Nach linken Aktionen: Boris Palmer über linksextreme Gewalt

Tübingen - Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (47, Grüne) meldet sich immer wieder zu gesellschaftlichen Themen zu Wort, etwa zum Linksextremismus. Nach mehreren Vorfällen war es jetzt wieder so weit.

Tübingens OB Boris Palmer.
Tübingens OB Boris Palmer.  © Silas Stein/dpa

Deutschlands wohl bekanntestes Stadtoberhaupt nutzte dafür wie so oft seine Facebook-Seite.

In einem Posting verweis er auf den Spiegel-Text "Noch ein Foto, dann hau ich Dir aufs Maul!", in dem es um die zunehmende Gewaltbereitschaft von militanten Linken geht.

Dazu schrieb er: "Die Beobachtung, dass sich aus der Überzeugung, auf der Seite des Guten zu stehen, wieder Gewaltbereitschaft ableitet, mache ich auch in Tübingen seit einigen Jahren."

Tübingens OB Boris Palmer plant politischen Farbenwechsel
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Der 47-Jährige stellt klar: "Und nein, wer Gewalt von Links kritisiert, billigt Gewalt von Rechts dadurch in keiner Weise."

Die Stadt Tübingen war in den vergangenen Wochen Schauplatz mehrere linksradikaler "Aktionen" geworden. So hatten Linke etwa in der Nacht auf Montag, 20. Januar, die Glasfront einer Mercedes-Niederlassung mit Bitumen beschmiert. Auf der von Linksextremen genutzten Website Indymedia posteten sie später ein Bekennerschreiben.

Die Aktion habe sich "ausdrücklich nicht gegen die Menschen, die bei der Tübinger Niederlassung arbeiten" gerichtet, sondern gegen die Beteiligung Daimlers an den türkischen Militäreinsätzen im syrischen Kurdengebiet Rojava.

"Die Unimogs und Panzertransporter (von Daimler, Anm.d.Red.) werden aktuell in Erdogans Krieg gegen die Kurd*innen eingesetzt. Genauso wie der Mercedes Axor Spezialtanker, der die türkische Luftwaffe mit Treibstoff versorgt, bevor sie ihre Bomben über die Dörfer Kurdistans abwerfen", heißt es weiter.

Linksradikale: "Gerichte sind scheiße"

Die versaute Fassade der Mercedes-Niederlassung in Tübingen.
Die versaute Fassade der Mercedes-Niederlassung in Tübingen.  © Indymedia

Kurze Zeit später beschmierten Linke die Fassade der Polizei.

Begründung laut Schreiben: "Gründe dafür finden wir jeden Tag zu viele. Denn die Polizei ist ein autoritärer Haufen und obendrein auch noch mit allerlei (Rechts-) Konservativen und Nazis durchsetzt. Sie schiebt ab, verprügelt Menschen und verbreitet Lügen. Zum Beispiel nach Silvester in Leipzig."

Konkret habe man sich gegen das neue Polizeigesetz in Baden-Württemberg richten wollen.

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Die nächste Schmier-Aktion am Landgericht in der Nacht auf den 4. Februar ging dann aber schief. Wie in dem Text "Solidarität mit der gerazzten Lu15 in Tübingen!" auf Indymedia zu lesen ist, wollten zwei Linke "ein Gericht (...) in Tübingen mit Farbe (...) markieren", wurden jedoch erwischt.

Wie die Autoren schreiben, sind "Gerichte (...) scheiße, da sie die bestehenden Machtverhältnisse, die uns unterdrücken und ausbeuten, reproduzieren und stützen".

Die Polizei nahm in Tübingen eine 23-Jährige "und einen einschlägig polizeibekannten und vorbestraften 24-jährigen Mann" vorübergehend fest, wie sie in einer Pressenotiz schreibt. Die beiden hatten einen mit Farbe gefüllten Feuerlöscher nutzen wollen, um die Fassade zu versauen. Doch der funktionierte offenbar nicht.

Schweigen über gewaltbereite Linke?

In den Augen Palmers ist der "Versuch, Schweigen über die gewaltbereite Linke zu hüllen", zum Scheitern verurteilt. (Symbolbild)
In den Augen Palmers ist der "Versuch, Schweigen über die gewaltbereite Linke zu hüllen", zum Scheitern verurteilt. (Symbolbild)  © Markus Scholz/dpa

Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurden Beweismittel gefunden, die "möglicherweise im Zusammenhang (...) mit den Sachbeschädigungen zum Nachteil eines Autohauses im Industriegebiet Tübingen und eines Polizeigebäudes im Januar dieses Jahres stehen".

Für den kommenden Freitag, 14. Februar, wird nun von auf Indymedia zu einer Soli-Demo für die beiden Festgenommenen sowie das anschließend durchsuchte, linke Wohnprojekt "Lu15" aufgerufen. Beginnen soll diese um 17.30 Uhr in Tübingen.

Nach all dem fragt sich Boris Palmer in seinem Posting, "wie man nach den Anschlägen in Tübingen der letzten Wochen ernsthaft zu einer Solidaritätsdemo einladen kann, wenn Tatverdächtige auf frischer Tat ertappt und Beweismittel sicher gestellt werden".

Laut Rathauschef hätten die Bekennerschreiben auf Indymedia exakt den Tenor gehabt, der befürchten lasse, dass es bei Gewalt gegen Sachen nicht bleibe.

Die User kommentierten den Beitrag fleißig. Ein Nutzer kam auf die Welle an Bedrohungen und Beleidigungen zu sprechen, die seit der Wahl Thomas Kemmerichs (54, FDP) über den Freidemokraten zusammenbricht: "Die Geister, die die Presse rief... und sich nachher über Angriffe auf FDP-Politiker, deren Kinder oder Ehegatten wundert." Und weiter: "Davon abgesehen bei der AfD schon normal und ebenfalls völlig legitim, man kämpft ja für eine gute Sache (und schafft parallel Demokratie und Meinungsfreiheit ab)".

Ein anderer befand: "Als Linksterrorist muss man aktuell halt keine Angst haben durch alle Lebensbereiche geächtet, verfolgt und bestraft zu werden."

Wiederum ein anderer User echauffierte sich über Palmer, warf ihm vor, "Sachbeschädigung auf eine Stufe mit brennenden Asylantenheimen und hingerichteten Politikern" zu stellen. Der Grüne empfand das als unentschuldbar: "Der Versuch, Schweigen über die gewaltbereite Linke zu hüllen, weil man angeblich die Rechten stärkt, wenn man das anspricht, ist einfach zum Scheitern verurteilt."

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