Kann man wirklich "blind vor Liebe" sein oder jemanden "süß" finden?

München/Regensburg - Zum Valentinstag säuseln sich so manche Frischverknallten den einen oder anderen Liebesschwur ins Ohr. Dabei sind auch Dinge zu hören, die recht abgedroschen klingen: blind vor Liebe sei man, könne sich gut riechen. Doch was ist da aus wissenschaftlicher Sicht dran? Und was, wenn man am Ende allergisch aufeinander reagiert?

Wenn wir verliebt sind, spielt unser Körper verrückt. (Symbolbild)
Wenn wir verliebt sind, spielt unser Körper verrückt. (Symbolbild)  © DPA

Ein fachlicher Blick auf das Phänomen Liebe:

Liebe geht durch den Magen: Frisch Verliebte können angeblich allein von Luft und Liebe leben. Verantwortlich dafür ist wohl das Hormon Phenylethylamin, das bei Verliebten reichlich gebildet wird und zu einem gezügelten Appetit führt.

Anders sieht es in längeren Beziehungen aus: Studien zeigen, dass glückliche Paare im Schnitt mehr wiegen als Singles. Menschen in glücklichen Partnerschaften wiegen zudem mehr als solche in kriselnden. "Dies ist womöglich auf den sinkenden Konkurrenzdruck in glücklichen Partnerschaften zurückzuführen", berichten Martina Müller-Schilling, Sophie Schlosser und Stephan Schmid vom Uniklinikums Regensburg (UKR).

Influencerin stellt fünf Dating-Regeln für Männer auf
Liebe Influencerin stellt fünf Dating-Regeln für Männer auf

Gerade am Valentinstag könnten ein Durcheinander von Hormonen und damit Chaos im Magen entstehen, sagt Yurdagül Zopf vom Uniklinikum Erlangen. Beim gemeinsamen Essen werde vermehrt das "Kuschel- oder Beziehungshormon" Oxytocin ausgeschüttet, das auch den Appetit hemmt.

"Neusten Erkenntnissen nach führt Oxytocin jedoch nicht bei jedem zu einem Abnehmeffekt, denn es kann auch sein, dass die Lust nach Süßem verstärkt hervorgerufen wird", so Zopf. In der Phase der Verliebtheit werde der Körper auch von den Geschlechtshormonen Testosteron und Östrogen reguliert. "Diese werden hauptsächlich unter Stresseinfluss ausgeschüttet und führen zu einem unruhigen Magendarmtrakt." Und die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin beim Anblick des Gegenübers führt im Zusammenspiel mit den Glückshormonen zum Kribbeln im Bauch.

Verliebt sein: Wenn man sich riechen kann, die Chemie stimmt und man den anderen "süß" findet

Wir können tatsächlich Menschen unterschiedlich "gut riechen", wie Wissenschaftler erklären. (Symbolbild)
Wir können tatsächlich Menschen unterschiedlich "gut riechen", wie Wissenschaftler erklären. (Symbolbild)  © DPA

Sich riechen können / da stimmt die Chemie: Ähnlich wie bei Organspenden passe es nicht immer zwischen zwei Menschen, erklärt Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann vom Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München. Doch scheint in der Liebe die Devise "je fremder, umso besser" zu gelten.

Dabei geht es um Immun-Gene, wie Bernhard Weber, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Regensburg, erklärt. Diese spielen bei der Abwehr von Krankheitserregern eine Rolle. Und je unterschiedlicher der Genpool von Mutter und Vater, desto besser ist der Nachwuchs für möglichst viele Krankheitserreger gewappnet.

Traidl-Hoffmann sagt, es gebe Hinweise, dass Moleküle auf Oberflächen von Zellen, die bei der Erkennung des Immunsystems über Freund oder Feind entscheiden, Duftkomponenten entstehen lassen. "Das trägt zum Körpergeruch bei." Und über die Luft gelangen die Moleküle an die Riechrezeptoren in der Nase.

Mann hat ein Geschenk für seine Schwiegereltern, ihre Reaktion ist unbezahlbar!
Liebe Mann hat ein Geschenk für seine Schwiegereltern, ihre Reaktion ist unbezahlbar!

"Das Gehirn entscheidet dann: passt oder passt nicht." Tests zufolge reicht laut Weber schon der Geruch eines getragenen T-Shirts aus, damit man einen Partner mit deutlich anderen Immun-Genen auswählt.

Jemanden süß finden: "Schon als Kinder wissen wir, dass süß gut ist", sagt Paul Pfluger, der die Abteilung Neurobiologie des Diabetes am Helmholtz Zentrum München leitet. "Kleinkinder stehen in der Regel auf Schokolade. Es gibt nur wenige, die das nicht mögen." Zudem habe Schokolade für viele einen Belohnungseffekt. "Je weniger man isst, je mehr man fastet, desto mehr Freude hat man", erklärt der Wissenschaftler. Daher werde der Begriff wohl auch in anderen Themenbereichen positiv besetzt verwendet.

Gleich und gleich gesellt sich gern: Gerade bei auf Dauer angelegten Beziehungen ähnelten sich Partner nachweislich sehr häufig, sagt der Psychologe Roland Deutsch von der Würzburger Universität. Das sei für das Zusammenleben wichtig: "Eine total introvertierte Person wird es schwierig haben mit einem sehr Extrovertierten, eine Nachteule mit einem Frühaufsteher."

