Neuer Entwurf zur Wehrpflicht-Reform: Rekruten sollen bald aus dem Lostopf kommen
Berlin - Das Thema Wiedereinführung des Wehrdienstes wird seit längerem im Volk und in der Politik heiß diskutiert. Jetzt haben sich Union und SPD auf einen Beschluss geeinigt, doch dieser erinnert stark an ein Auswahlverfahren aus der Grundschule: Wenn sich nicht genügend Freiwillige melden, wird eben ausgelost!

Einem Artikel der "Süddeutschen" zufolge, hat die Zeitung das entsprechende Rechtsgutachten der Union vorliegen.
Demnach soll auf jeden Fall das mittelfristige Ziel von 260.000 aktiven Soldaten und gut 200.000 Reservisten in der Bundeswehr erreicht werden. Dafür hat man sich an dem bereits erprobten dänischen Modell des Wehrdienstes orientiert und ein Los-Verfahren vorgeschlagen.
Wie bereits beschlossen, sollen ab dem kommenden Jahr 2026 alle 18-Jährigen einen Fragebogen von der Bundeswehr zugeschickt bekommen. Darin wird nach der Ausbildung, der körperlichen Fitness und der generellen Bereitschaft, einen sechsmonatigen Wehrdienst abzuleisten, gefragt.
Für Männer ist die Antwort verpflichtend, für Frauen nicht. Das liegt daran, weil es bisher keine allgemeine Wehrpflicht gibt. Wer den Fragebogen ignoriert und diesen nicht fristgemäß zurückschickt, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Wenn selbst durch dieses Fragebogen-Verfahren nicht die gewünschte Soldaten-Zahl erreicht wird, kommt das neue Los-Verfahren zum Einsatz. Wessen Name gezogen wird, wird zur Musterung bestellt.
Den potenziellen Rekruten winken 2300 netto, sollten sie sich für eine Verpflichtung entscheiden.

Union und SPD haben zusätzlichen Plan für Kasernen-Knappheit

Für den Fall, dass selbst nach den ganzen persönlichen Gesprächen die Zielzahl nicht erreicht wird, greift eine Teil-Wehrpflicht für die bereits Ausgelosten. Sollten die Teenager auch diesen Pflichtdienst verweigern, müssen sie einen Ersatzdienst leisten.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, 65) versicherte, dass die Regierung auch etwas gegen den aktuellen Mangel an Kasernen und Ausbildern unternehmen möchte. So soll es bis 2031 ganze 40.000 neue Plätze für Rekruten geben und 270 neue Kompaniegebäude in Auftrag gegeben werden. Die Neulinge sollen demzufolge in 4-Mann-Stuben untergebracht werden.
Laut dem Juristen Udo Di Fabio (71) könnte dieses neuartige Losverfahren durchaus zulässig sein, jedoch muss zunächst geklärt werden, ob es sich dabei um ein willkürliches Verfahren handelt.
Sollte dies der Fall sein, ist es nämlich laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1978 nichtig, denn: "Zur Wahrung der staatsbürgerlichen Gleichheit und Wehrgerechtigkeit ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, dass die Einberufungen nicht willkürlich vorgenommen werden."
Am kommenden Donnerstag soll es eine erste Lesung des Gesetzestextes im Bundestag geben.
Titelfoto: Friso Gentsch/dpa