Wer regiert jetzt? So geht es nach dem Kanzler-Debakel weiter

Von Ulrich Steinkohl

Berlin - CDU-Chef Friedrich Merz (69) hat bei der Kanzlerwahl im Bundestag im ersten Wahlgang nicht die nötige Zahl von mindestens 316 Stimmen erhalten – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik.

Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) ist beim ersten Wahlgang der Kanzlerwahl gescheitert.
Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) ist beim ersten Wahlgang der Kanzlerwahl gescheitert.  © Sebastian Gollnow/dpa

Und der bisherige Kanzler Olaf Scholz (66, SPD), der nur noch geschäftsführend im Amt ist, wurde am Vorabend bereits feierlich mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Ist Deutschland jetzt führungslos? Und wie geht es bei der Kanzlerwahl weiter?

Nach dem Scheitern von Merz bekommt Scholz eine ungeplante Verlängerung. Denn Artikel 69 Grundgesetz bestimmt, dass der Kanzler die Amtsgeschäfte "bis zur Ernennung seines Nachfolgers" weiterführt.

Dazu ist er verpflichtet. Auch die Ministerinnen und Minister des Bundeskabinetts bleiben vorerst geschäftsführend im Amt.

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Das Grundgesetz regelt den Fall, dass ein Kandidat bei der Kanzlerwahl im ersten Wahlgang durchfällt. In Artikel 63 ist festgehalten: "Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen 14 Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen."

Später einfache statt absolute Mehrheit

Der bis auf einige Abgeordnete der AfD und Angehörige des Präsidiums leere Plenarsaal nach dem verlorenen ersten Wahlgang der Kanzlerwahl.
Der bis auf einige Abgeordnete der AfD und Angehörige des Präsidiums leere Plenarsaal nach dem verlorenen ersten Wahlgang der Kanzlerwahl.  © Sebastian Gollnow/dpa

Sollte Merz den Eindruck gewinnen, er könnte in einem zweiten Wahlgang mehr Erfolg haben als im ersten, kann er jederzeit wieder antreten. Innerhalb der zweiwöchigen Frist kann es beliebig viele Wahlgänge mit verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten geben. Aber auch sie brauchen die absolute Mehrheit von mindestens 316 Stimmen, um gewählt zu sein.

Schafft das niemand, dann werden im nächsten Schritt die Anforderungen gesenkt. Nun reicht für die Wahl die einfache Mehrheit. Im Grundgesetz heißt es: "Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält."

Wenn der oder die Gewählte die Kanzlermehrheit erhält, muss der Bundespräsident ihn oder sie innerhalb von sieben Tagen nach der Wahl ernennen.

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Bei einer Wahl nur mit einfacher Mehrheit kann der Bundespräsident alternativ auch binnen sieben Tagen den Bundestag auflösen und eine Neuwahl ansetzen.

Titelfoto: Sebastian Gollnow/dpa

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