Beratungsstellen alarmiert: Gewalt gegen politische Gegner steigt um 72 Prozent an
Dresden/Berlin - Der brutale Angriff auf den Spitzenkandidaten Matthias Ecke (42, SPD) beim Plakatieren im Europawahlkampf sorgte 2024 bundesweit für großes Aufsehen und löste eine Diskussion über die Zunahme von Gewalt in politischen Auseinandersetzungen aus. Am Dienstag hat der Verband der Opferberatungsstellen (VBRG) in Deutschland seine Bilanz zu rechten, rassistischen und antisemitischen Vorfällen des vergangenen Jahres vorgestellt und zeigt sich alarmiert.

So wuchs die bundesweite Zahl der Angriffe auf politische Gegner 2024 gegenüber dem Vorjahr um 72 Prozent an. Mit 542 Angriffen wurde damit der mit Abstand höchste Wert in den vergangenen zehn Jahren für dieses Tatmotiv verzeichnet. 63 der Angriffe ereigneten sich dabei in Sachsen.
Neben der Attacke auf SPD-Politiker Ecke in Dresden ist hierbei ein Vorfall in Görlitz zu nennen: Kurz vor Weihnachten wurde die Lokalpolitikerin Samara Schrenk (21, Linke) gemeinsam mit Freunden nachts von vermummten Neonazis angegriffen und verletzt.
Die mutmaßlichen Täter, die später ermittelt werden konnten, traten bei dem Überfall noch auf die bereits am Boden liegende junge Frau ein. Im Januar wurde dann auch der CDU-Politiker Dietmar Link (60) Opfer eines körperlichen Angriffs beim Plakatieren in Leipzig, das Tatmotiv blieb in diesem Fall jedoch unklar.
Wie der VBRG am Dienstag mitteilte, waren 2024 bundesweit mindestens 77 Kommunalpolitiker Ziel teils schwerer Gewalttaten von rechts geworden. Besonders krass ist hierbei ein Fall aus dem thüringischen Waltershausen.
Dort setzten Unbekannte den Eingangsbereich des aus Holz errichteten Privathauses eines SPD-Politikers sowie sein davor geparktes Auto in Brand. Glücklicherweise hatten sich die Hausbewohner unverletzt in Sicherheit bringen können.

Auch die Zahl der Brand- und Sprengstoffanschläge wächst deutlich

Die Anzahl der von den Opferberatungsstellen registrierten Brand- und Sprengstoffanschläge stieg bundesweit im Jahresvergleich gegenüber 2023 um 40 Prozent auf insgesamt 45 Fälle an, von denen sechs Sachsen zugeordnet werden.
Einer dieser Vorkommnisse ereignete sich im Juni vergangenen Jahres im sächsischen Ellefeld.
Dort war nachts ein Sprengsatz am Fenster einer Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge explodiert. Ein hinter der Scheibe schlafender 17-Jähriger war dabei erstaunlicherweise nur leicht verletzt worden.
Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte kritisiert, dass sich Betroffene von solchen Gewalttaten häufig vom Staat im Stich gelassen fühlten: "Er muss dafür Sorge tragen, dass rassistische und antisemitische Straftaten als solche erkannt und effektiv geahndet werden", sagte Prof. Dr. Beate Rudolf.
Häufig dauerten die Verfahren jedoch zu lange, oder Ermittlungen verliefen im Sande.
Titelfoto: Robert Michael/dpa