Streit um Mittel-Deutschlands höchste Felswand: Bürgerinitiative bittet um Hilfe

Böhlitz/Leipzig - Verliert Mitteldeutschland bald seine höchste Felswand? Die Kafril-Unternehmensgruppe hat den Holzberg in Böhlitz (Kreis Leipzig) erworben und plant, diesen als Deponie zu nutzen. Eine Bürgerinitiative geht nun gegen das Projekt vor und fordert die Erhaltung des ehemaligen Steinbruchs in seiner aktuellen Form. Mit einer Petition wenden sie sich an Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU).

Der Holzberg in Böhlitz soll verfüllt werden. Die höchste Felswand in Mitteldeutschland droht zu verschwinden. Gleichzeitig sieht das verantwortliche Unternehmen Kafril eine Investition in die Zukunft in dem Projekt.
Der Holzberg in Böhlitz soll verfüllt werden. Die höchste Felswand in Mitteldeutschland droht zu verschwinden. Gleichzeitig sieht das verantwortliche Unternehmen Kafril eine Investition in die Zukunft in dem Projekt.  © Bürgerinitiative Böhlitz

Er könne die Firma verstehen, sagt Gunther Winkler von der Bürgerinitiative Böhlitz. "In den Holzberg passen 1,8 Millionen Kubikmeter Erde. Das würde ich mir als Erd- und Tiefbau-Unternehmen auch nicht entgehen lassen. Wir sprechen hier allerdings von der größten Felswand in Mitteldeutschland mit einer Höhe von mehr als 40 Metern. Darüber hinaus bildet der Holzberg zusammen mit dem angrenzenden Köppelschen Berg ein geschlossenes Biotop, in dem zahlreiche Tiere leben und nisten, darunter der Uhu, der rote Milan und der Eisvogel."

Aufgrund der Flachwasserzone im Gebiet des ehemaligen Steinbruchs Holzberg gäbe es zudem zahlreiche Eidechsen-Arten. Auch der Laubfrosch und der Kammmolch leben in dem Biotop, sowie eine angeblich sehr seltene Schlangenart, die Schlingnatter. "Sie erlegt ihre Beute, indem sie sie wie eine Riesenschlange erwürgt. Bis vor kurzem wusste ich nicht mal, dass es so etwas in unserer Gegend gibt", so Winkler.

All dies sei nun durch das Vorhaben der Firma Kafril bedroht. Diese hatte den Holzberg von dem vorherigen Besitzer, der Basalt AG, erworben und plant nun, den ehemaligen Steinbruch als Deponie zu verwenden und zu verfüllen. Für Gunther Winkler und die Bürgerinitiative Böhlitz jedoch ein unvorstellbares Projekt. Sie fürchten, dass Böhlitz seine durch zahlreiche Steinbrüche geformte Landschaft verliert und fordern den Erhalt des Holzberges.

Holzberg in Böhlitz soll verfüllt werden: Das sagt Firma Kafril zu dem Vorhaben

Gunther Winkler von der Bürgerinitiative Böhlitz präsentiert die bisherigen Unterschriften der Petition.
Gunther Winkler von der Bürgerinitiative Böhlitz präsentiert die bisherigen Unterschriften der Petition.  © Eric Mittmann

Jens Karnahl, geschäftsführender Gesellschafter bei Kafril, erklärte gegenüber TAG24, dass das Unternehmen nichts Falsches tue. "Im Gegenteil. Weil sich in dem Steinbruch Leben entwickelt hat, seitdem er nicht mehr genutzt wird, haben wir ein Ingenieurbüro eingeschaltet, dass feststellen soll, wie der Prozess am schonendsten ablaufen kann." Zudem gäbe es eine Auflage des Bergbauamtes, dass der Steinbruch wieder verfüllt werden muss.

Den Kletterern, die regelmäßig zur Holzberger Felswand pilgern, habe er bereits die Zusage gegeben, dass diese offen gelassen werde. Zudem will das Unternehmen eine alte Scheune in Großzschäpa (Landkreis Leipzig) ertüchtigen, die dann auch von den Bergsteigern für Übernachtungen genutzt werden könne.

