Abschlepp-Ärger in Leipzig! Widerspruch erfolgreich, doch blechen soll Oliver trotzdem

Leipzig - Es ist der Horror für jeden Autofahrer: Man läuft zu seinem Wagen, doch der ist weg. Eine behördliche Odyssee mit seinem abgeschleppten Fahrzeug hat nun ein Leipziger hinter sich.

Auf einem dieser Parkplätze stand das Auto der Leipziger, das abgeschleppt wurde.
Auf einem dieser Parkplätze stand das Auto der Leipziger, das abgeschleppt wurde.  © Google Street View

Januar 2021: Es gelten strenge Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Oliver Wittenstein (50) wurde von seiner Hausärztin nach drei Operationen als Risikopatient eingestuft und solle auf Kontakt zu anderen Personen möglichst verzichten, wird in der MDR-Sendung "Voss & Team" erzählt.

Mitte Januar macht er eine Ausnahme, erledigt Besorgungen für seine Mutter, macht sich mit seinem Partner Alex danach auf den Nachhauseweg und sucht nahe dem Zoo nach einem Parkplatz.

"Wir haben das Auto am Nordplatz in einer Parkbucht abgestellt, wo wir es immer abstellen", sagt Alex in der TV-Folge. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Parkverbotsschilder gegeben, beteuert das Paar.

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Fünf Tage später fährt Alex zum Brötchenholen und kommt dabei am Leibniz-Gymnasium vorbei, dort gegenüber war ihr Wagen abgestellt. Er konnte Filmarbeiten sehen, doch das Auto war verschwunden. Dafür nimmt er plötzlich viele Parkverbotsschilder wahr.

"Das wäre uns aufgefallen, wenn alle drei Meter ein Schild gestanden hätte", so Alex.

Widersprüchliche Angaben in Corona-Schutzverordnung und von der Stadt Leipzig

Das Technische Rathaus der Stadt Leipzig an der Prager Straße.
Das Technische Rathaus der Stadt Leipzig an der Prager Straße.  © Ralf Seegers

Über das Ordnungsamt erfährt Oliver Wittenstein, dass das Fahrzeug auf einen Wiederitzscher Autohof gebracht wurde.

Anschließend verlangt die Stadt Leipzig 30 Euro für die begangene Ordnungswidrigkeit und bekräftigt, Schilder 72 Stunden vor Beginn der Dreharbeiten aufgestellt zu haben.

"Wenngleich ein Dauerparken durchaus zu den berechtigten Nutzungsarten im öffentlichen Verkehrsraum gehört, so obliegt dem Fahrzeugführer bzw. -halter dennoch die Pflicht zu kontrollieren, ob aufgrund einer veränderten Verkehrssituation ein ursprünglich erlaubtes Parken noch zulässig ist", ergänzte die Behörde.

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Das zeugt von "fehlender Sensibilität für die Situation", findet Alex. Denn aufgrund der geltenden Ausgangsbeschränkungen habe man nicht ständig auf die Parksituation achten können.

"Das Verlassen der Unterkunft ohne triftigen Grund ist untersagt", hieß es in der damals gültigen Sächsischen Corona-Schutzverordnung. Die Stadt Leipzig sagt aber, es habe keine generelle Ausgangssperre gegeben und ein triftiger Grund sei gegeben, wenn man sich nach seinem Eigentum rückversichern möchte.

Oliver Wittenstein legt Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.

Völlig zurecht, findet Jan Vorwerk, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er sagt, dass das Nachschauen nach dem eigenen Auto damals nicht als triftiger Grund deklariert war: "Es ist nachvollziehbar, dass jemand nicht auf die Idee kommt, nach seinem Auto zu schauen, wenn er daran gehalten ist, zu Hause zu bleiben."

Brief an falsche Adresse geschickt und erst Monate später zugestellt - Widerspruchs-Frist abgelaufen!

Sven Voss (45) moderiert die MDR-Sendung "Voss & Team".
Sven Voss (45) moderiert die MDR-Sendung "Voss & Team".  © MDR/Tom Schulze

Das Amtsgericht Leipzig stellt das Verfahren zwar ein, doch neun Monate später (!) flattert Post von der Stadt ins Haus. Der 50-Jährige soll nun 270,61 Euro für Leistungen des Abschleppunternehmens und Verwaltungsgebühren zahlen.

Denn: Die Entscheidung des Amtsgericht ist für die Stadt kein Grund, auf die Abschleppkosten zu verzichten. Die Abschleppmaßnahme (also das Verwaltungsfahren) sei unabhängig von einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, "da beide Verfahren auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen".

Allerdings sollte die Coronasituation sehr wohl eine Rolle spielen, ob die Auferlegung der Abschleppkosten für den Betroffenen zumutbar ist, findet Anwalt Vorwerk: "Es gab ja einen Grund, warum der Betroffene nicht ständig an seinem Auto war, sondern zu Hause geblieben ist."

Unfassbar: Diesmal kann Wittenstein keinen Widerspruch einlegen, da die Frist wegen der verspäteten Briefzustellung verstrichen ist. Das Schreiben wurde zunächst an seine alte Berliner Adresse geschickt, von der er sich nach eigenen Angaben fristgerecht ab- und in Leipzig angemeldet hat.

Mit diversen Mahngebühren stieg der zu zahlende Betrag auf 316,36 Euro.

Immerhin lässt die Stadt Leipzig den Widerspruch doch noch zu und erlässt die bisher angefallenen Gebühren (46 Euro). Jetzt entscheidet die Landesdirektion Sachsen über den Widerspruch.

Titelfoto: Bildmontage: Ralf Seegers, Google Street View

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