Aus DDR und nach der Wende: Dresdner Fotografin (81) zeigt großen Bilderschatz

Dresden - Carla Arnold (81) lernte mit 15 Jahren ihr Handwerk, fertigte bis heute Zehntausende Bilder für Magazine und Zeitungen an, hielt Menschen und Bauwerke Dresdens, der DDR und der Nachwendezeit fest. Jetzt übergibt sie ihren Foto-Bestand ans Stadtarchiv: ein dokumentarischer Schatz aus mehreren Jahrzehnten.

Ein Leben für die Fotografie: Seit sechs Jahrzehnten hält Carla Arnold (81) Land und Leute auf ihren Bildern fest.
Ein Leben für die Fotografie: Seit sechs Jahrzehnten hält Carla Arnold (81) Land und Leute auf ihren Bildern fest.  © Petra Hornig

Sie wuchs in Trachenberge auf, machte nach dem Krieg in der Neustadt bei Erica Stroedel (1899-1984) eine Lehre zur Fotografin. "Mein Vater Walter war auch Fotograf. Er sagte, mach doch einfach das Gleiche wie ich."

In den 60er-Jahren arbeitete sie für den Verlag "Zeit im Bild", reiste von der Ostsee bis zum Harz. "Am liebsten habe ich für Reportagen Land und Leute fotografiert. Auch Porträts von Künstlern und Kindern habe ich sehr gerne gemacht."

Ein Wendepunkt in ihrem Leben 1981: Nachdem Carla Arnold (kein SED-Mitglied) bei einer Auslandsreise einen Bekannten traf, der aus der DDR ausgereist war und die Stasi davon Wind bekam, entließ sie der Verlag.

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Bis zur Wende arbeitete sie als freie Fotografin für Betriebe wie Pentacon, machte auch Werbefotos. Unzählige Stunden verbrachte sie in der Dunkelkammer.

"Mein Credo war es, immer das Schöne darzustellen. Das Positive im Leben."

Nach der Wende arbeitete sie bei der neu gegründeten Morgenpost. Längst könnte Carla Arnold ihre Rente genießen, arbeitet aber lieber weiter: "Weil Fotos ein Vergnügen für mich sind. Wenn ich eine Kamera in die Hand nehme, bin ich glücklich. Es ist meine Leidenschaft." Und so fotografiert die 81-Jährige auch heute weiter, etwa fürs Dresdner Magazin "Augusto".

Und jetzt erfüllte sich auch der Wunsch ihrer Tochter Franziska (54, als Schauspielerin bekannt aus der TV-Serie "Frauenknast"), das Foto-Vermächtnis für die Nachwelt zu bewahren.

Denn das Stadtarchiv übernahm ihren Bestand, darunter viele Bilder aus den 70er- bis 90er-Jahren. "Ich bewundere Frau Arnold als Dresden-Dokumentarin. In ihren Foto-Kisten lagert ein Schatz", schwärmt Archiv-Leiter Thomas Kübler (53). Ihre Bilder sollen nun digitalisiert werden.

Fünf Bilder und ihre emotionalen Geschichten

Der Wiederaufbau der Frauenkirche.
Der Wiederaufbau der Frauenkirche.  © Carla Arnold

1. Gänsehauterlebnis Frauenkirche

Carla Arnold dokumentierte den Wiederaufbau der zerstörten Frauenkirche. Den Krieg hatte sie als Kind (1938 geboren) erlebt. Ihre Mutter war vor dem 13. Februar aus der Stadt geflohen: "Sie setzte mich in einen Kinderwagen, lief zu Fuß bis nach Bischofswerda. In der Bombennacht waren wir auf einem Hügel, blickten nach Dresden. Ich erinnere mich noch an den ganz roten Himmel." Auch war das feierliche Aufsetzen der Turmhaube auf die Frauenkirche 2004 "einer der Höhepunkte meines Lebens", sagt sie. "Wenn ich an das Läuten der Glocken denke, bekomme ich noch heute Gänsehaut."

