Lauterbach bricht Versprechen: Kinderpraxen fordern Rücktritt, planen Aufnahmestopp

Bielefeld/Viersen - Kinder- und Jugendärzte in NRW haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) in der akuten Krise Wortbruch vorgeworfen und zum Rücktritt aufgefordert.

Kinder leiden derzeit besonders häufig an Atemwegserkrankungen und dementsprechend stehen viele Eltern bei ihren Kinderärzten auf der Matte. (Symbolbild)
Kinder leiden derzeit besonders häufig an Atemwegserkrankungen und dementsprechend stehen viele Eltern bei ihren Kinderärzten auf der Matte. (Symbolbild)  © Sebastian Gollnow/dpa

Am Montag habe der Minister im Bundestag zugesagt, dass jede Leistung der Kinderärzte zu festen Preisen bezahlt werde und die Budgets dafür entsprechend "ab sofort" ausgesetzt würden, zitierten die Berufsverbände (BVKJ) Nordrhein und Westfalen-Lippe den SPD-Politiker.

Noch am selben Tag habe Lauterbach aber sein Wort gebrochen. Zugleich sprach die Landesvorsitzende des BVKJ Nordrhein, Christiane Thiele, von "unendlicher Mehrarbeit" und "übervollen" Kinderarztpraxen.

"Wenn wir nicht wissen, wie unsere Arbeit entlohnt wird, beziehungsweise wir eigentlich wissen, dass aufgrund der Budgets in NRW jede weitere Tätigkeit nicht mehr vergütet wird", dann gelte die "Zusage, weiter für die Versorgung der Patienten zu sorgen, eben auch nicht mehr". Das betonte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Westfalen-Lippe in einer Mitteilung vom Mittwochabend.

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Der Vorsitzende Marcus Heidemann forderte Lauterbach auf: "Halten Sie ihr Versprechen und bezahlen Sie Leistungen, die erbracht werden, auch tatsächlich, oder treten Sie mit Anstand zurück."

Kinder- und Jungendärzte fordern Hilfe

Den Kinder- und Jugendärzten gehen langsam die Kapazitäten aus, sich um die steigende Zahl an kranker Kinder zu kümmern. (Symbolbild)
Den Kinder- und Jugendärzten gehen langsam die Kapazitäten aus, sich um die steigende Zahl an kranker Kinder zu kümmern. (Symbolbild)  © Sebastian Gollnow/dpa

Thiele kündigte an: "Das Arbeiten zum Nulltarif hat jetzt ein Ende." Leistungen, die die Politik nicht durch die Kassen bezahlen lasse, seien für die Praxen nicht mehr zumutbar. Ohne schnelle Klärung werde man aufrufen, "das Versorgungsangebot deutlich zurückzufahren und ab Januar Akutpatienten nur noch durch Notfallvertretungen in jeweils wenigen Praxen einer Region versorgen zu lassen."

Die Mediziner müssten dann auf "Wut und Verzweiflung der Eltern setzen, die dem Minister unzweifelhaft klarmachen, dass er so Leben und Gesundheit der kleinsten Bürger unseres Landes gefährdet."

Die Verbände werfen Lauterbach vor, er habe sich mit einem Schreiben an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die gesetzlichen Krankenkassen - den GKV-Spitzenverband - faktisch "hintenrum" seines Versprechens im Bundestag entledigt: Er habe die beiden "sich ständig streitenden Gremien" gebeten, sich bis 20. Januar 2023 darauf zu einigen, dass die Kinder- und Jugendärzte jetzt oder später mehr Geld bekommen sollen. Mit einem solchen Vorgehen zerstöre er das Vertrauen in die Politik.

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Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin hatte am Dienstag vor einer Verschärfung der Engpässe in der Kindermedizin über Weihnachten und Silvester gewarnt. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, rechnet damit, dass die Krise in der Kindermedizin noch bis Februar andauern wird.

Titelfoto: Montage: Sebastian Gollnow/dpa

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