Diese Kulturhalle in Sachsen sollte es eigentlich niemals geben und ist nun sogar denkmalgeschützt

Hoyerswerda - Es gilt als der größte Schwarzbau der DDR: die Hoyerswerdaer "Lausitzhalle", einst "Haus der Berg- und Energiearbeiter". Doch auch ohne seine bizarre Entstehungsgeschichte ist das monumentale Veranstaltungszentrum mitten in der Lausitz in Sachsen eine Reise wert!

Der große Saal. Musiker und Fernsehleute lieben ihn wegen seiner extrem kurzen Nachhallzeit.
Der große Saal. Musiker und Fernsehleute lieben ihn wegen seiner extrem kurzen Nachhallzeit.  © Christian Juppe

Doch der Reihe nach: "Eigentlich dürfte es das Haus gar nicht geben. Die Genossen in Berlin wollten es nicht", sagt Geschäftsführer Dirk Rolka (52). "Zu verdanken haben wir es Herbert Richter, dem früheren Chef des Gaskombinats Schwarze Pumpe".

Richter (1933-2018) habe das Projekt über Jahre mit Schläue und einer gehörigen Portion Dreistigkeit vorangetrieben: Zum Schrecken der SED-Parteiführung fand sich die Halle Mitte der 1970er plötzlich in einem Parteitagsbeschluss versteckt wieder, 1977 stand überraschend der fertige Bühnenturm in der Stadt, da und dort wurde Material abgezweigt. "Es gab nie eine offizielle Baugenehmigung", schmunzelt Rolka.

Das ging von 1976 bis zur Eröffnung 1984 so. Rolka war von Anfang an mit dabei, ob als Gast in der Jugenddiskothek, die es damals gab, oder als Musiker. Wenn er heute durchs Haus führt, ist ihm die Hochachtung anzumerken: "Hier wurde vieles verbaut, was man sich in anderen Kulturhäusern später gar nicht mehr leisten konnte. Und wir waren ein Experimentierfeld für den neuen Friedrichstadtpalast in Berlin."

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Besonders stolz sind der Hausherr und seine 14 Mitarbeiter auf die Akustik im großen Saal (836 Plätze). "Für die sensationell kurze Nachhallzeit taten sich Anfang der 1980er Forscher der Universitäten Heidelberg und Dresden zusammen."

Ausgezeichneter Schwarzbau: Architekt Jens Ebert erhielt für die Halle (hier im Modell) 1985 den Architekturpreis der DDR.
Ausgezeichneter Schwarzbau: Architekt Jens Ebert erhielt für die Halle (hier im Modell) 1985 den Architekturpreis der DDR.  © Repro: Christian Juppe
Geschäftsführer Dirk Rolka (52) zeigt stolz "sein" Haus.
Geschäftsführer Dirk Rolka (52) zeigt stolz "sein" Haus.  © Christian Juppe

Der Denkmalschutz ist Fluch und Segen zugleich

Torsten Hauser (59) schwört auf die DDR-Technik. Hier das zentrale Schaltpult hinter der Bühne.
Torsten Hauser (59) schwört auf die DDR-Technik. Hier das zentrale Schaltpult hinter der Bühne.  © Christian Juppe

Auch sonst sind die Bühnen-Bedingungen so ideal, dass das DDR-Fernsehen von hier aus andere Säle simulierte: Wer also heute eine Aufzeichnung des "Kessel Buntes" aus Erfurt guckt, sieht womöglich die Lausitzer Halle ...

Und auch sonst winkt überall die DDR. Gerade wurde das Haus unter Denkmalschutz gestellt. "Das ist Fluch und Segen zugleich", so Rolka und deutet auf originale Sessel und Lampen. "Jede Neuerung ist ein Kampf."

Trotzdem: Ein millionenschweres Sanierungspaket ist auf den Weg gebracht, losgehen könnte es 2023. Pro Jahr gibt es aktuell mehr als 180 Veranstaltungen, darunter Bälle, Tagungen, Abi-Feiern, Führungen und Messen. In diesen Sommertagen ist es die Atrium-Reihe, die Besucher in den angenehm kühlen und grünen Innenhof zieht.

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Dann lockt Rolka vors Haus. "Das müssen Sie unbedingt noch sehen!" An einer Seitenwand prangt ein monumentales Mosaik. Es ist ebenfalls denkmalgeschützt. Anders als zum Beispiel "Der Weg der roten Fahne" am Dresdner Kulturpalast zeigt es allerdings keine proletarische Verherrlichung des Klassenkampfes, sondern bildet - leicht abstrakt - das ab, was die Region über Generationen prägte. Bergbau, Kohle, Gas, Energie als Ganzes. Noch heute hochaktuell.

Die "Lausitzhalle" ist von Dresden aus binnen einer Autofahrstunde erreichbar.
Die "Lausitzhalle" ist von Dresden aus binnen einer Autofahrstunde erreichbar.  © Christian Juppe
Streng denkmalgeschützt: Im Foyer ist das Jahr 1984 konserviert.
Streng denkmalgeschützt: Im Foyer ist das Jahr 1984 konserviert.  © Christian Juppe

Von Erdmännchen, Schloss und Spaßbad

Diese putzigen Gesellen sind im Zoo der Stadt zu erleben.
Diese putzigen Gesellen sind im Zoo der Stadt zu erleben.  © dpa/Zoo Hoyerswerda

Hoyerswerda - das ist viel mehr als nur "Platte". Die Stadt mit ihren rund 33.000 Einwohnern bietet neben der "Lausitzhalle" zahlreiche Anlaufpunkte. Etwa den Zoo, der über mehrere Themenwelten verfügt. Hier wohnen lustige Affen und niedliche Erdmännchen, aber auch Bären und Raubkatzen - insgesamt 1000 Tiere von 129 Arten (kulturzoo-hy.de).

Oder das Schloss. Tatsächlich: "Hoywoy" hat einen historischen Bereich und sogar ein Schloss. Die Stadt selbst ist mitnichten eine DDR-Gründung, sondern erhielt bereits im Jahr 1423 das Stadtrecht. Und natürlich Wasser.

Das "Lausitz-Bad" bietet Badespaß drinnen und draußen. Vor den Toren der Stadt laden zahlreiche Seen zum Planschen ein (lausitzbad.de).

Titelfoto: Christian Juppe

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