Was haben Pilze mit dem Klimawandel zu tun?

Schwarzwald/Berlin - In Zeiten von Corona haben viele Leute die Schönheit der Natur für sich entdeckt. Spaziergänge sind fast zum Volkssport Nummer eins geworden. In ihrem Buch "Mittendrin im Draußen" beschreiben Norman Glatzer (28) und Vanessa Braun (28), wie die Natur direkt vor der Haustür ohne weit zu reisen mit allen Sinnen erfahren werden kann und was es dabei zu entdecken gibt. Ein Reiseführer in die Natur. TAG24 hat die Autoren zum Interview gebeten.

Norman Glatzer (28) und Vanessa Braun (28) beim Pilze sammeln in einem Wald.
Norman Glatzer (28) und Vanessa Braun (28) beim Pilze sammeln in einem Wald.  © Buschfunkistan

TAG24: Wie begann Ihr Interesse an der Natur und was hat es mit dem Flockenstieligen Hexenröhrling auf sich?

Als wir den Flockenstieligen Hexenröhrling zum ersten Mal sahen, wurde uns bewusst, wie wenig wir über die Natur wissen. Sein Hut ist braun, sein Stiel ist rot beflockt. Das Fleisch ist gelb, doch wenn man es anschneidet, wird es sofort blau. Dieses kunterbunte Farbenspiel faszinierte uns so sehr, dass wir uns fortan immer mehr mit der Natur beschäftigten.

TAG24: Dass Pflanzen unsere Sauerstoff-Lieferanten sind, ist bekannt. Doch sind Pflanzen weit unterschätzt und können sie etwa auch sehen, riechen oder hören?

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Über die sinnliche Wahrnehmung von Pflanzen ist noch gar nicht so viel bekannt. Aber verschiedene Experimente zeigen, dass sie nicht einfach nur so dastehen und wachsen, sondern ihre Umgebung sehr genau wahrnehmen.

TAG24: Menschen könnten ohne Pilze nicht leben, warum?

Würde es keine Pilze geben, wäre der Planet voller Laub, Nadeln und Totholz. Sie verdauen diese Materie und geben die Nährstoffe zurück in das Ökosystem. Außerdem leben viele Bäume und Pflanzen mit Pilzen in Symbiose, das heißt in stetigem Nährstoffaustausch, und könnten darum ohne sie nicht existieren. Ohne Bäume und Pflanzen gebe es weder Sauerstoff, noch Nahrung, noch Medizin.

Pilze sind für klimatische Veränderungen besser gerüstet

Das Cover des Buchs "Mittendrin im Draußen".
Das Cover des Buchs "Mittendrin im Draußen".  © Allegria

TAG24: Was haben Pilze mit dem Klimawandel zu tun?

Auch Pilze sind vom Klimawandel betroffen, denn sie lieben Regen. Wenn es mehr Dürren gibt, ist das schlecht für die Pilze. Aber auch eine intensive Forstwirtschaft und eine Überdüngung der Böden in der Landwirtschaft gefährden Pilze akut. Umgekehrt können Pilze aber Bäumen helfen, gegen klimatische Veränderungen besser gerüstet zu sein. Sie können zum Beispiel Wasser auch noch dort aus dem Boden ziehen, wo der Baum mit seinen Wurzeln nicht mehr hinkommt.

TAG24: Wie sieht der perfekte Wald aus und warum wäre das gut für Mensch und Natur?

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Der perfekte Wald ist sich selbst überlassen und wird zu einem Urwald. In ihm finden wir nicht nur eine extreme Artenvielfalt an Pflanzen, Pilzen, Tieren, Flechten und Moosen, sondern auch eine unerschöpfliche Quelle der Lebenskraft.

TAG24: Moose und Flechten: Welche besonderen Eigenschaften haben sie?

Moose und Flechten gehörten zu den ersten Lebewesen an Land. Sie haben einen großen Anteil an der Erschaffung des Bodens, auf dem jetzt die Pflanzen gedeihen. Aber auch jetzt sind sie noch absolut relevant. Ohne das Torfmoos gäbe es zum Beispiel keine Moore. Moore gehören zu den besten CO2-Speichern überhaupt und können einen großen Beitrag leisten, den Klimawandel in den Griff zu kriegen.

Natur mit allen Sinnen erfahren

Vanessa Braun (28) kommt aus dem Schwarzwald und arbeitet, wenn sie nicht in der Natur ist, als Yogalehrerin und Heilpraktikerin.
Vanessa Braun (28) kommt aus dem Schwarzwald und arbeitet, wenn sie nicht in der Natur ist, als Yogalehrerin und Heilpraktikerin.  © Buschfunkistan

TAG24: Welche besonderen Tiere kann man draußen entdecken?

Besonders faszinierend finden wir Dachse. Man bekommt sie nur selten zu sehen, weil sie tagsüber in ihren komplexen und teilweise uralten unterirdischen Höhlensystemen leben. Nachts sind sie dann draußen unterwegs und suchen zum Beispiel nach ihrer Leibspeise: Regenwürmern.

TAG24: Sehen, Riechen, Schmecken, Hören - was gibt es vor unserer Tür zu entdecken?

Die Natur ist ein Paradies für die Sinne. Dort gibt es Blüten, die ihre Farben wechseln, Pilze, die nach Multivitaminsaft duften, Kräuter, die nach Banane schmecken und Pirole, die uns im Frühling in Trance singen.

TAG24: Da bekommt man ja richtig Lust auf Natur. Was sind für Sie die beeindruckendsten Pilze, Pflanzen oder Tiere?

Die Puppenkernkeule ist ein ganz besonders faszinierender Pilz. Er tötet Schmetterlingspuppen und wächst aus ihren Überresten. Klingt erstmal ziemlich merkwürdig und gefährlich, doch auf uns Menschen wirkt dieser Pilz wiederum leistungssteigernd und gesundheitsfördernd.

Giftige Pflanzen und Pilze können tödlich sein

Norman Glatzer (28), Pilzsachverständiger, weiß welche Pilze man essen kann.
Norman Glatzer (28), Pilzsachverständiger, weiß welche Pilze man essen kann.  © Buschfunkistan

TAG24: In Ihrem Buch beschreiben Sie auch giftige Pilze und Pflanzen: Wie kann man sicher gehen, dass der Verzehr nicht tödlich endet?

Man muss lernen, wie man die Pflanzen und Pilze richtig bestimmt. Bei manchen geht das recht einfach, bei manchen wird es eher zu einer Lebensaufgabe. Unser Tipp ist es, erstmal mit einfacheren Arten anzufangen. Bei den Pilzen wären das zum Beispiel die Röhrlinge. Unter ihnen sind die meisten essbar, und es gibt nur wenige Giftige, die auch alle nicht tödlich sind.

TAG24: Was ist ihr Tipp an alle Natur-Interessierten?

Egal wie das Wetter ist, ab nach draußen! Wer die Natur liebt, sollte so viel wie möglich Zeit in ihr verbringen, egal ob im Park oder im tiefen Wald.

Das Buch "Mittendrin im Draußen - Pilze, Pflanzen und Tiere direkt vor der Haustür - Eine Entdeckungsreise" ist im Allegria-Verlag erschienen und für 16,99 Euro erhältlich. Norman Glatzer aus Berlin und Vanessa Braun aus dem Schwarzwald betreiben außerdem den YouTube-Kanal "Buschfunkistan".

Titelfoto: Buschfunkistan

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