Zebra im Zoo Leipzig getötet und an Löwen verfüttert: Das sagen Experten zu der Praxis

Leipzig - Vor den Augen der Besucherinnen und Besucher wurde im Leipziger Zoo ein geschlachteter Zebra-Hengst den Löwen zum Fraß vorgesetzt. Dafür steht dieser nun in scharfer Kritik. Leipzigs Zoodirektor Jörg Junhold (59) fordert mehr Akzeptanz für diese bei Huftieren "geübte Praxis".

Zebras auf der Kiwara-Savanne im Zoo Leipzig. Seit fast einer Woche steht der Zoo in heftiger Kritik. Dabei geht es inzwischen auch um die Verfütterung eines der Tiere an die Löwen.
Zebras auf der Kiwara-Savanne im Zoo Leipzig. Seit fast einer Woche steht der Zoo in heftiger Kritik. Dabei geht es inzwischen auch um die Verfütterung eines der Tiere an die Löwen.  © Jan Woitas/dpa

Vor der Schlachtung des 15 Jahre alten Hengstes Franz habe der Zoo ein Jahr lang versucht, ihn anderweitig unterzubringen, sagte der Direktor des Leipziger Zoos, Jörg Junhold am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

"Das ist nicht gelungen, weil in anderen Zoos kein Platz war. Die in diesen Fällen letzte Option - eine Tötung zur Verfütterung an Raubtiere - ist geübte Praxis." Was bei den Leipziger Zoogästen gerade jedoch überwiege, sei Entsetzen und Erstaunen.

Ausgelöst wurde die Diskussion nach dem Bekanntwerden der Versetzung von Tierpfleger Jörg Gräser (54). Zu den Gründen der Versetzung äußerte sich Junhold weiterhin nicht.

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"Ich kann die Aufregung oder das Interesse verstehen - in gewisser Weise die Emotionen", so Junhold. "Wir möchten aber auch um Verständnis werben, dass wir sensible Dinge nicht nach außen geben."

Verfüttern von Zootieren: "Für eine stabile und gesunde Population unabdingbar"

Direktoren mehrerer Zoos äußerten sich inzwischen zu der Praxis und erklärten, dass diese auch bei ihnen üblich sei. "Natürlich tut es mir für das tote Tier leid, das ist aber der Kreislauf des Lebens", sagte der Direktor des Zoos Wuppertal, Arne Lawrenz.
Direktoren mehrerer Zoos äußerten sich inzwischen zu der Praxis und erklärten, dass diese auch bei ihnen üblich sei. "Natürlich tut es mir für das tote Tier leid, das ist aber der Kreislauf des Lebens", sagte der Direktor des Zoos Wuppertal, Arne Lawrenz.  © Jan Woitas/dpa

Tiere würden in Zoos dann getötet, wenn beispielsweise Rangkämpfe innerhalb einer Herde drohten, erklärt der Direktor des Zoos Wuppertal, Arne Lawrenz.

Im Vordergrund stehe dabei immer das Wohl aller Tiere. "Auch das des getöteten Tiers. Vor seiner Schlachtung hatte es ein gutes Leben im Zoo - im Gegensatz zu vielen anderen Tieren aus großen Zuchten. Es zu verfüttern ist sinnvoll und richtig - allein schon, weil das Fleisch eine gute Qualität hat."

Ganz oder in größeren Stücken - und damit für die Besucherinnen und Besucher klar zu erkennen - sei der Tierkadaver auch Beschäftigung und Schulung für die Fleischfresser. "Natürlich tut es mir für das tote Tier leid, das ist aber der Kreislauf des Lebens und den müssen wir den Menschen auch zeigen", sagte Lawrenz.

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Für viele Gäste seien einige Tiere, wie zum Beispiel Ratten, einfacher als Futter zu akzeptieren. "In Zukunft werden wir aber nicht drumherum kommen, zum Beispiel auch Elefanten oder Pandas zu töten und zu verfüttern. Das kann ich mir heute zwar auch noch nicht vorstellen, ist aber für eine stabile und gesunde Population unabdingbar."