Homogamie heißt der Fachbegriff für Gleichartigkeit von Partnern etwa bei der Attraktivität. Nun könnte man meinen, jeder hätte gern einen besonders attraktiven Partner. "Aber es gibt einen Marktaspekt", sagt Deutsch. Die Attraktivsten finden sich, dann die Zweitattraktivsten und so weiter. "Und wenn es eine starke Unähnlichkeit gibt, fördert das die Eifersucht bei den Partnern, die schlechter abschneiden."

Gegensätze ziehen sich an: Männer achten aufs Aussehen, Frauen suchen Status und Intelligenz

Gleich und gleich gesellt sich gerne, doch manchmal ziehen sich Gegensätze an. (Symbolbild)
Gleich und gleich gesellt sich gerne, doch manchmal ziehen sich Gegensätze an. (Symbolbild)  © DPA

Gegensätze ziehen sich an: Was hat es dann damit auf sich? Dieses Sprichwort treffe deutlich seltener zu, sagt Deutsch. Es gebe manchmal den "Romeo-und-Julia-Effekt": dass eine Beziehung kurzfristig gestärkt wird, wenn das Paar das Gefühl hat, dass das Umfeld sie nicht gutheißt.

Bei Heterosexuellen unterschieden sich Männer und Frauen teils auch hinsichtlich ihrer Vorlieben bei der Partnerwahl. So achteten Männer beim anderen Geschlecht beispielsweise stärker aufs Aussehen als Frauen. Johannes Kornhuber, Psychiater am Uniklinikum Erlangen, ergänzt: Frauen suchten eher nach Status und Intelligenz. "Dies passt zu dem Klischee eines mächtigen Mannes mit hübscher Frau an seiner Seite."

Treffen unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen aufeinander, habe das durchaus Vorteile wie ausgewogenere Sichtweisen und klügere Handlungen, sagt Kornhuber.

In der asiatischen Tradition stünden Yin und Yang für einander entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte. Dabei stehe das weiße Yang für männlich (aktiv, Bewegung) und das schwarze Yin für weiblich (passiv, Ruhe). Auch manche gegensätzlichen Persönlichkeitseigenschaften passten wie ein Schlüssel ins Schloss.

Liebe macht blind: Ein Botenstoff, der im Gehirn das Gefühl von Verliebtheit entstehen lässt, ist Dopamin. Thomas Loew, Leiter der UKR-Abteilung für Psychosomatische Medizin, vergleicht die Wirkung mit einer wahnhaften Störung. Anders gesagt: Verliebte sind blind für etwaige Fehler des Geliebten. Endorphine, die Glücksgefühle vermitteln und schnell Zufriedenheit herstellen können, führen laut Loew dazu, dass Liebende sich zumindest anfangs vollkommen ausreichten. "Kommt dann noch die körperliche Berührung ins Spiel, wird zusätzlich das Oxytocin - gerne auch Kuschelhormon genannt - aktiviert, das auf Dauer eine Bindung entstehen lässt."

Beziehungen: Zuerst ist man infiziert und dann allergisch auf den Partner

Von Liebe infiziert: Der Leiter der Stabsstelle Infektiologie des UKR, Bernd Salzberger, vermutet keinen wissenschaftlichen, sondern eher einen kulturellen Hintergrund dieser Floskel, da der Begriff lange vor einem modernen Verständnis von Infektionskrankheiten entstanden ist. "Wie eine Infektionskrankheit kann auch die Liebe Menschen so transformieren, dass die Umgebung annimmt, hier ist es zu einem Verlust der Gesundheit - oder des gesunden Menschenverstands - gekommen", erklärt der Mediziner.

Auch sei Liebe als Phänomen ansteckend, trete also in Gruppen gehäuft und in zeitlichem Zusammenhang auf. Und letzten Endes bringe die Liebe auch eine Reihe von Infektionsgefahren mit sich: etwa die Übertragung des Epstein-Barr-Virus, das die "Kusskrankheit" auslöst, bis zur HIV-Infektion.

Allergisch aufeinander reagieren: Auch wenn es mal nicht passt mit einem Gegenüber, haben Forscher eine mögliche wissenschaftliche Erklärung parat: So können etwa Duftstoffallergien jede Zweisamkeit verderben. Die in Parfüms, Cremes oder Seifen enthalten Duftstoffe wie Eugenol oder Limonen lösten bei einigen Menschen Allergien aus, so Traidl-Hoffmann.

"Wenn man darauf allergisch ist, reicht schon eine geringe Menge." Doch auch hier gilt der Spruch, die Dosis mache das Gift: "Je länger der Abstand ist, desto besser. Wenn Sie sich morgens einparfümieren, geht das Date am Abend deswegen nicht in die Hose."

Wo wir schonmal an der Gürtellinie sind, weist die Medizinerin auf einen weiteren möglichen Lustkiller hin: "Es gibt Frauen, die auf Sperma allergisch reagieren." Auslöser ist das prostataspezifische Antigen, das zu Verflüssigung des Ejakulats beiträgt.

Titelfoto: DPA

Mehr zum Thema Liebe: