Nach brutaler Europawahl-Klatsche: Regierung lehnt Neuwahlen ab

Berlin - Für die Ampel war es ein rabenschwarzer Sonntag. Bei der Europawahl mussten alle drei Parteien Verluste hinnehmen. Besonders SPD und Grüne schmierten ab. Doch an Aufgeben oder Neuwahlen wie beispielsweise in Frankreich denkt im politischen Berlin niemand.

Dieses abgerissene Wahlplakat steht sinnbildlich für den völlig missglückten Wahlabend der Ampel.
Dieses abgerissene Wahlplakat steht sinnbildlich für den völlig missglückten Wahlabend der Ampel.  © dpa/Boris Roessler

"Der Wahltermin ist im Herbst nächsten Jahres regulär, und das planen wir auch so umzusetzen", betonte am Montag Regierungssprecher Steffen Hebestreit (52) und legte zugleich nach. Zu keinem Zeitpunkt und zu keiner Sekunde habe es die Idee gegeben, jetzt neu zu wählen.

Die Ampel sei ein auf vier Jahre ausgelegtes Projekt. "Am Ende der vier Jahre wird abgerechnet. Da hat der Wähler wieder das Wort, und so ist die Politik auch gestaltet."

Da hat Hebestreit recht, doch die Zwischenabrechnung am Sonntag zeigte ein nahezu brutal deutliches Bild. Mit 13,9 Prozent ist die Kanzlerpartei SPD nur noch drittstärkste Kraft in Deutschland, verlor im Vergleich zu 2019 1,9 Prozentpunkte.

Europawahl 2024: Grüne trotz deutlichen Verlusten stärkste Kraft
Europawahl 2024 Europawahl 2024: Grüne trotz deutlichen Verlusten stärkste Kraft

Das klingt noch gar nicht so übel, zieht man allerdings den Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl, wird's deutlich. Dort erreichten die Sozialdemokraten noch 25,7 Prozent. Dennoch wolle man weiter ganz auf Ampel-Kurs bleiben, so General Kevin Kühnert (34). "Das ist kein Auftrag zur Neuwahl des Deutschen Bundestags gewesen."

Auch Grüne und FDP verlieren klar

Die SPD ist nur noch drittstärkste Kraft, die Grünen halbieren sich in Europa fast und die FDP bleibt auf einem äußerst niedrigen Niveau.
Die SPD ist nur noch drittstärkste Kraft, die Grünen halbieren sich in Europa fast und die FDP bleibt auf einem äußerst niedrigen Niveau.  © dpa Grafik

Ähnlich verheerend schaut die Entwicklung bei den Grünen aus. 11,9 Prozent bedeuten ein Minus von 8,6 Prozentpunkten zu 2019 und 2,8 zur vergangenen Bundestagswahl. Besonders verheerend für die Ökopartei: Bei den U-30-Wählern, sprich dem Zielpublikum, büßte man 18 Prozentpunkte ein.

Mit der FDP musste auch die dritte Ampelpartei Verluste einstecken. Minus 0,2 Prozentpunkte waren im Vergleich zu den anderen beiden Mitstreitern aber geradezu noch human (-6,2 zur vergangenen Bundestagswahl).

Und so zeigte man sich im Lager der Liberalen eigentlich ganz zufrieden und in seiner Stellung innerhalb der Ampel gestärkt. "Das Ergebnis ist ein starkes Signal der Stabilisierung, das wir auch politisch nutzen wollen", so Parteichef Christian Lindner (45).

Der betonte zugleich, dass das Vertrauen in den Kanzler nicht infrage stehe: "Warum sollte sich daran etwas geändert haben? Wir haben ein gemeinsames Regierungsprogramm, einen Koalitionsvertrag, an dem wir gemeinsam arbeiten. Und solange sich alle zu der Arbeitsgrundlage bekennen, gibt es ja keinen Grund, Vertrauen infrage zu stellen."

Gleichwohl müsse man das "Signal dieser Europawahl ernst nehmen".

Titelfoto: dpa/Boris Roessler

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