Peta übt Kritik: "Löwen haben in Deutschland nichts zu suchen"

Die Tierschutzorganisation Peta kritisierte indes die grundlegende Haltung von Löwen in Deutschland. Die Tiere würden nur in Zoos gehalten, um Besucherinnen und Besucher anzulocken.
Die Tierschutzorganisation Peta kritisierte indes die grundlegende Haltung von Löwen in Deutschland. Die Tiere würden nur in Zoos gehalten, um Besucherinnen und Besucher anzulocken.  © Jan Woitas/dpa

Dass ein Zebra verfüttert werde, zeige, welch geringen Stellenwert die Tiere für Zoo-Verantwortliche hätten, kritisierte hingegen die Tierrechtsorganisation Peta auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Unbestritten brauche ein Löwe Fleisch, um zu überleben, daher sei die Verfütterung eines Zebras aus Tierschutzsicht nicht schlimmer, als Fleisch im Großhandel zu kaufen, sagte Wildtier-Experte Peter Höffken. "Beides ist gleichermaßen sinnlos, denn Löwen haben in Deutschland nichts zu suchen", ergänzte er. Die Tiere würden nur in Zoos gehalten, um Besucherinnen und Besucher anzulocken.

Das Futter durch die Schlachtung eigener Zootiere zu ergänzen, ist sinnvoll und gesund, findet indes der Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ), Volker Homes. "Dennoch, die Entscheidung fällt niemandem leicht und wird nur nach sorgfältiger Abwägung getroffen."

Der Tod jedes Tiers solle "so sinnvoll wie möglich sein", sagte er. Meist werde die Verfütterung von Zootieren an andere Zootiere von Besuchern in Zoos wertschätzend angenommen. Junhold ist Präsident des Verbandes.

Zoo Leipzig will in Zukunft besser über Töten und Verfüttern aufklären

In anderen Zoos würde das Verfüttern der eigenen Tiere längst nicht mehr für Gegenwind sorgen, erklärte unter anderem der Direktor des Nürnberger Tiergartens. "Es gibt gute fachliche Gründe dafür."
In anderen Zoos würde das Verfüttern der eigenen Tiere längst nicht mehr für Gegenwind sorgen, erklärte unter anderem der Direktor des Nürnberger Tiergartens. "Es gibt gute fachliche Gründe dafür."  © Jan Woitas/dpa

So auch in Nürnberg. Dort sorge das Verfüttern der eigenen Tiere schon lange nicht mehr für negative Reaktionen, sagte der Direktor des Nürnerberger Tiergartens, Dag Encke, der auch Vize-Präsident des VdZ ist. "Es gibt gute fachliche Gründe dafür. Diese müssen wir der Gesellschaft aber auch näherbringen." In Nürnberg und Wuppertal sei man damit vergleichsweise weit.

Um den Bestand der als bedroht geltenden Somali-Wildesel zu schützen, sei in Nürnberg 1998 das erste Mal ein überzähliges Tier getötet worden. "In den 25 Jahren danach folgte ein gut vorbereiteter Prozess, um unserem Bildungsauftrag auch in diesem Thema nachgehen zu können", sagte Encke.

Heute arbeite der Tierpark sogar daran, den Anteil des eigens gezüchteten und geschlachteten Fleischs stetig zu erhöhen. "Das ist einfach besseres Fleisch als das aus der Massentierhaltung."

Über die Praxis des Tötens und Verfütterns aufzuklären, sei in Nürnberg heute Alltag, sagte Encke. "Wenn wir ein Tier aus der Herde nehmen, schreiben wir das zum Beispiel auch auf Infotafeln."

Die Gesellschaft über das Töten und Verfüttern aufzuklären, daran wolle man auch in Leipzig weiter arbeiten. "Wir brauchen in dem Punkt gesellschaftliche Akzeptanz", sagte Junhold. So sei beispielsweise mediale Begleitung geplant.

Titelfoto: Jan Woitas/dpa

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