Ausländerfeindlichkeit in Sachsen: Firmenchefs bangen um Mitarbeiter

Dresden - Angesichts der hohen Zustimmungswerte für die AfD und der vehement geführten Diskussionen über die Themenfelder Migration, Obergrenze und Asyl warnen Experten vor zunehmender Ausländerfeindlichkeit. Sie könnte in Verbindung mit dem Fachkräftemangel den Wirtschaftsstandort Sachsen gefährden.

Infineon erweitert sein Werk in Dresden und sucht perspektivisch 2000 neue Mitarbeiter. Zumindest zum Teil sollen sie auch aus dem Ausland kommen. Fremdenfeindliche Haltungen machen Sachsen für viele jedoch nicht zum Land der ersten Wahl. Und die Konkurrenz in den USA oder Australien schläft nicht.
Infineon erweitert sein Werk in Dresden und sucht perspektivisch 2000 neue Mitarbeiter. Zumindest zum Teil sollen sie auch aus dem Ausland kommen. Fremdenfeindliche Haltungen machen Sachsen für viele jedoch nicht zum Land der ersten Wahl. Und die Konkurrenz in den USA oder Australien schläft nicht.  © imago/Sylvio Dittrich

Ob Industrie, Gesundheitswesen oder Wissenschaft - der Fachkräftemangel hat sich längst zu einem Arbeitskräftemangel ausgeweitet. Doch der erstarkende Rechtsextremismus in Sachsen erschwere die Anwerbung internationaler Fachkräfte, machte die Personalleiterin des Dresdener Infineon-Werkes Silke Gottschlich am vorgestrigen Montag im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Capital klar.

Im Mai dieses Jahres verzeichnete die Bundesarbeitsagentur Chemnitz 39.500 freie Stellen und damit 6590 mehr als vor einem Jahr. Sachsens Staatsregierung wirbt in Kasachstan, Vietnam oder Brasilien um Fach- und Arbeitskräfte.

Laut Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (45, CDU) kann der Fachkräftebedarf in der sächsischen Wissenschaft nur durch eine gezielte Zuwanderung gedeckt werden. Demgegenüber stehen auch und gerade in Sachsen weit verbreitete fremdenfeindliche Haltungen.

Schlimme Ernteausfälle! Winzer beklagen Millionenschaden
Sachsen Schlimme Ernteausfälle! Winzer beklagen Millionenschaden

Laut einer groß angelegten Studie der Universität Leipzig zu rechtsextremen Einstellungen in den ostdeutschen Bundesländern unterstützen fast 70 Prozent die ausländerfeindliche Aussage, dass Ausländer nur nach Deutschland kommen, um den Sozialstaat auszunutzen.

Zehntausende Beschäftigte arbeiten im "Silicon Saxony". Für die geplante Gemeinschaftsfabrik mit TSMC, Bosch und NXP werden weitere Fachkräfte auch aus dem Ausland gebraucht.
Zehntausende Beschäftigte arbeiten im "Silicon Saxony". Für die geplante Gemeinschaftsfabrik mit TSMC, Bosch und NXP werden weitere Fachkräfte auch aus dem Ausland gebraucht.  © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Matthias Rietschel
Über Fachwissen in der Halbleiterproduktion oder im Flugzeugbau verfügen nicht jeder. Unternehmen sind teilweise regelrecht angewiesen auf ausländische Fachkräfte.
Über Fachwissen in der Halbleiterproduktion oder im Flugzeugbau verfügen nicht jeder. Unternehmen sind teilweise regelrecht angewiesen auf ausländische Fachkräfte.  © DPA/Robert Michael

Auch bei Infineon gilt Toleranz-Politik gegen Diskriminierung

Hier geht's lang! Aber angemessene oder gute Bezahlung ist nicht alles. Wenn der Wohlfühlfaktor fehlt, ist alles nichts.
Hier geht's lang! Aber angemessene oder gute Bezahlung ist nicht alles. Wenn der Wohlfühlfaktor fehlt, ist alles nichts.  © imago/Sascha Steinach

"Als ich nach Dresden kam, bin ich selbst über die Montags-Demos erschrocken", meint auch der Geschäftsführer der Elbeflugzeugwerke (EFW), Jordi Boto (54).

Die EFW haben ein "Buddy-System" eingeführt, bei dem ein deutscher Kollege mit einem ausländischen fest zusammenarbeitet - fachlicher Austausch und Abbau von Ressentiments. "Daraus haben sich schon feste Freundschaften entwickelt", so Boto.

Bei Infineon gilt auf dem Werksgelände eine Null-Toleranz-Politik gegen Diskriminierung. Das Unternehmen habe aber keinen Einfluss darauf, wie Mitarbeiter aus dem Ausland außerhalb der Werkstore empfangen würden, sagte Gottschlich.

Erstarkender Rechtsextremismus: Ausländer spüren in Sachsen nicht nur angesichts von Demonstrationen der "Freien Sachsen", dass sie hier vielfach nicht willkommen sind.
Erstarkender Rechtsextremismus: Ausländer spüren in Sachsen nicht nur angesichts von Demonstrationen der "Freien Sachsen", dass sie hier vielfach nicht willkommen sind.  © Picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

Sie wünsche sich da "von der Politik und von der Gesellschaft einen deutlich größeren Beitrag".

Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/Sylvio Dittrich//picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Matthias Rietschel//picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

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