Magdeburg - Schon über zehn Wochen besetzen Umweltschützer den Wald am Trümmerberg in Magdeburg, damit er keinen Luxuswohnungen weichen muss. Doch Übergriffe auf die Aktion nehmen zu.
Eigentlich habe es von Anfang an immer mal Pöbeleien gegeben, erinnern sich Hektor (19) und Flo (24) gegenüber TAG24.
"Scheiß-Zecken, geht mal arbeiten", hat Flo, die seit neun Wochen dabei ist, beispielsweise zu hören bekommen.
Auch hielten dunkle Gestalten nachts Ausschau, wie man auf das Baumhaus im "Trümmi", in dem sich die Aktivisten befanden, kommen könnte.
Mit der Zeit eskalierte es jedoch: Der Pavillon am Boden wurde mit den Worten "Fuck Grün" besprüht, Flaggen abgerissen und Banner zerschnitten. Am 5. Oktober wurde das Zelt dann komplett verwüstet: "Es sah aus wie ein Schlachtfeld", so Flo.
Unbekannte lösten einen Feuerlöscher aus, verspritzten Waschmittel und sorgten dafür, dass der Pavillon zusammenbrach.
Hektor hat eine Ahnung, wer dafür verantwortlich gewesen sein könnte - am selben Tag postete ein ihm bekannter Neonazi aus Magdeburg Bilder von sich am Trümmi in seiner Instagram-Story, nur wenige Stunden vor der Randale.
Sicher sein könne man sich nicht. Doch die Aktivisten wissen, dass die Initiative, die für Umweltschutz, Menschenrechte und Antikapitalismus steht, einigen Gruppe ein Dorn im Auge ist.
Trümmi-Besetzer: Man kann gemeinsame Nenner finden
"Im Endeffekt muss man doch über alles reden können, sich einfach zusammensetzen", findet Flo.
Beide haben die Erfahrung gemacht, dass man so auf einen gemeinsamen Nenner kommen kann.
"Gerade ältere Menschen, die zunächst denken, dass wir hier nichts mit unserem Leben anfangen, teilen unsere Meinung, dass der Klimawandel bedrohlich ist, dass Armut bekämpft werden sollte, dass keine Luxuswohnungen gebaut werden müssen, wenn es Leerstand gibt", fasst Hektor zusammen.
Der Magdeburger ist schon von Anfang an dabei und nutzt seine Freizeit zwischen Abitur und Studium für den Trümmi-Erhalt. Für ihn geht es vor allem darum, sich für die Natur und bezahlbaren Wohnraum einzusetzen.
"Man sitzt nicht seit zehn Wochen im Wald und setzt sich mit Polizei und faschistischen Anfeindungen auseinander, weil man nichts zu hat, sondern weil einem das am Herzen liegt", verteidigt auch Flo die Initiative.
Tierische Überraschung im Trümmerwald
Für Flo wurde der Trümmi eine Herzensangelegenheit, als sie eine tierische Überraschung erlebte: Sie döste gerade unten im Zelt, als sie von einem lauten Atmen geweckt wurde.
"Ich dachte, wer anders hat sich auch hingelegt", so die Harzerin. Doch als sie Taschenlampe anmachte, fing das Staunen an: "Neben mir lag ein kleiner Igel auf der Matratze, der laut geschnarcht hat beim Schlafen", lacht sie.
Später dachte sie: "Dieser kleine Igel, mit dem ich mich jetzt angefreundet habe, hat doch kein anderes Zuhause."
Trotz der Übergriffe lassen sich Flo und Hektor also nicht unterkriegen. Denn andererseits ist die Unterstützung groß: Der Trümmi habe sich zu einem Ort entwickelt, an dem verschiedenste Menschen zum Austausch zusammenkommen.
"Da spürt man einen Stadtzusammenhalt, den man im Alltag nicht so wahrnimmt", findet Flo. Noch immer bringen ihnen Menschen Essen und Getränke, die Anwohner haben ihnen sogar Strom gelegt.
"Da merkt man: Hier gibt es eine Sache, die viele Leute zusammenbringt."