"Von der Bürgerinitiative wird uns immer unterstellt, dass wir maximal profitorientiert sind. Dabei haben wir schon ein Alten- und Pflegeheim gebaut und zuletzt den Wurzener Metall-Betrieb Wutra aus der Insolvenz gekauft." Der Erwerb des Holzberges sei eine Investition in die Zukunft. "Gesicherter Kippraum wird immer seltener und wir können die Erde ja nicht einfach in Leipzig auf dem Hauptbahnhof abladen."

Verfüllung des Holzberges: "Da bleibt nichts übrig"

Durch das Vorhaben ist auch die etwa drei Hektar große Flachwasserfläche am Fuße der Felswand bedroht. Felswand und Flachwasserzone sind laut der Bürgerinitiative Böhlitz Lebensraum für zahlreiche Tiere.
Durch das Vorhaben ist auch die etwa drei Hektar große Flachwasserfläche am Fuße der Felswand bedroht. Felswand und Flachwasserzone sind laut der Bürgerinitiative Böhlitz Lebensraum für zahlreiche Tiere.  © Bürgerinitiative Böhlitz

Auch Patrick Kliszak, Vorsitzender der IG Klettern Mittelsachsen, sagt, er könne Kafril verstehen. "Die Firma ist sozial eingestellt und hat einen guten Ruf, aber die wirtschaftlichen Interessen wischt keiner weg" Für das Unternehmen ergebe sich durch den Holzberg ein finanzieller Vorteil, den es nicht aufgeben werde. "Das kann ich auch verstehen, aber leider treffen unsere Interessen dabei aufeinander."

Von einer Zusage seitens der Firma wisse er derweil nichts. "Kafril hat genau erklärt, wie sie verfüllen wollen. Da bleibt nichts übrig, maximal ein Fragment der Felswand." Aktuell werde der Holzberg an sonnigen Wochenendtagen von 300 bis 400 Leuten besucht. "Die Wand ist homogen gestaltet und extrem hoch und durch ihre südliche Ausrichtung kann man sie auch im Winter oberkörperfrei besteigen. Das zu verlieren, wäre fatal."

Kafril-Chef Jens Karnahl erklärte gegenüber TAG24, dass er das Vorgehen der Bürgerinitiative mittlerweile nicht mehr verstehen könne. "Es werden Falschinformationen verbreitet und den Anwohnern mit Unwahrheiten Angst gemacht. Die Leute von der Initiative behaupten, unsere Lkws würden durch Böhlitz fahren und einen Riesen-Lärm verursachen, sobald wir mit dem Verfüllen anfangen. Dabei fahren sie jetzt schon zum Holzberg und nehmen dazu eine Umgehungsstraße. Und auch der Uhu nistet dort nicht."

Sobald das engagierte Ingenieurbüro seine Untersuchungen beendet hat, soll mit dem Verfüllen begonnen werden. Die Bürgerinitiative hofft indes auf Hilfe seitens der Politik. Ihre Petition hat bereits mehr als 2000 Unterschriften gesammelt und kann noch immer unterzeichnet werden.

DIESE TIERE LEBEN UND NISTEN IM GEBIET DES HOLZBERGES

Jungstörche in Böhlitz.
Jungstörche in Böhlitz.  © Bürgerinitiative Böhlitz
Der Laubfrosch lebt im Gebiet des Holzberges.
Der Laubfrosch lebt im Gebiet des Holzberges.  © Bürgerinitiative Böhlitz
Ebenso wie der Kammmolch. Hier zu sehen ist ein weibliches Tier, das nicht über den bezeichnenden Kamm verfügt.
Ebenso wie der Kammmolch. Hier zu sehen ist ein weibliches Tier, das nicht über den bezeichnenden Kamm verfügt.  © Bürgerinitiative Böhlitz
Und sogar der Uhu soll laut Bürgerinitiative am Holzberg nisten.
Und sogar der Uhu soll laut Bürgerinitiative am Holzberg nisten.  © Bürgerinitiative Böhlitz

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