"Indoktrinierte Systemhure": Thüringens MP Ramelow will sich nicht einschüchtern lassen

Erfurt - Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (67, Linke) ist am Montag auf einer Großkundgebung in Erfurt in Zusammenhang mit den Bauernprotesten ausgepfiffen und ausgebuht worden. Teilweise wurde er auch beschimpft. Hass schlägt ihm offenbar auch in elektronischer Form entgegen. Er will sich dennoch nicht einschüchtern lassen und wehrt sich gegen vermeintliche Instrumentalisierungen.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (67, Linke) wurde am Montag auf einer Kundgebung in Erfurt nicht von allen mit offenen Armen empfangen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (67, Linke) wurde am Montag auf einer Kundgebung in Erfurt nicht von allen mit offenen Armen empfangen.  © Martin Schutt/dpa

"Angeblich brüllende Bauern und eine empörte Blase im Internet versuchen gerade den Montag in Erfurt für sich zu instrumentalisieren", postete Deutschlands einziger linker Ministerpräsident am heutigen Donnerstag auf Facebook.

Bereits zu Wochenbeginn am Montag hatte Ramelow gegenüber dem MDR betont, dass diejenigen, die ihn beschimpft hätten, "Reichsbürger" gewesen seien - ebenso die "Freien Thüringer". Diese sind laut Ramelow vergleichbar mit den "Freien Sachsen".

Laut Verfassungsschutzbericht 2022 handelt es sich dabei um eine "rechtsextremistische" Regionalpartei. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sind den Angaben nach Personen und Gruppierungen, die aus unterschiedlicher Motivation die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneinen und die gesamte Rechtsordnung ablehnen.

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In seinem Tagebuch führte der 67-Jährige weiter aus, dass im Internet ein Aufruf gefunden worden sei. Auf einer Seite, die den Angaben nach gekennzeichnet ist mit "WK - Preußische Provinz Sachsen". Dort wäre deutlich die Bitte formuliert worden, Trillerpfeifen mitzubringen, "um den nicht vom Volk gewählten Ministerpräsidenten an der Möglichkeit des Redens hintern zu wollen", zitiert er (Rechtschreibung übernommen).

Ramelow: "Das Maß an Aggressionen war beträchtlich"

Zahlreiche Menschen hatten sich am Montag zur Kundgebung auf dem Juri-Gagarin-Ring versammelt.
Zahlreiche Menschen hatten sich am Montag zur Kundgebung auf dem Juri-Gagarin-Ring versammelt.  © Martin Schutt/dpa

Beim Schauen über den großen Platz waren laut Ramelow unter anderem die Fahnen der Freien Thüringer sowie Fahnen des Fürstentums Reuß zu sehen.

Die "Freien Thüringer" hätten "besonders brachiale" Methoden angewandt, so Ramelow, der ergänzt: "Man wollte mir den Weg zur Thüringer Staatskanzlei versperren und hatte sich wohl vorgestellt, dass man mich auf dem Rückweg wird stellen können. Das Maß an Aggression war beträchtlich."

Unter seinem Tagebucheintrag fügte Ramelow augenscheinlich Screenshots ein. Zu lesen sind Botschaften mit nicht gerade wohlgesonnenem Inhalt. Nach Angaben des Linke-Politikers handelt es sich unter anderem um Hasskommentare, die ihn seit Montag erreicht haben.

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Darin heißt es unter anderem: "Hey Ramelow Hättest du die Fähigkeit dich selber zu reflektieren, würdest du unschwer erkennen, dass du nichts weiter als eine indoktrinierte Systemhure bist." (Rechtschreibung übernommen)

Linke-Politiker kritisiert fehlende Dialogbereitschaft

Ramelow teilte mit, dass er sich nicht einschüchtern lasse. Zudem erklärte er: "Bei den sogenannten 'Freien Thüringern' wird eben deutlich, dass die Freiheit, die sie meinen, nicht die Freiheit der freien Sprache ist, nicht das Zuhören und das Durchdenken von Argumenten."

Stattdessen gehe es darum, sich die Freiheit zu nehmen, Andere niederzubrüllen, den Anderen mundtot zu machen, einen Dialog erst gar nicht zu ermöglichen, erklärte er.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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