herz. Fast zwangsläufig habe sich die Idee zu diesem Logo ergeben, sagt sie: "Weil wir die Natur und die Erde lieben."
Cordula Weimann (62) mit dem Zeichen ihrer Bewegung - die Erde als Herz. Fast zwangsläufig habe sich die Idee zu diesem Logo ergeben, sagt sie: "Weil wir die Natur und die Erde lieben."  © Ralf Seegers

Die Initialzündung

Eigentlich gab es zwei solcher Schlüsselmomente, die aus der immer schon engagierten Unternehmerin eine Aktivistin machten. Erstens eine Grafik, auf der Cordula Weimann sah, wie exponentiell die Klimaerwärmung zugenommen hatte. "Gerade die letzten fünf Jahre schlug das richtig aus. Da habe ich gedacht 'Verdammte Hacke, es ist wirklich schon zehn nach zwölf.'"

Und zweitens der Moment, als sie ihrem Enkel (damals 3) das Radfahren beibrachte. Weimann: "Plötzlich kam mir das grotesk vor. Warum fördere ich das Kind für eine Zukunft, die es nur haben wird, wenn die Politik schnellstens andere Weichen stellt und wir unser Verhalten ändern? Das ging mir wirklich durch Mark und Bein."

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Man müsste die "Omas for Future" gründen, sagte sie damals zu ihrer Tochter. "Mach doch", erwiderte die. Cordula Weimann sicherte sich die entsprechende Internetseite - los ging's.

Greta Thunberg (18) hat mit ihrem Schulstreik unter dem Motto "Fridays for Future" eine weltweite Bewegung ausgelöst.
Greta Thunberg (18) hat mit ihrem Schulstreik unter dem Motto "Fridays for Future" eine weltweite Bewegung ausgelöst.  © Daniel Bockwoldt/dpa

Schwierige Anfänge

Viel ehrenamtliche Arbeit, darunter auch der Kontakt zu Mitstreiterinnen, findet zurzeit online statt.
Viel ehrenamtliche Arbeit, darunter auch der Kontakt zu Mitstreiterinnen, findet zurzeit online statt.  © Ralf Seegers

Anfangs musste die Leipzigerin noch Freundinnen überreden, mit ihr bei einer Klima-Demo ein Banner zu tragen. Dauerhaft machten aber auch die nicht mit. Stattdessen meldeten sich bei Vorträgen oder über die Internetseite Mitstreiterinnen aus allen Teilen Deutschlands, meist zunächst Einzelkämpferinnen. Presseveröffentlichungen und eine immer professionellere Basisarbeit ließen die Bewegung dann nach und nach anwachsen.

Auch die Politik wurde mittlerweile aufmerksam - ein Treffen mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (45, CDU) fand bereits statt.

Die Aktionen

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Neben Auftritten bei Demos und Vorträgen erreichen die "Omas" ihre Zielgruppe zum Beispiel über eine informative Poster-Kampagne. Als eine Art Quiz werden Klimaprobleme dort ohne mahnenden Zeigefinger vermittelt.

Auch die Stadt Leipzig war davon so angetan, dass man jetzt gemeinsam kooperiert und die Bürger darüber aufklärt, was jeder Einzelne ändern kann.

Mit dem Herzen dabei: Die "Omas for Future" mischen auf Klimademos und Kundgebungen kräftig mit. Ihre positive Grundstimmung soll dabei durchaus ansteckend wirken.
Mit dem Herzen dabei: Die "Omas for Future" mischen auf Klimademos und Kundgebungen kräftig mit. Ihre positive Grundstimmung soll dabei durchaus ansteckend wirken.  © PR/Omas for Future

Denkanstöße

Der Eisbär gilt als König der Arktis. Weil er vom Packeis aus jagt, die Schollen aber zunehmend schmelzen, ist er wohl vom Aussterben bedroht.
Der Eisbär gilt als König der Arktis. Weil er vom Packeis aus jagt, die Schollen aber zunehmend schmelzen, ist er wohl vom Aussterben bedroht.  © www.NaturePhoto.cz

Manches klimaschädigende Verhalten, glaubt Cordula Weimann, entsteht aus Unwissen oder Gedankenlosigkeit. Darum versucht sie, auf verschiedenen Feldern Bewusstsein zu schaffen - auch dafür, dass immer mehr Konsum nicht wirklich glücklich macht.

T-Shirts für 3 Euro, die man nach einer Saison wegwirft? Cordula Weimann: "Die haben in der Produktion bis zu 15.000 Liter Wasser verschmutzt." Nur wisse das kaum jemand, weil Industrie und Werbung darüber (natürlich) nicht informieren.

"Unsere Generation 50plus hat eigentlich den Vorteil, dass wir uns nur an unsere Kindheit zu erinnern brauchen", erklärt die Klima-Aktivistin, die so gar nicht wie eine typische Oma rüberkommen will.

"Nur da nannte man das, was man heute nachhaltig wirtschaften nennt, sparsam haushalten."

Weitere Punkte:

• Auf Ökostrom umsteigen! "Am besten mit OK-Power-Label!", rät die Leipzigerin.

• Bio-Lebensmittel kaufen! "Private Haushalte werfen 30 Prozent der Lebensmittel in den Müll. Sobald das aufhört, können sich auch die meisten von uns Bio leisten", findet Weimann. Am besten mit weniger Fleisch.

• Kurze Strecken mit dem Rad erledigen! Schont Umwelt und Geldbeutel und ist gesund.

• Auf Kreuzfahrten verzichten! "Das ist wirklich Urlaub zu Lasten unserer Kinder", sagt die dreifache Großmutter. Den könne man "in zehn Jahren wieder machen, dann haben die umgestellt und sind CO2-neutral". Lebenslang verzichten müsse man also nicht.

• Mit Ecosia surfen! Eine Internet-Suchmaschine, die Bäume pflanzt.

Mit solchen und weiteren Appellen wollen die "Omas for future" niemandem die Lust am Alltag vermiesen oder gar ein schlechtes Gewissen machen. "Darum gehen wir ja über die Liebe", erklärt Cordula Weimann den positiven Ansatz, mit dem sie Gleichaltrigen das Umdenken erleichtern möchte.

"Wir haben für unsere Kinder so viel getan, jahrelang auf alles Mögliche verzichtet, sind nachts aufgestanden usw. Und diese Liebe brauchen wir jetzt wieder, sonst haben unsere Kinder nicht die Zukunft, die wir uns für sie wünschen."

Und als Nächstes?

Im Mai oder Juni wollen "die Omas" (auch Opas und Ältere ohne Enkel sind übrigens willkommen) mit einer großen Aktion zur Bundestagswahl starten. Einzelheiten sind noch geheim, "doch wir wollen die Bundestagswahl zur Klimawahl machen", erklärt Cordula Weimann so gutgelaunt wie kämpferisch.

Spätestens dann, ist sie sich sicher, seien die "Omas for future" auch bundesweit bekannt.

Mehr Infos: omasforfuture.de

Titelfoto: Ralf Seegers

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