Zirkus-Familie fleht MP Kretschmer an: "Bitte helfen Sie wenigstens unseren Tieren!"

Delitzsch - Dass sie einmal um Brotrinden und Kartoffelschalen bitten muss, hätte sich Vivian Freiwald (24) früher nie vorstellen können. Doch die Corona-Politik hat nicht nur den Traum der jungen Zirkus-Artistin zunichtegemacht. Sie hat auch ihren Familienbetrieb ruiniert und den Tieren die Futtergrundlage genommen. Denn die fallen bei den staatlichen Nothilfen komplett durchs Raster.

Hilferuf: Vivian Freiwald (24) vom Zirkus Alexander weiß nicht mehr, wie sie ihre Tiere noch versorgen soll. Wer helfen will: 0163 3000848.
Hilferuf: Vivian Freiwald (24) vom Zirkus Alexander weiß nicht mehr, wie sie ihre Tiere noch versorgen soll. Wer helfen will: 0163 3000848.  © Ralf Seegers

"Herr Ministerpräsident, bitte kommen Sie nach Delitzsch und schauen Sie sich vor Ort die Folgen Ihrer Politik an." Es ist ein verzweifelter Hilferuf von Vivian Freiwald, die in der zugigen Lagerhalle auf dem Gelände der einstigen Zuckerfabrik steht und nicht mehr weiterweiß.

Die meisten ihrer 31 Tiere haben hier Unterschlupf gefunden - Kamele, Lamas, ungarische Steppenrinder.

Einst waren sie die tierischen Stars in der Manege des Zirkus Alexander. Doch seit ein Lockdown den nächsten jagt, sind sie arbeitslos.

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"Während wir als Zirkusmenschen Hartz IV bekommen, hat die Politik für die durch Corona in Not geratenen Tiere keinen Cent übrig", sagt Vivian und findet das ungerecht.

Futter für 120 Euro braucht der Zirkus täglich. "Das ist mit Hartz IV nicht zu machen." Ein Spendenaufruf brachte zu Jahresbeginn einige Hundert Euro, doch die sind längst aufgebraucht.

"Wir bitten die Leute jetzt schon um Küchenabfälle wie Kartoffelschalen und vertrocknetes Brot", erzählt Vivian.

Zwei ungarische Steppenrinder gehören auch zum Zirkus. Den Salat spendete ein Supermarkt.
Zwei ungarische Steppenrinder gehören auch zum Zirkus. Den Salat spendete ein Supermarkt.  © Ralf Seegers

Vier Ponys mussten schon gehen

Ein Zirkusdirektor ohne Publikum: Gino Lauenburger (33) hat keinerlei Einnahmen mehr, dafür aber tägliche Futterkosten von 120 Euro.
Ein Zirkusdirektor ohne Publikum: Gino Lauenburger (33) hat keinerlei Einnahmen mehr, dafür aber tägliche Futterkosten von 120 Euro.  © Ralf Seegers

In der Not musste die elfköpfige Zirkusfamilie auch mit einem Tabu brechen. "Wir haben schweren Herzens vier unserer Ponys verkauft ... um die anderen Tiere weiter ernähren zu können", erzählt Vivian tieftraurig.

Bis auf den Futterlaster sind alle Lkw und Sattelschlepper abgemeldet. "Wir können die Versicherungen nicht mehr bezahlen." Ein Laster und ein Trailer wurden zuvor schon verkauft.

Und die Zukunft? "Sieht düster aus - alle Städte, wo wir 2021 gastieren wollten, haben abgesagt", erzählt Vivian. Niemand wisse, wann Veranstaltungen wieder möglich sind.

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Und während die Politik über die Wiedereröffnung von Theatern, Opernhäusern und Clubs zumindest debattiert, sind die Manegen völlig aus dem Blick geraten.

Deshalb appelliert der Zirkus jetzt an Michael Kretschmer (45, CDU): "Bitte helfen Sie wenigstens unseren Tieren!"

Titelfoto: Ralf Seegers

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