Berlin: So schlecht steht es um die Bildung in der Hauptstadt

Berlin - Die Bildungsqualität in Berlin lässt seit Jahren zu wünschen übrig! Eine neue Studie deckt einmal mehr etliche Schwächen auf, aber es gibt auch Lobenswertes.

Die Qualität an Berliner Schulen lässt zu wünschen übrig: Im Ländervergleich bedeutet das Platz 13. (Symbolbild)
Die Qualität an Berliner Schulen lässt zu wünschen übrig: Im Ländervergleich bedeutet das Platz 13. (Symbolbild)  © Annette Riedl/dpa

Berlin schneidet in einem neuen Ländervergleich zur Bildungsqualität nicht besonders gut ab. Im neuen INSM-Bildungsmonitor rangiert die Hauptstadt unter den 16 Bundesländern auf Platz 13. Das war auch schon im Vorjahr so, 2019 fand sie sich auf dem letzten Platz wieder.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) sind zahlreiche Baustellen aufgelistet. Sie betreffen nicht zuletzt die Schulen, aber auch Berufsschulen und die Integration.

So habe bei Vergleichsarbeiten ein relativ hoher Anteil der Schüler nicht die Mindeststandards erreicht, heißt es.

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Bei den Schulleistungstests für Neuntklässler in Mathematik und Naturwissenschaften habe Berlin 2018 einen der letzten Plätze eingenommen. Die Schulabbrecherquote lag der Untersuchung zufolge 2019 bei 8,6 Prozent und damit über dem Bundesdurchschnitt von 6,6 Prozent.

Bei allen diesen Faktoren belegt Berlin im Ranking den
15. und damit vorletzten Platz.

Auch die beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten sind katastrophal

Ausbildungsplätze bleiben eine Rarität: letzter Platz für Berlin. (Symbolbild)
Ausbildungsplätze bleiben eine Rarität: letzter Platz für Berlin. (Symbolbild)  © Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Defizite gibt es laut der Studie auch bei der beruflichen Bildung - trotz Fortschritten in den letzten Jahren. Gemessen an der Bevölkerung im entsprechenden Alter seien 2020 weiterhin relativ wenige betriebliche Ausbildungsplätze angeboten worden.

Die Quote lag demnach bei 47 Prozent und war die niedrigste in Deutschland (Bundesdurchschnitt: 63,1 Prozent). Das bedeutet: letzter Platz. Ebenfalls ganz hinten ist Berlin bei der Quote der unversorgten Bewerber. Mit 14,5 Prozent fiel dieser Wert 2020 höher aus als im Bundesdurchschnitt (9,6 Prozent).

Bei der Integration von Ausländern in das Bildungssystem besteht angesichts der Studienergebnisse ebenfalls weiterhin Handlungsbedarf.

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Hier liegt Berlin im Länder-Ranking auf Platz 13. Von 3991 ausländischen Schulabgängern 2019 seien 754 ohne Abschluss geblieben.

Dies ergibt eine Schulabbrecherquote in dieser Gruppe von 18,9 Prozent (Bundesdurchschnitt: 17,6 Prozent).

Es läuft nicht alles schief: Die vielen Betreuungsangebote sind ein Lichtblick

Immerhin eine Sache klappt: Die Betreuungsbedingungen an Berliner Kitas und Schulen sind top. (Symbolbild)
Immerhin eine Sache klappt: Die Betreuungsbedingungen an Berliner Kitas und Schulen sind top. (Symbolbild)  © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Allerdings sehen die Autoren der Studie nicht nur Schatten, sondern auch Licht. So liegt Berlin bei den Betreuungsbedingungen an Kitas und Schulen an der Spitze der Bundesländer.

Beispiel Schulen: In der Sekundarstufe I (Gymnasium) habe eine Lehrkraft 2018 in Berlin 13,4 Schüler betreut; der Bundesdurchschnitt lag bei 14,8. Auch bei der Zahl der Unterrichtsstunden in Grundschule und Sekundarstufe I erreichte Berlin 2019 den besten Wert aller Bundesländer.

Als positiv stellt die Studie außerdem heraus, dass viele Kinder Ganztagsangebote in Kita und Grundschule wahrnehmen. Und: Gemessen an der Wirtschaftskraft seien viele Forscher in Berlin tätig.

Fortschritte attestiert die Untersuchung Berlin bei der Digitalisierung der Schulen - bedingt durch die Corona-Pandemie.

Ein Sprecher der Bildungsverwaltung sagte zu den Ergebnissen:

"Die Studie belegt, dass Berlin seinen Schülerinnen und Schülern eine weit überdurchschnittlich hohe Anzahl von Unterrichtsstunden anbietet. Zudem erkennt die Studie die Anstrengungen Berlins bei der Personalausstattung und den umfassenden Ganztagsangeboten ausdrücklich an. Auch der Digitalisierungsschub an den Berliner Schulen während der Pandemie wird lobend erwähnt. Das ist uns Ansporn, auch in anderen Bereichen keineswegs nachzulassen."

Die Qualität im Fokus: Das Geld muss an den richtigen Stellen investiert werden

Bildungsexperte Paul Fresdorf (44, FDP) ist entrüstet über die Versäumnisse in Sachen Bildungspolitik.
Bildungsexperte Paul Fresdorf (44, FDP) ist entrüstet über die Versäumnisse in Sachen Bildungspolitik.  © Annette Riedl/dpa

Die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg forderte eine "Qualitätsoffensive" für die Schulen. "Für die Wirtschaft sind junge Menschen mit soliden Kenntnissen in den Kernfächern unverzichtbar", unterstrich Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. "Bei der Ausbildung der Fachkräfte von morgen können die Unternehmen aber nicht dauerhaft reparieren, was an den Schulen nicht funktioniert."

Die FDP nannte die Studienergebnisse beschämend. "Die Baustellen an den Berliner Schulen sind seit vielen Jahren bekannt und wurden immer noch nicht angegangen", sagte ihr Bildungsexperte Paul Fresdorf (44, FDP).

Sein CDU-Kollege Dirk Stettner (51) meinte: "Berlin gibt mehr Geld für Bildung aus als der Durchschnitt, erreicht aber weniger. Das ist die Folge falscher Prioritäten des Senats." Nötig sei jetzt, bei den Schülern zentrale Fähigkeiten wie Rechnen, Schreiben und Lesen zu stärken und mit Bildungsgutscheinen pandemiebedingte Lernlücken zu schließen.

Die Vergleichsstudie bewertet anhand von 93 Indikatoren in zwölf Handlungsfeldern, inwieweit ein Bundesland Bildungsarmut reduziert, zur Fachkräftesicherung beiträgt und Wachstum fördert. Die zusammengetragenen Daten stammen aus den Jahren 2018 bis 2020.

Die INSM wird nach eigenen Angaben von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanziert.

Titelfoto: Annette Riedl/dpa

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