Das Buhlen um die letzten Stimmen: Wen kann Kretschmer vor der MP-Wahl noch überzeugen?

Dresden - Der Koalitionsvertrag ist in Sack und Tüten, die Ministerposten sind (weitgehend) verteilt, jetzt fehlt nur noch der Ministerpräsident. Und der soll nach aktuellem Stand Michael Kretschmer (49) heißen. Denn die CDU hat als stärkste Partei das Vorschlagsrecht. Aber Kretschmer fehlen zehn Stimmen. Das erfordert Überzeugungsarbeit.

Michael Kretschmer (49, CDU) will wieder zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Dieses Mal wird er voraussichtlich mehr als einen Wahlgang dazu brauchen.
Michael Kretschmer (49, CDU) will wieder zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Dieses Mal wird er voraussichtlich mehr als einen Wahlgang dazu brauchen.  © Robert Michael/dpa

Bei der AfD, die noch vor Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD vage angedeutet hatte, eine Minderheitsregierung unter Kretschmer unterstützen zu wollen, braucht der Ministerpräsident nicht zu klopfen.

Nach dem vertraulichen Gespräch mit Landesparteichef Jörg Urban (60, AfD) im November und der bereits vorher, aber auch danach weiter beharrlichen Weigerung Kretschmers, sich von der AfD tolerieren zu lassen, hat Urban beleidigt den Kopf in den Nacken geworfen und verkündet: "Keine Stimme für einen CDU-Ministerpräsidenten, der sich mithilfe des Altparteienkartells im Amt halten will."

Obwohl das BSW ebenso wenig für ein "Weiter-wie-bisher" steht, will sich die Partei laut Landes-Chefin Sabine Zimmermann (63) gegenüber einer Minderheitsregierung von CDU und SPD "eine konstruktive Grundhaltung bewahren".

Komplett zerlegt! Zigarettenautomat in Bischofswerda gesprengt
Sachsen Komplett zerlegt! Zigarettenautomat in Bischofswerda gesprengt

Übersetzt heißt das: Wenn Kretschmer Zugeständnisse macht, wählen wir ihn.

Jörg Urban (60, AfD): Keine Stimme für Kretschmer! Selbst als Gegenkandidat seinen Hut in den Ring werfen will er auch nicht.
Jörg Urban (60, AfD): Keine Stimme für Kretschmer! Selbst als Gegenkandidat seinen Hut in den Ring werfen will er auch nicht.  © Norbert Neumann
BSW-Landes-Chefin Sabine Zimmermann (63) will sich "konstruktiv" verhalten. Was immer das für die Minderheitsregierung aus CDU und SPD im Einzelfall bedeutet.
BSW-Landes-Chefin Sabine Zimmermann (63) will sich "konstruktiv" verhalten. Was immer das für die Minderheitsregierung aus CDU und SPD im Einzelfall bedeutet.  © Sebastian Kahnert/dpa

Kretschmer und Homann müssen noch Überzeugungsarbeit leisten

Wird jetzt und künftig einige Überzeugungsarbeit im Landtag leisten müssen, damit die Minderheitsregierung läuft, auch ohne Ministeramt: Henning Homann (45, SPD).
Wird jetzt und künftig einige Überzeugungsarbeit im Landtag leisten müssen, damit die Minderheitsregierung läuft, auch ohne Ministeramt: Henning Homann (45, SPD).  © Norbert Neumann

Gemeinsam kommen CDU (41) und SPD (10) im Landtag auf 51 Stimmen. Vorausgesetzt, alle Abgeordneten mit schwarzem und rotem Parteibuch stimmen für Kretschmer.

Sollte das nicht der Fall sein, dürfte der neue Ministerpräsident schon mit zehn der insgesamt 15 Stimmen des BSW und der einen oder anderen von Linken und Grünen dennoch wieder Michael Kretschmer heißen.

Aber Linke und Grüne hat Kretschmer im Wahlkampf massiv verprellt. Grundsätzlich ist ein schwarzer Ministerpräsident für beide wählbar, auch wenn er Kretschmer heißt - ganz gleich, was im Vorfeld gesagt wurde.

Jörg S. nach Sachsen ausgeliefert: Ist er der Rädelsführer der Sächsischen Separatisten?
Sachsen Jörg S. nach Sachsen ausgeliefert: Ist er der Rädelsführer der Sächsischen Separatisten?

Dafür müssen Kretschmer und Koalitionspartner Henning Homann (45) von der SPD aber noch die eine oder andere Klinke putzen.

Konservative fordern Wirtschaftsministerium

Heimatunion-Vorsitzender Sven Eppinger (54) kritisiert die Vergabe des sächsischen Wirtschaftsministeriums an die SPD.
Heimatunion-Vorsitzender Sven Eppinger (54) kritisiert die Vergabe des sächsischen Wirtschaftsministeriums an die SPD.  © Fotoatelier Meissner/PR

Unterdessen kommt Kritik an der Vergabe eines Ministerpostens auf.

Dass die SPD in Sachsen weiterhin das Wirtschaftsministerium führen soll, stößt bei der konservativen Heimatunion in der sächsischen CDU auf Ablehnung.

"Für die CDU verursachen wir damit ein Glaubwürdigkeitsproblem", erklärte Heimatunion-Vorsitzender Sven Eppinger (54).

Im Bund stelle die CDU die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt. "Gleichzeitig geben wir hier symbolträchtig das Wirtschaftsministerium an eine der gescheiterten Ampelparteien."

Auch gesellschaftliche Festlegungen im Koalitionsvertrag tragen Eppinger zufolge in weiten Teilen die Handschrift der SPD.

Er nannte das bedenklich. Insgesamt seien zu viele Kompromisse gemacht worden.

Titelfoto: Robert Michael/dpa

Mehr zum Thema Sachsen: