Meine Meinung: Wie echt ist die heilige "Klima-Greta"?

Stuttgart - Zwei Zöpfe, ernster Blick, Schelte gegenüber den Erwachsenen: So kennt man Greta Thunberg. Die 16-jährige Klimaaktivistin ist seit Monaten nahezu täglich in den Medien.

Die "Goldene Kamera" in den Händen: Greta Thunberg am Samstagabend.
Die "Goldene Kamera" in den Händen: Greta Thunberg am Samstagabend.  © DPA

Am Samstag bekam sie dafür den Ehrenpreis der Goldenen Kamera in Berlin überreicht. Das Haar trug sie diesmal offen, doch der ernste Blick war auch bei der Preisverleihung nicht zu übersehen. Und die Schelte nicht zu überhören.

"Wir leben in einer merkwürdigen Welt", sagte Greta in Berlin, "in der Kinder ihre Ausbildung opfern müssen, um gegen die Zerstörung ihrer Zukunft zu protestieren." Und in dieser Welt, kritisierte die 16-Jährige mit Blick auf die Promis, da erheben sich Prominente, Film- und Pop-Stars gegen alle Ungerechtigkeiten, aber nicht für die Umwelt oder die Klima-Gerechtigkeit: "Denn das würde sich auf ihr Recht auswirken, um die Welt zu fliegen und ihre liebsten Restaurants, Strände und Yogaseminare zu besuchen."

Ob Greta die anwesenden Promis mit ihrer Absicht, dem Kampf für das Klima und gegen fossile Brennstoffe, am Abend wirklich erreichte? Ob die nun wirklich nicht mehr umher jetten und Kreuzfahrten sein lassen? Ich bezweifle es.

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Fest steht: Greta Thunberg ist ein Phänomen. Und: Die 16-Jährige spaltet. Die einen bejubeln sie, sehen sie als eine Art von Klima-Heiliger an - oder schwänzen freitags für die Aktion "Fridays for Future" die Schule. Die anderen verspotten sie als "Klima-Greta", machen sich über ihr Asperger-Syndrom lustig - und wollen vor allem eines: nichts von ihr hören.

Berlin vor wenigen Tagen: Greta (Mitte) bei der "Fridays for Future"-Demo.
Berlin vor wenigen Tagen: Greta (Mitte) bei der "Fridays for Future"-Demo.  © DPA

Für mich ist Greta keine Prophetin, keine Heilige und auch keine Lachnummer - für mich ist sie vor allem ein Medienphänomen.

Seit ihrem Auftritt im polnischen Kattowitz im vergangenen Dezember ist sie für jedermann ein Begriff. Bei der dortigen Klimakonferenz schenkte sie den Anwesenden ordentlich ein: "Ihr sagt, dass ihr Eure Kinder über alles liebt. Und trotzdem stehlt Ihr ihnen ihre Zukunft, direkt vor ihren Augen."

Die Rede katapultierte sie sofort in die Medien. Greta hier, Greta da. Greta als Gallionsfigur der Schüler-Klima-Bewegung (andere ätzen: Schulschwänzer-Bewegung). Und Greta, die Lob von Kanzlerin Angela Merkel bekommt. Selbst für den Friedensnobelpreis wurde sie nominiert.

Früh kam jedoch auch Kritik an der 16-Jährigen auf. Und daran, wie sie medial inszeniert werde. Die schweizer Weltwoche etwa schaute kritisch auf die Verbindungen zwischen Gretas Mutter, der Opernsängerin Malena Ernman, und dem PR-Profi Ingmar Rentzhog. Rentzhog steht hinter der Umwelt-Plattform "We don't have time", die laut Manifest auf der Homepage das weltweit größte Social-Media-Netzwerk zum Thema Klimawandel erschaffen möchte. Ziel: "Wandel durch die Kraft der vielen".

Rentzhog postete im August 2018 über Greta auf seiner Facebook-Seite (garniert mit dem Hashtag #wedonthavetime) und schaffte so erstmals Öffentlichkeit für die Teenagerin. Monate später folgte der Auftritt in Kattowitz. Über die Verbindung zwischen Greta und dem PR-Mann berichtete zuerst der schwedische Wirtschaftsjournalist Andreas Henriksson.

Kattowitz im vergangenen Dezember: Die leeren Stuhlreihen stechen ins Auge.
Kattowitz im vergangenen Dezember: Die leeren Stuhlreihen stechen ins Auge.  © Screenshot SVT

Gegenüber Focus Online sagte er, dass Greta Thunberg kein PR-Produkt sei. Aber sehr schlau!

"Zu Greta gehört, dass sie sehr clever ist, zum Beispiel, wie sie soziale Medien für ihre Zwecke nutzt. Zudem ist ihre Mutter ein großer Star in Schweden und schon seit Jahren sehr aktiv als Aktivistin in sozialen Medien. Und Rentzhog gehört auch zu dem Team, auf das Greta gebaut hat, weil sie eben sehr schlau ist", so Henriksson.

Und auch der Auftritt Gretas in Kattowitz sorgte für Gesprächsstoff. Während ihrer Rede ist die Teenagerin recht nahe gefilmt worden, der Rest des Raumes blieb weitgehend unsichtbar. Auch der anschließende Applaus klang eher spärlich.

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Sprach sie dort nun also vor vielen Zuhörern oder wie Kritiker unken vor leeren Stühlen? Aufnahmen des öffentlich-rechtlichen schwedischen Senders SVT bringen da Klarheit. In der zweite Hälfte eines Videos zu ihrem Auftritt ist deutlich zu sehen: Die Stuhlreihen sind weitestgehend leer.

Der Ausgangspunkt ihres medialen Siegeszugs lässt bei mir ein ungutes Gefühl in der Magengrube aufkommen. Greta, die tapfer den großen Politikern dieser Welt in Kattowitz die Leviten vor vollem Haus liest - so war es damals im Dezember nicht. Und: Inwiefern spricht bei ihren Reden die 16-Jährige und wie viel davon ist guter PR-Arbeit geschuldet?

Fest steht für mich aber auch: Egal wie, die junge Schwedin bewegt. Abertausende Menschen gehen inspiriert durch sie auf die Straße. Das Thema Klimawandel wird erneut lautstark ins öffentliche Bewusstsein getragen. Greta Thunberg ist und bleibt also ein Phänomen. Aber eben eines, das auch Fragen aufwirft.

TAG24-Redakteur Patrick Hyslop.
TAG24-Redakteur Patrick Hyslop.  © privat

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