Silvestershow im Hotel Bellevue mit Dorit Gäbler und dem Dresdner Salon-Orchester.
Silvestershow im Hotel Bellevue mit Dorit Gäbler und dem Dresdner Salon-Orchester.  © Carla Arnold

2. Sturz in Dorit Gäblers Pool

Viele Male fotografierte Carla Arnold Promis. Auch Schauspielerin Dorit Gäbler (76, hier bei einer Silvestershow 2003). Ende der 90er-Jahre kam es dabei jedoch zu einem schmerzhaften Unfall. "Ich wollte sie in ihrem Zuhause in Friedewald fotografieren. Ich schaute durch die Kamera, nutzte eine lange Optik. So ging ich Schritt für Schritt zurück, bis ich plötzlich mit dem Bein ins Leere trat - und in ihren Pool knallte. Mitsamt Kamera und Brille. Es war im Winter, ich brach durch eine Eisschicht, war klitschnass. Und Dorit Gäbler stand am Beckenrand, rief: 'Oh Gott, oh Gott!' Sie lieh mir dann Wechselsachen, inklusive Unterwäsche." Stark: Carla Arnold fuhr in die Redaktion, erst danach zum Arzt. Der diagnostizierte Schienbeinbruch und Sehnenriss - unter dem sie noch heute leidet.

Christine Beutmann (heute 39)
Christine Beutmann (heute 39)  © Carla Arnold

3. Mit Treppenfoto Karriere gemacht

Bis heute ist das Dresdner Model Christine Beutmann (39) gefragt, posiert für Kataloge, strahlt von den Titelseiten, machte auch für Hustensaft und Hautcreme Reklame. Entdeckt und bekannt gemacht hat sie Carla Arnold: "Sie wohnte bei uns auf der Straße in Strehlen. Ich suchte Models für Mode, fragte sie einfach, fotografierte sie." Mit den Fotos, eines davon an einer Treppe in Elbnähe gemacht, gewann die 16-jährige Gymnasiastin den Wettbewerb "Gesicht 94" - der den Weg für die Karriere ebnete. Übrigens: Auch Fotografin Arnold arbeitete rund zehn Jahre nebenberuflich vor der Kamera als Model.

Maler Curt Querner (1904-1976)
Maler Curt Querner (1904-1976)  © Carla Arnold

4. Bilder-Präsent verschmäht

Für Porträtfotos besuchte Carla Arnold den sächsischen Maler Curt Querner (1904-1976) in dessen Haus in Börnchen (Bannewitz). "Ende der 60er-Jahre war er noch nicht ganz so bekannt. Er zeigte uns seine Bilder, bot mir ein Aquarell für'n Appel und'n Ei an. Damals hatte ich aber irgendwie keinen Bedarf dafür", sagt sie und lacht. Denn heute zieren Querners Werke die Staatlichen Kunstsammlungen, werden in Kupferstichkabinett und Gemäldegalerie (Neue Meister) ausgestellt ...

Junge im Kindergarten (Anfang der 80ziger) mit Musikwissenschaftlerin Monika Rost.
Junge im Kindergarten (Anfang der 80ziger) mit Musikwissenschaftlerin Monika Rost.  © Carla Arnold

5. Geheimnis der Kinderaufnahmen

Eine ihrer Lieblingsaufnahmen gelang Carla Arnold vor etwa vier Jahrzehnten bei der bekannten Gitarristin und Musikwissenschaftlerin Monika Rost (heute 76). "Sie hatte auf der Gitarre geklimpert. Da kam neugierig ihr Junge dazu und ich fotografierte einfach." Ihr Geheimnis für solch entzückende Aufnahmen mit Kindern: "Ich gab ihnen immer 15 Minuten Zeit, sich an mich zu gewöhnen, zeigte ihnen etwa die Kamera. Und Kinder darf man nie dirigieren oder posieren lassen. Am besten sie benehmen sich so, wie sie sind: nämlich unvoreingenommen."

Stadtarchiv-Amtsleiter Thomas Kübler (53) nimmt den Foto-Schatz entgegen.
Stadtarchiv-Amtsleiter Thomas Kübler (53) nimmt den Foto-Schatz entgegen.  © Petra Hornig
Fotografin Carla Arnold 1971 mit 33 Jahren.
Fotografin Carla Arnold 1971 mit 33 Jahren.  © Petra Hornig
Diese Aufnahme eines Mädchens brachte der Fotografin 1979 die Auszeichnung "Titelbild des Jahres" ein.
Diese Aufnahme eines Mädchens brachte der Fotografin 1979 die Auszeichnung "Titelbild des Jahres" ein.  © Petra Hornig

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