Magdeburger Todesfahrer hat selbst viele Anzeigen erstattet

Von Dörthe Hein

Magdeburg - Der spätere Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt ist Sachbearbeiterinnen der Polizei als vielfacher Anzeigenerstatter aufgefallen, der sehr fordernd auftrat.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt will die Tat aufklären. (Archivbild)
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt will die Tat aufklären. (Archivbild)  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Eine 52-Jährige beschrieb im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wie der Mann aus Saudi-Arabien ihr im Januar 2019 gegenübersaß: selbstsicher, glaubhaft, seine Anliegen habe er in einem sehr guten Deutsch vorgebracht.

An ein Detail erinnerte sie sich zudem: Er habe erklärt, sich Ethanol gespritzt zu haben. Sie habe daraufhin sein Gesicht angeschaut, es habe leicht aufgedunsen gewirkt.

In seinen Anzeigen sei es etwa um den Verdacht auf Spionage gegangen, bestätigt habe sich das laut Landeskriminalamt später aber nicht.

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Gefragt nach seinen Beweggründen sagte die Sachbearbeiterin, sie fand, der Anzeigenerstatter habe sich als Menschenrechtsaktivisten gesehen. Flüchtlingshelfer habe er als Konkurrenz betrachtet.

"Ich denke, er wollte so viele Frauen wie möglich aus Saudi-Arabien zur Flucht verhelfen und wollte sie allein betreuen." Sie vermute, er habe so ein bestimmtes Ansehen erreichen wollen.

Der Mann aus Saudi-Arabien sei anfangs sehr sachlich gewesen, später habe sie von ihm aber einen Anruf erhalten, in dem er Frust gezeigt habe über Entscheidungen der Behörden. So etwas komme aber immer mal wieder vor.

Anzeigen mit vielen arabischen Quellen

Taleb al-Abdulmohsen (50) war den Behörden schon vor seiner Tat als "Vielschreiber" bekannt. (Archivbild)
Taleb al-Abdulmohsen (50) war den Behörden schon vor seiner Tat als "Vielschreiber" bekannt. (Archivbild)  © Saale Grill Bernburg/dpa

Eine Sachbearbeiterin aus dem Polizeirevier Salzlandkreis berichtete ebenfalls von vielen Anzeigen von Taleb al-Abdulmohsen, die sie bearbeitet habe. Sie alle hätten den Bezug zu Saudi-Arabien gehabt.

Es seien viele Screenshots mit Nachrichten aus sozialen Medien sowie Links zu Beiträgen auf Arabisch beigefügt gewesen.

Er habe Personen beschuldigt, für die Regierung von Saudi-Arabien zu arbeiten.

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Sie habe aber nicht nachvollziehen können, welche Delikte in seitenlangen E-Mails überhaupt zur Anzeige gebracht werden sollten und habe die Vorgänge weitergeleitet, so die Sachbearbeiterin.

An ihr Treffen mit dem Anzeigenerstatter erinnere sie sich nicht.

Prozessauftakt am 10. November

Das Interims-Gerichtsgebäude wurde speziell für den Prozess gegen den Todesfahrer gebaut, um allen Nebenklägern Platz zu bieten.
Das Interims-Gerichtsgebäude wurde speziell für den Prozess gegen den Todesfahrer gebaut, um allen Nebenklägern Platz zu bieten.  © Jan Woitas/dpa

Kurz vor Weihnachten war der 50-Jährige, der im Maßregelvollzug in Bernburg als Arzt arbeitete, mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast.

Dabei wurden sechs Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft.

Der Prozess gegen ihn soll am Montag kommender Woche beginnen.

Im Untersuchungsausschuss war bereits herausgearbeitet worden, dass al-Abdulmohsen sehr viel Kontakt zu Behörden hatte und als sogenannter Vielschreiber eingestuft worden war.

Titelfoto: Saale Grill Bernburg/dpa

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